Abänderung eines Erbbaurechtsvertrag

Verpflichtet sich ein Grundstückseigentümer in vertraglicher Abänderung eines Erbbaurechtsvertrags formlos, dem Erbbauberechtigten nach Beendigung des Erbbaurechts das Grundstück zu übereignen, so wird die auf § 313 BGB beruhende Förmlichkeit dieser Vereinbarung nicht durch die Eintragung des Erbbaurechts im Grundbuch nach § 313 Satz 2 BGB geheilt.

Anmerkung: Ein notarieller Erbbaurechts-Bestellungsvertrag sah für den - inzwischen eingetretenen-Zeitpunkt des Erbbaurechtsendes vor: das Gebäude solle gegen Zahlung eines bestimmten Wettteils in das Eigentum des Bestellers (Grundeigentümers) übergehen; sei dieser jedoch zur Zahlung nicht in der Lage oder nicht bereit, so solle das Eigentum am Grundstück auf den Erbbauberechtigten übergehen. Nach dem im RevVerfahren zu unterstellenden Sachverhalt erklärte der Besteller noch am Tag jener notariellen Beurkundung privatschriftlich den Verzicht auf jenes Wahlrecht und das Einverständnis zum unentgeltlichen Übergang des Grundstückseigentums auf den Erbbauberechtigten bei Erbbaurechtsende. Die Auflassungsklage des Erbbauberechtigten gegen den Besteller blieb wegen Formmangels dieser Privaturkunde erfolglos.

Es ging zunächst darum, ob die Verzichtserklärung nicht deshalb formlos wirksam war, weil sie den Eintritt der einen der beiden im notariellen Vertrag enthaltenen aufschiebenden Bedingungen für seine (künftige) Auflassungsverpflichtung bewirken sollte: zur Zahlung nicht bereit. Diese Auslegungsfrage hat der Tatrichter verneint, und BGH sieht darin keinen Rechtsfehler: jene Wahl sollte der Besteller bei oder kurz vor dem Ende des Vertragsverhältnisses haben, nicht schon an seinem Beginn; in der Verzichtserklärung (und Ihrer ersichtlich vorliegenden stillschweigenden Annahme durch den Partner) lag vielmehr eine vertragliche Änderung des Erbbaurechts-Bestellungsvertrags dahin, dass die Bedingungen der künftigen Auflassungspflicht entfallen sollten.

Eine solche Vertragsänderung bedurfte der notariellen Form. Denn § 313 BGB, der nach § 11 Abs. 2 ErbbauVO auch auf Erbbaurechte anzuwenden ist, gilt nicht nur für den ursprünglichen Abschluss des Vertrags, sondern in aller Regel auch für seine späteren Änderungen. Es lag auch keiner der Ausnahmefälle vor, für welche die Formfreiheit von Änderungsvereinbarungen angenommen (Abwicklungsschwierigkeiten, vgl. vorstehend Nr. 27) oder wenigstens erwogen wird (Erleichterungen für den Veräußerer, aaO).

War die Verzichtserklärung hiernach zunächst formnichtig, so ergab sich als Kernproblem, ob der Formmangel durch den zeitlich nachfolgenden Vollzug des Bestellungsvertrags im (Erbbau-)Grundbuch nach § 313 S. 2 BGB geheilt wurde. Eingetragen wurde allerdings naturgemäß nur die Entstehung des Erbbaurechts für den Erbbauberechtigten, dagegen nichts in Richtung eines Grundstückseigentums zu seinen Gunsten. Es fragte sich deshalb, ob bei einer Mehrheit von nach § 313 BGB formbedürftigen Akten bereits der Grundbuchvollzug des einen Aktes den Formmangel beim andern Akt hellt. (Das Problem, ob im Verneinungsfalle eine auf den grundbuchlich vollzogenen Akt beschränkte Heilung in Frage kommt, trat im Entscheidungsfall nicht auf, weil die Erbbaurechts-Begründungspflicht formgültig übernommen war; das Urteil verweist für dieses Problem auf § 139 BGB und dazu ergangene Entscheidungen des RG.) Jene Heilungsfrage entscheidet sich danach, ob und inwieweit sich Veräußerungspflicht einerseits und Auflassung sowie Eintragung andererseits gegenständlich decken (idem sein) müssen. Eine allgemeine Bejahung dieser Gesamtfrage scheint nahezuliegen. Die Rechtsprechung hat jedoch in pragmatischer Weise Ausnahmen gemacht. So bejahte BGH Heilungswirkung in einem Fall des aluid: ein Erbbauberechtigter hatte sich formunwirksam zur Veräußerung des Erbbaurechts an den Partner (Zessionar) verpflichtet, dieser erwarb aber dann das Grundstückseigentum, und der Zessionarschuldner ließ daraufhin das Erbbaurecht löschen; der Formmangel der mit der Zessionspflicht verbundenen Abreden wurde als geheilt angesehen (BGHZ 47, 11 = Nr.3 zu § 11 ErbbauVO mit Anm. Freitag; hier mag eine Art wirtschaftliches argumentum a minori ad maius zugrunde liegen). Auch für eine Fallgruppe des minus wird Hellungswirkung bejaht: wenn sich ein Grundstücksveräußerer zur Übereignung und zugleich der Erwerber (unter gewissen Voraussetzungen) zur späteren Rückübereignung verpflichtet, so wird mit dem Vollzug der ersten Übereignung durch Auflassung und Eintragung im Grundbuch auch die formlose Rückübereignungsvereinbarung wirksam (Nr. 1 und 15); hier wird auf die Gesetzesworte seinem ganzen Inhalt nach (§ 313 S. 2) abgehoben; es mag wohl auch der Charakter der Rückgabepflicht als einer bloßen Nebenabrede eine Rolle spielen; die vorl. Entscheidung fügt als weitere Begründung hinzu, dass der Rückgabeanspruch den durch § 313 (in erster Linie) zu schützenden Erstveräußerer durch die Aussicht auf späteren Rückerwerb begünstige. In der Regel der Fälle jedoch hebt die Rechtsprechung nicht auf die genannten Gesetzesworte ab, sondern auf das Erfordernis der Identität von Verpflichtungs- und Eintragungsgegenstand. So hat schon das RG, wie die vorl. Entscheidung anführt, bei einem Grundstückstauschvertrag dem Vollzug nur bei dem einen Grundstück keine heilende Wirkung beigemessen (RGZ 56, 383). Ebenso hat es Heilungswirkung verneint in einem Fall, wo bei der Umschreibung mehrerer im Zusammenhang des § 139 BGB verkaufter Grundstücke eines von ihnen vergessen wurde (RGZ 133, 293, 294). Das vorl. Urteil bewegt sich ebenfalls in der letzteren Richtung. Es betont, dass der Grundstückseigentümer, den die Formvorsehrift (in erster Linie) schützen will, durch die Grundstücksübereignungspflicht neben der Pflicht zur Erbbaurechtsbestellung nicht (wie im Wiederkaufsfall) begünstigt, sondern im Gegenteil zusätzlich belastet wird. Deshalb ist keine Heilungserstreckung (wie im Wiederkaufsfall) geboten, sondern, entsprechend dem Regelfall, eine Heilungswirkung mangels Identität des Verpflichtungsgegenstands Grundstückseigentum mit dem Vollzugsgegenstand Erbbaurecht zu verneinen.