Ablehnung des Akkreditiv

Nach Ansicht des Berufsgerichts hat die Beklagten gegen die Verpflichtung aus § 663 BGB verstoßen, der Kläger die Ablehnung des Akkreditivauftrags unverzüglich anzuzeigen. Die Kläger hätte der Tatsache Rechnung tragen müssen, dass das Akkreditiv spätestens am 2. 11. 1979 bis zum Bankenschluss in New York hätte eröffnet sein müssen. Sie hätte daher die Entscheidung, den Auftrag abzulehnen, so frühzeitig herbeiführen und der Kläger mitteilen müssen, dass diese noch die Möglichkeit gehabt hätte, sich anderweitig das benötigte Akkreditiv zu beschaffen. Den Vorwurf, den Auftrag verspätet zurückgewiesen zu haben, könne die Beklagte nicht mit dem Zustimmungserfordernis des Londoner Mitglieds des Kreditausschusses begegnen. Denn sie wäre bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt verpflichtet gewesen, das Akkreditivbewilligungsverfahren so auszugestalten, dass es den Erfordernissen des heutigen kaufmännischen Verkehrs genüge und insbesondere die im internationalen Mineralöl- Streckengeschäft notwendige schnelle Entscheidung ermögliche. Dem kann nicht gefolgt werden.

Als Anspruchsgrundlage für den eingeklagten Schadensersatzanspruch kommen § 663 BGB und § 362 HGB nicht in Betracht. In beiden Fällen geht es darum, dass der Beauftragte, der sich zu einer Geschäftsbesorgung angeboten hat, zu einer schnellen Antwort verpflichtet ist, wenn er ein Angebot nicht annehmen will, wobei nach bürgerlichem Recht bei fehlender Antwort eine verspätete Ablehnung nur Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen zur Folge hat, während nach § 362 HGB in diesem Falle der Geschäftsbesorgungsvertrag entsprechend dem Angebot zustande kommt. Dem Beauftragten schadet aber nur Schweigen. Antwortet er sofort, sei es auch nur in dem Sinne, dass die Vertragsverhandlungen in der Schwebe gehalten werden, ist für eine Anwendung dieser Vorschriften kein Raum. Der Auftraggeber kann dann nicht mehr darauf vertrauen, dass der Auftrag ausgeführt wird; er weiß vielmehr, woran er ist. So lag der Fall hier. Die Beklagten hat auf den Antrag der Kläger, das Akkreditiv zu eröffnen, nicht geschwiegen, sondern sofort deutlich gemacht, dass sie das Angebot nicht ohne weiteres annehmen könne. So hat sie verlangt, die Partie Kerosin müsse vor Eröffnung des Akkreditivs, also vor der Annahme des Angebots der Kläger, durchgehandelt und außerdem eine Zahlungszusage der T-GmbH vorgelegt werden. Überdies standen die Parteien wegen der Frage, ob das Akkreditiv eröffnet wird, in ständiger telefonischer Verbindung. Die Klägerin konnte deshalb auf die stillschweigende Annahme ihres Angebots nicht vertrauen. Deshalb lässt sich der Schadensersatzanspruch nicht auf eine Verletzung der angeführten Gesetzesbestimmungen stützen.

Dies führt jedoch noch nicht zur Abweisung der Klage. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kommt ein Schadensersatzanspruch gemäß den allgemeinen Grundsätzen über die Haftung für Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Betracht. Die Kläger hat unter Beweisantritt vorgetragen, ihr Mitarbeiter G habe, nachdem die Beklagten am Freitagnachmittag immer noch keine Entscheidung über die Eröffnung des Akkreditivs habe treffen können, den Leiter der Kreditabteilung H gefragt, ob die Kläger sich nicht nach einer anderen Finanzierungsmöglichkeit umsehen solle. Dies wäre zu diesem Zeitpunkt noch möglich gewesen. H habe G aber beruhigt, dies sei nicht notwendig, er schaffe es schon noch. Damit habe H, obwohl er mit der Nichteröffnung des Akkreditivs habe rechnen müssen, die Kläger im letztmöglichen Zeitpunkt davon abgehalten, sich das benötigte Akkreditiv anderswo zu beschaffen. Wenn dies zuträfe, könnte sich die Beklagten schadensersatzpflichtig gemacht haben. Erweckt der Geschäftsbesorger bei seinem Auftraggeber das Vertrauen, dass der Auftrag angenommen werde, und hält er den Auftraggeber infolgedessen vorsätzlich oder fahrlässig davon ab, das Geschäft auf andere Weise durchzuführen, macht er sich schadensersatzpflichtig, wenn er den Auftrag so spät ablehnt, dass der Kunde seine Chance auf anderweitige Erledigung des Geschäfts verliert. Unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt hat das Berufsgericht den Klageanspruch noch nicht geprüft. Dazu bedarf es einer vollständig neuen Würdigung des Beweisergebnisses, das die Vorinstanzen, soweit es um die Frage geht, ob H den G davon abgehalten hat, sich das Akkreditiv anderswo zu besorgen, nur unter dem Gesichtspunkt des Mitverschuldens der Kläger geprüft haben, für das die Beklagten die Beweislast trägt. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Verschuldens bei den Vertragsverhandlungen muss jedoch die Klägerin beweisen. Sie hat Beweis dafür zu erbringen, dass die Beklagten etwas getan oder pflichtwidrig unterlassen hat, wodurch die Kläger darauf vertraut hat und darauf vertrauen durfte, das Akkreditiv werde noch rechtzeitig eröffnet werden.

Hätte sich die Beklagten danach schadensersatzpflichtig gemacht, wäre sie von der Haftung, entgegen der Ansicht der Revision, nicht durch Nr. 4IV der AGB der Banken freigestellt. Nach dieser Bestimmung haftet die Bank, wenn sie Aufträge für wiederkehrende oder zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführende Zahlungen oder Leistungen übernimmt, wegen der Möglichkeit unabsehbarer Schäden bei nicht rechtzeitiger Erledigung nur für grobes Verschulden. Es handelt sich also um eine Haftungsbeschränkung für Verzögerungen bei der Durchführung von Dauer- und termingebundenen Aufträgen, nicht aber für das Verschulden bei Vertragsverhandlungen, bei denen es erst um die Annahme eines Auftrages geht.

Nicht durchgreifen würde auch die Rüge der Revision, die Klägerin könnte nicht den entgangenen Gewinn ersetzt verlangen. Die Kläger hätte Anspruch auf das negative Interesse. Sie wäre demnach so zu stellen, als ob sie sich rechtzeitig bei einer Bank das Akkreditiv hätte beschaffen können. Dann hätte sie die Partie Kerosin endgültig kaufen und - eventuell mit Gewinn - weiterveräußern können.

Nach alldem musste das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung an das Berufsgericht zurückverwiesen werden.