Baurechte

In der Zusatzvereinbarung ist festgelegt, dass dem Investor Rücktrittsrechte vom Vertrag eingeräumt werden, falls das Land Berlin nicht spätestens bis zum 30.09.2006 eine bestandskräftige Baugenehmigung für das Bauvorhaben Spreedreieck verschaffen würde.

Die Verzögerung einer bestandskräftigen Baugenehmigung kann durch eine Vielzahl von Hinderungsgründen verursacht werden. Im Fall des Spreedreiecks war es nicht nur ein nicht vertragskonformer Bauantrag des Investors, der die Erteilung einer bestandskräftigen Baugenehmigung verzögerte. Das Preisgericht (mit dabei u.a. der Investor) hatte bereits im März 2004 drei Architektenentwürfe ausgewählt, von denen ein Entwurf realisiert werden sollte.

Anfang Januar 2005 forderte der Senatsbaudirektor den Investor Müller-Spreer auf, zeitnah sich für einen der drei prämierten Entwürfe zu entscheiden, damit ­ wie in der Zusatzvereinbarung übereingekommen ­ das Verfahren des Bebauungsplans I-50 erneut veranlasst werden könne. Im August 2005 stellte Müller-Spreer erstmals Überarbeitungen der Entwürfe vor

­ und legte sich Ende Januar 2006 schließlich auf den Neuentwurf von Mark Braun fest.

Wegen dieser späten Entscheidung verblieben für Verfahren und Beschlussfassung des BPlans nur wenige Monate ­ dennoch wurde Ende August 2006 der B-Plan I-50 in der letzten Plenarsitzung der 15. Legislaturperiode gegen die Stimmen von Bündnis 90/Grüne verabschiedet. Ungeachtet des eigenen schuldhaften Verhaltens, versuchte der Investor einen Verzögerungsschaden geltend zu machen. Eine bestandskräftige Baugenehmigung in einer Zusatzvereinbarung zu einem Kaufvertrag terminlich festzusetzen und mit Rücktrittsrechten des Erwerbers von dem Kaufvertrag zu verbinden, ist ein Fehler.

Bezüglich des Erwerbs des Tränenpalastes ist in der Zusatzvereinbarung geregelt, dass entweder die Tränenpalast Veranstaltungs GmbH (sollte sie dazu in der Lage sein) oder der Investor Müller-Spreer bei den Flurstücken 238, 239 und 240 zum Zuge kommen sollten.

Bereits vorab verzichtete das Land Berlin für diese Flurstücke auf die Einhaltung von Abstandsflächen und etwaige Nachbarschaftsrechte gegenüber der geplanten Bebauung Spreedreieck. Von einer Unterbauung des Tränenpalastes ist in der Zusatzvereinbarung nicht die Rede. Dennoch konnte der Investor dies durchsetzen. Ein Fehler.

7. Ein Bonus der Bausenatorin in Form von zusätzlicher Bruttogeschossfläche und der unwirksame Bebauungsplan Nochmals zusätzliche Baurechte (nunmehr 20.500 BGF) abgesegnet durch die Bausenatorin Junge-Reyer im neuen B-Plan I-50 im Wert.

Zum Zeitpunkt des Kaufvertrages war die maximal mögliche Bebauung des Spreedreiecks mit 15.000 BGF angesetzt, in der Zusatzvereinbarung vom November 2004 belief sich die BGF bereits auf 17.500 m². Anderthalb Jahre später lag der komplette Neuentwurf (für den sich der Investor entschieden hatte) des Architekten Braun der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mit rund 20.500 BGF, also 3.000 BGF mehr als vertraglich vereinbart, vor 20.500 m² BGF wurden schließlich in dem Ende August 2006 vom Abgeordnetenhaus beschlossenen Bebauungsplan I-50 festgesetzt und zwischenzeitlich auch realisiert.

