Auch für den Zeugen Kuhlo ist diese Vorgehensweise ein ganz normaler Vorgang

Sie nehmen das Geld ein, und dann werden Sie nicht sagen: Aber da darf nur eine kleine Laube drauf! ­ Das ist so! Es soll ja sogar Senatsverwaltungen und Abgeordnetenhausmehrheiten geben, die der Umwandlung von Kleingärten in Einfamilienhäuser und so was zustimmen. Ich habe gehört, das geschieht auch, um Geld zu verdienen.

Es geht nicht anders, aber es ist durchaus problematisch. Sie verkaufen ein Grundstück, das ­ was weiß ich ­ als Parkplatz genutzt ist, und sagen: In Zukunft soll ein Wohnhaus oder ein Kaufhaus darauf errichtet werden. ­ In der Regel geschieht es ja heutzutage wenigstens mit Zustimmung des planenden Bezirks, dass er dann auch das Baurecht entsprechend verändert. Aber natürlich ist es immer ein Problem, wenn das Baurecht nicht da ist, die Architektur beispielsweise auch nicht da ist, sondern man sagt dann: 5 000 m² sollen da gebaut werden. ­ Und danach muss man sich irgendwie verständigen: Welche Architektur, wo sind die Fenster, wo ist der Eingang, wie liegen die Parkplätze usw.? ­ Vieles ist dann noch nicht klar. Auf der anderen Seite können Sie nicht ständig Vorratsplanungen machen und dann anschließend Grundstücke verkaufen, sondern es gehörte auch immer zur Strategie des Senats ­ und das ist nicht nur in Berlin so ­, dass man natürlich auch damit, dass man das Planungsrecht ein Stück weit in der Hand hat, auch für die Veredelung eigener Liegenschaften sorgen kann, um auf diese Art und Weise Geld zu verdienen, und nicht nur die Liegenschaften privater Investoren im Wert zu erhöhen, sondern das eben auch mit den eigenen Liegenschaften zu tun."

Auch für den Zeugen Kuhlo ist diese Vorgehensweise ein ganz normaler Vorgang. Er relativierte dies allerdings dahin gehend, dass ein Rechtsvorbehalt vereinbart werden müsse.

Bevor ein Bebauungsplanverfahren nicht abgeschlossen sei, d. h. die Zustimmung der entsprechenden Gremien noch nicht vorliege, könne man nicht sagen, dass das Gebäude eine bestimmte Masse habe.

Zeuge Kuhlo: „[...] Wenn man über eine Größenordnung in einem Grundstückskaufvertrag redet, dann kann man das immer nur unter einem Vorbehalt machen. Darauf habe ich sicherlich hingewiesen. Das geht schon fast stereotyp; es geht gar nicht anders."

Der Zeuge Kuhlo betonte weiter, dass eine Rechtssicherheit erst mit der Festsetzung des Bebauungsplanes gegeben sei. Er sei sich sehr sicher, dass er dies regelmäßig gesagt habe.

Der Zeuge von Lojewski erklärte in einem vergleichbarem Zusammenhang vor dem Untersuchungsausschuss, das inhaltliche, zeitliche und formale Präjudizierungen in einer Vereinbarung nicht zulässig seien. Auf solche Garantieerklärungen müsse in einem Vertrag verzichtet werden.

Zwischenergebnis Demgemäß kommt auch der Untersuchungsausschuss zu dem Ergebnis, dass eine Zusicherung von Baurecht vor Bestandskraft eines Bebauungsplanes zwar möglich ist, aber nur vorbehaltlich der Festsetzung des Bebauungsplanes abgegeben werden sollte. Andernfalls

Wortprotokoll vom 20. November 2009, Seite 54.

Wortprotokoll vom 20. November 2009, Seite 61.

Wortprotokoll vom 5. Juni 2009, Seite 23.

Wortprotokoll vom 5. Juni 2009, Seite 38.

Wortprotokoll vom 24. April 2009, Seite 47. setzt sich der Übertragende einem unnötigen Haftungsrisiko aus, da vor der Verabschiedung des Bebauungsplanes durch das Parlament keine ausreichende Rechtssicherheit vorliegt.