Zeuge Werner Arndt: „... Wir haben, nachdem wir diesen Wettbewerb abgeschlossen haben und nachdem dieser Vertrag zwischen der Finanzverwaltung und Müller-Spreer, also der Nachtragsvertrag, in dem diese Summen 17 500 und zehn Geschosse standen ­ ­ Da kam diese Zeitverzögerung dadurch zustande... dass sich anscheinend der Eigentümer mit dieser Überarbeitung der drei Preisträger Zeit gelassen hat. Er hat uns dann ­ glaube ich ­ Ende 2005 ­ ich kann nicht genau sagen,

Abweichender Bericht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen fundierte und nachvollziehbare Begründung für diesen vertraglich nicht vereinbarten Bonus konnte bei der Beweisaufnahme nicht in Erfahrung gebracht werden. Die Verantwortung für dieses Zugeständnis liegt bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Die Bausenatorin Junge-Reyer verwies auf den Zeitdruck, unter dem man in Hinblick auf die terminlich in der Zusatzvereinbarung garantierte bestandskräftige Baugenehmigung stand. Eine Umplanung des 20.500 m² Entwurfes sei nicht mehr möglich gewesen.

Die Begründung der Senatorin ist nicht glaubhaft und das Akzeptieren der 3.000 m² ein Fehler. Es gab keinen Grund für diesen Bonus. Das Büro des Architekten Mark Braun war in der Lage, innerhalb von 10

Tagen einen kompletten Neuentwurf mit einer hohen BGF zu liefern. Außerdem hatte der Investor mit der späten Auswahl eines Planungsentwurfs selbst den Zeitdruck erzeugt.

8. Vertrag zwischen Bund und Berlin vom 12.07.

In der Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Berlin vom 12.7.1999, unterschrieben vom damaligen Bundesfinanzminister Eichel und der damaligen Finanzsenatorin Fugmann-Heesing, wurden Mindestverkaufserlöse und im Fall der Friedrichstr. 103, 104 und 104a eine hälftige Aufteilung des geplanten Verkaufserlöses des dem Spreedreieck gegenüberliegenden Areals festgelegt. Nicht aufgenommen wurden u.a.

Regelungen über spätere Kaufpreisminderungen. Ein Fehler.

Zur Friedrichstr. 103, 104, 104a ist in dieser Vereinbarung ausgeführt: „Der erwartete Kaufpreiserlös wird zwischen Bund und Land je zur Hälfte geteilt. (...) Der Bundesanteil (mindest 23,5 Mio. DM) wird spätestens am 31. Dezember 2000 ausgezahlt."

Zur Friedrichstr. 100 wird vereinbart: „Berlin garantiert einen Kaufpreis von 29,5 Mio. DM, der an den Bund spätestens am 31. Dezember 2001 vollständig ausgekehrt wird."

In beiden Fällen wurden die Zahlungen Berlins fristgerecht geleistet. Im Einzelnen gestalteten sich die Vorgänge wie folgt: wann ­ mitgeteilt, dass er sich für den damals Drittplatzierten, also Mark Braun Architekten, entschieden hat, weil der aus seiner Sicht den wirtschaftlichsten Entwurf in der Nachbearbeitung abgeliefert hat, die aber allein im Auftrag von Müller-Spreer erfolgt ist..." ... Zeuge Werner Arndt: „Dass bei diesem Entwurf eine Grundfläche zugrundegelegt wurde, die bei den zehn Geschossen mehr als die 17 500 Quadratmeter ergaben. Das habe ich dann sofort unserer Leitung mit einem Vermerk zur Kenntnis gegeben, dass es diese Diskrepanz gibt, und daraufhin haben sich Senator und Senatsbaudirektor entschieden, um das Verfahren ­ vermute ich mal ­ nicht zu blockieren, und man hätte im Prinzip einen neuen Entwurf zeichnen müssen, gesagt, weil wir parallel noch die Diskussion um eine weitere Erhöhung um zwei Geschosse geführt haben: Wir beschränken uns auf den einen Tatbestand, dass das Gebäude nicht noch höher wird, also 12 Geschosse wird. ­

Das war eine Entscheidung der oberen Leitung. Dieses andere, was städtebaulich erst mal nicht so dramatisch ist, weil eine kleinere gewisse Verringerung der Grundfläche hätte die städtebauliche Wirkung des Gebäudes nicht wesentlich verändert ­ aus unserer städtebaulichen Sicht war die Erhöhung des Gebäudes das gewichtigere Element ­, ist das akzeptiert worden von der Leitung, und der Bebauungsplan ist in dieser Form mit den 20 500 zur Festsetzung gebracht worden." (21. Sitzung, 18.12.2009, S. 11f.) Ähnlich auch der Zeuge Christian Kuhlo: „Sie können fest davon ausgehen, dass sämtliche Erhöhungen auch über den Senatsbaudirektor gelaufen sind, und die letzte Erhöhung war eine politische Entscheidung seitens der Senatorin und des Senatsbaudirektors zu sagen: Wir bleiben jetzt bei diesen 20 500. Das war ganz eindeutig."