Dies hat sich gerade in anschaulicher Weise bei dem Bebauungsplanentwurf I-50 gezeigt.

Wie bereits geschildert, kam es nach Abschluss des Vertrages u. a. zu einer Diskussion im Parlament über die Möglichkeit einer Hochhausbebauung auf dem Areal. Hypothetischerweise hätte sich aber auch die Auffassung durchsetzen können, auf dem Areal eine Grünfläche festzusetzen. Die Entscheidung, wie ein Areal bebaut wird obliegt bei einem Gebiet von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung allein dem Abgeordnetenhaus. Daher spricht der Untersuchungsausschuss unabhängig von der konkreten Fallgestaltung des „Spreedreiecks" die Empfehlung aus, zukünftig eine Zusicherung von Baurecht nur unter dem Vorbehalt der Festsetzung des Bebauungsplanes abzugeben.

Fehlen einer Nachzahlungsvereinbarung bei Erhöhung des Baurechts

Der Untersuchungsausschuss stellte fest, dass der Kaufvertrag keine Nachzahlungsverpflichtung des Erwerbers für den Fall der Gewährung höherwertigen Baurechts vorsieht. Der Untersuchungsausschuss ist daher der Frage nachgegangen, warum sich diese sonst übliche Nachzahlungsvereinbarung nicht in dem Vertrag vom 19. Dezember 2000 wiederfindet.

Den dem Untersuchungsausschuss vorliegenden Akten lässt sich entnehmen, dass die Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung durchaus im Vorfeld der gütlichen Einigung zwischen den Beteiligten diskutiert wurde.

Hintergrund der fehlenden Vertragsklausel

So hatte der Referatsleiter Lippmann anlässlich eines Gespräches in der Senatskanzlei darauf hingewiesen, dass für den Fall einer später möglich werdenden höheren Bebauung des „Spreedreiecks" im Vertrag eine Nachzahlungspflicht festgelegt werden sollte. „Herr Hinkefuß und Herr Lippmann waren sich einig, dass die gütliche Einigung durch SenFin I, vorbehaltlich der Zustimmung des Abgeordnetenhauses von Berlin, zu fertigen sei und dass für den Fall einer später möglich werdenden höheren Bebauung des Spreedreiecks im Vertrag eine Nachzahlungspflicht für die Reinhardtschen Erben wegen des sich daraus ergebenden höheren Grundstückswerts festgelegt werden sollte."

Die Aufnahme einer Nachzahlungsverpflichtung in einem Vertrag ist auch nach Aussage des Zeugen Kurth durchaus üblich, wenn über eine attraktivere Bebauung eines Grundstücks später tatsächlich ein höherer Wert für das Grundstück erzielt werden kann.

Diese Auffassung teilte auch der Zeuge Lippmann in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss: Zeuge Lippmann: „Üblich war für den Fall, dass die Bebauung noch nicht feststeht, das heißt, dass Art und Maß der baulichen Nutzung eines Grundstücks noch Schwankungen unterlegen waren, dass hier eine entsprechende Nachzahlungsverpflichtung oder Anpassungsregelung bezüglich des Kaufpreises vereinbart wird, die dann den entsprechenden wirtschaftlichen Ausgleich für ein höheres Baurecht darstellt."

Besprechungsvermerk zum Restitutionsverfahren vom 26. Oktober 2000, F 2, Bl. 536 ff.

Wortprotokoll vom 9. Januar 2009, Seite 9.

Wortprotokoll vom 13. März 2009, Seite 67.

Die befragten Zeugen begründeten die fehlende Klausel sehr unterschiedlich, was letztlich zu der Auffassung des Ausschusses führte, dass es mehrere sich nicht gegenseitig ausschließende Gründe gab, warum auf eine Nachzahlungsklausel in dem konkreten Fall verzichtet wurde.

So erklärte der Zeuge Lippmann auf Vorhalt des Untersuchungsausschusses, keine Nachzahlungsverpflichtungsklausel in dem Vertrag vom 19. Dezember 2000 wiederzufinden: Zeuge Lippmann: „Das ist nicht im Kaufvertrag drin, nein. Das ist letztendlich

­ vermute ich ­ im Zuge der Verhandlungen, weil der Erwerber, Investor MüllerSpreer, diese gesamte Risikolast nicht ohne Gegenleistung akzeptiert hat, entsprechend rausverhandelt worden. Das heißt, diese Mehrerlösklausel schien dann auch im Verhältnis zu sämtlichen, überwälzen quasi der grundstücksbezogenen, nicht finanziell definierbaren oder abwägbaren Risiken, als unausgewogen. Insofern ist wahrscheinlich ­ vermutlich im Zuge dessen ­ diese Ausgleichsforderung für ein mögliches höheres Baurecht unter den Tisch gefallen. Allerdings kann man das auch stützen auf die starke Position, die damals die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bei der Aufstellung des Bebauungsplans innehatte. Ich kann mich an einen Umstand erinnern, der zu diskutieren war, aber ich kann nicht sagen, in welchem Rahmen und wann das stattfand, wo Herr Staatssekretär Dr. Stimmann vehement vertrat, dass es sich bei der ausgewiesenen Baumasse im Bebauungsplan um ein Maximum handelt und im Vertrag keine Anhaltspunkte und Indizien auftauchen sollten, die auch nur Stellschrauben ermöglichen, hier über anderes Baurecht nachzudenken. Es war damals schon bekannt, dass es ein Begehr des Investors war, ein höheres Baurecht zu erlangen, und dem sollte durch Konsequenz und Beharrlichkeit bei der Aufstellung des Bebauungsplans durch die Stadtentwicklungsverwaltung entgegengetreten werden. Insofern wussten wir oder ich, dass einerseits die planungsrechtsgebende Behörde kein höheres Baurecht genehmigt, andererseits war der Vorteil für das Land Berlin in der Überwälzung sämtlicher grundstücksbezogenen Lasten konkreter, sodass ein Verzicht auf eine Anpassungsklausel hier quasi ein leichter Schritt war für uns, für unsere Verhandlungsposition, weil sie quasi ohne Gegenwert war, denn wir hatten die Stadtentwicklungsverwaltung, die fest auf dem Standpunkt 15.000 qm BGF bestand."

Der Zeuge Kurth begründete das Fehlen der sonst üblichen Nachzahlungsvereinbarung bei seiner Vernehmung vor dem Untersuchungsausschuss wie folgt: Zeuge Kurth: „Es war hier der ausdrückliche Wunsch der Bauverwaltung, schon über das Streichen der Nachzahlungsvereinbarung deutlich zu machen, dass eine andere Bebauung später nicht in Frage kommen sollte. ­ Ich glaube, dass es Herr Stimmann gewesen ist, der darauf großen Wert gelegt hat. ­ Das hat bei der Senatsvorlage noch eine zeitlang für Verzögerungen gesorgt.

[...] Der Verzicht auf die Nachzahlungsverpflichtung hatte jedenfalls den Hintergrund, dass die höhere Bebauung ausgeschlossen werden sollte."

Auch der Zeuge Holzinger erklärte auf die Frage, ob die sonst übliche Nachzahlungsklausel in dem Vertrag aufgenommen worden sei: Zeuge Holzinger: „Ich gehe davon aus: Nein! ­, denn Kollege Stimmann hat uns immer wieder klar gemacht: Es wird nicht mehr gebaut als das, was im B-Plan bereitgestellt wird, und der B-Plan im Entwurf lag vor, und Kollege Stimmann wollte nie

Wortprotokoll vom 13. März 2009, Seite 67 f.; siehe auch Wortprotokoll vom 9. Januar 2009, Seite 50, „Herr Müller-Spreer hat es abgelehnt."

Wortprotokoll vom 9. Januar 2009, Seite 9.

Wortprotokoll vom 9. Januar 2009, Seite 10.