Im Endergebnis haben die Geschäfte des Landes auf der dem Spreedreieck gegenüber liegenden Seite der Friedrichstraße in den Jahren 1999 bis 2006 zu einem Schaden von 9.990.286 für den Berliner Haushalt geführt. An der Friedrichstraße 100 sind weitere Zahlungen aus dem Landeshaushalt Berlins im Zuge der Bauarbeiten denkbar.

Im Jahr 2000 verkaufte Berlin das Grundstück an die Grundstücksgesellschaft Am Weidendamm Berlin-Mitte mbH (GVG) zu einem Preis von 46.954.500 DM. (24.007.455). Zum 31.12. 2000 kehrte das Land Berlin wie vereinbart die Hälfte des Kauferlöses an den Bund aus. Berlin behielt 12.003.727 als eigenen Anteil aus dem Kauferlös für die Friedrichstraße 100. Als Berlin den benachbarten Admiralspalast an die Stage Holding verkaufen wollte, verlangte diese einen Teil des an die GVG verkauften Nachbargeländes, um die Bühne des Metropol-Theaters vergrößern zu können. Berlin erwarb mit Vertrag vom 27.2.2001 daraufhin 486 qm zum Preis von 2.816.451 von der GVG zurück. Als die Stage Holding überraschend statt des Metropol-Theaters lieber das Theater des Westens übernehmen wollte und bekam, erwies sich die millionenschwere Grundstücksarrondierung als sinnlos. Die heutigen Betreiber nutzen das Gelände nicht, weil sie Saal und Bühne des MetropolTheaters im historischen Maß belassen haben. Im Jahr 2003 verlangte die GVG eine Kaufpreisreduzierung von 4.000.000 mit der Begründung, die Nachfrageschwäche am Büromarkt zwänge die GVG dazu, anstelle eines Bürohauses ein Hotelgebäude zu errichten, das nicht in gleicher Weise von den Banken kreditiert werde. Das Land Berlin gab dem Begehren der GVG nach.

Ende 2007 war die GVG als Nachbarin des Spreedreiecks mit einem Normenkontrollantrag gegen den neuen Bebauungsplan I-50 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin erfolgreich.

Das Gericht folgte der Beschwerde der Klägerin, die eine signifikante Unterschreitung von Abstandsflächenvorschriften kritisierte und unzumutbare Verschattungen beklagte. Zudem wurde angekündigt, dass zeitnah einer Beschwerde gegen die dem Investor erteilte Baugenehmigung stattgegeben werde. Ein Baustopp drohte, der nach Meinung von Juristen der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung keine finanziellen oder baurechtlichen Folgen für das Land hatte. Dennoch drohte der Investor mit Rücktritt von der Zusatzvereinbarung und abermals mit einer Schadensersatzforderung in dreistelliger Millionenhöhe. Dem Land Berlin wurde von dessen Anwälten aufgegeben, eine nachbarrechtliche Einigung herbeiführen.

Bevor das Urteil des Oberverwaltungsgerichts, welches den Bebauungsplan I-50 für unwirksam erklärte, rechtswirksam werden konnte, verglich sich das Land Berlin mit der Klägerin GVG, die mit 4 Mio. für die Nachteile entschädigt wurde, die ihr durch Verschattung durch das zu errichtende Gebäude auf dem Spreedreieck entstanden.

Am Ende behielt Berlin im Fall Friedrichstrasse 103, 104, 104a vom ursprünglichen Kaufpreisanteil noch 5.187.276, während den Bund die Kaufpreisminderungen nicht betrafen.

Dieses Geschäft schließt für das Land Berlin mit einem Schaden von 6.816.451 ab.