Abnahmeprotokoll

Zur Anfechtung eines Abnahmeprotokolls wegen widerrechtlicher Drohung.

Der Gläubiger muss sich das Recht auf Vertragsstrafe bei der Annahme der Leistung auch dann vorbehalten, wenn er mit dem Vertragsstrafenanspruch vorher aufgerechnet hat (Abgrenzung zu BGHZ 62, 328 = LM vorstehend Nr. 4 = NJW 1974, 1324).

Anmerkung: Das Urteil befasst sich mit der Anfechtung eines Abnahmeprotokolls. Außerdem setzt es sich mit der vom BGH bisher nicht entschiedenen Frage auseinander, ob bei der Abnahme noch ausdrücklich ein Vorbehalt erklärt werden muss, wenn bereits vorher mit dem Vertragsstrafenanspruch aufgerechnet wurde.

1. Ein Bauunternehmer hatte dem Erwerber erst nach Unterzeichnung eines Übergabe- und Abnahme-Protokolls den Einzug in das Haus gestattet. Der Erwerber sah in diesem Verhalten eine widerrechtliche Drohung und focht die Abnahmeerklärung an. Der BGH verneint die Anfechtungsvoraussetzungen, weil der Unternehmer nach der mit dem Erwerber getroffenen Vereinbarung das Haus nicht ohne Abnahme zu übergeben brauchte und das Verlangen nach Unterzeichnung des Protokolls ein angemessenes Mittel zur Durchsetzung der Unternehmerrechte war.

2. Die im Schrifttum umstrittene Frage, ob der Gläubiger, der vor der Abnahme mit dem Anspruch auf Vertragsstrafe aufgerechnet hat, sich das Recht auf Vertragsstrafe bei der Annahme gemäß § 341 III BGB noch ausdrücklich vorbehalten muss, bejaht der BGH. Er ist der Meinung, dass § 341 III BGB nach dem mit der Vertragsstrafe verfolgten Zweck eng auszulegen ist. Eine Vertragsstrafe wird vereinbart, um den Schuldner zur gehörigen, insbesondere fristgerechten Erfüllung anzuhalten. Leistet der Schuldner bei Eintritt der Fälligkeit trotzdem nicht, soll die Strafvereinbarung gleichwohl als Druckmittel fortwirken können und ihn veranlassen, die geschuldete Leistung möglichst schnell nachzuholen. Das gilt nicht nur in den Fällen, in denen die Strafe mit der Dauer des Verzugs höher wird. Auch wenn die Strafe bereits mit der Nichterfüllung bei Fälligkeit ganz oder teilweise verwirkt ist, soll der Schuldner die Aussicht behalten, dass der Gläubiger unter dem Eindruck einer - wenn auch verspäteten - so doch nachgeholten Erfüllung von seinem Recht, die Vertragsstrafe zu verlangen, keinen Gebrauch machen wird. Deshalb soll es erst auf die Entschließung des Gläubigers im Zeitpunkt und unter dem Eindruck der - wenn auch verspäteten - Erfüllung ankommen.

Unter Hinweis auf BGHZ 72, 222 [227] = LM vorstehend Nr. 7a = NJW 1979, 212 ist der BGH weiter der Auffassung, dass für die Regelung des § 341 III BGB neben Zweckmäßigkeitserwägungen auch der Umstand entscheidend ist, unbillige Härten gegen den Schuldner zu verhindern. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift genügt deshalb ein früher erklärter, bei Annahme der Erfüllung aber nicht noch einmal erkennbar geäußerter Vorbehalt nicht. Dagegen ist bei Rechtshängigkeit des Anspruchs auf Zahlung der Vertragsstrafe ein nochmaliger Vorbehalt entbehrlich, weil in dem zur Zeit der Annahme der Leistung betriebenen Rechtsstreit der Vorbehalt nicht lediglich einmalig - nämlich bei Erhebung der Klage - erklärt worden ist, sondern das Strafverlangen auch im Zeitpunkt der Annahme zum Ausdruck gebracht wird (BGHZ 62, 328 [330] = LM vorstehend Nr. 4 = NJW 1974, 1324).

In Abgrenzung zu BGHZ 62, 328 führt der BGH aus, dass bei einer vor Abnahme der Leistung erklärten Aufrechnung ein Vorbehalt bei Abnahme notwendig ist. Zwar macht der Gläubiger mit der Aufrechnung den Anspruch auf Vertragsstrafe geltend und braucht auf Zahlung nicht mehr zu klagen. Der vor der Abnahme einseitig erklärten Aufrechnung kann aber- anders als der gerichtlichen Geltendmachung - nicht ohne weiteres entnommen werden, dass das Strafverlangen auch bei der späteren Abnahme noch zum Ausdruck gebracht wird. Es handelt sich vielmehr um eine einmalige Erklärung des Vorbehalts, die nicht auf den Zeitpunkt der Abnahme fortwirkt. Auch ist durchaus denkbar, dass der Gläubiger wie bei einem früher erklärten Vorbehalt unter dem Eindruck der Erfüllung nicht darauf besteht, die Vertragsstrafe zu verlangen. Die Aufrechnung mit dem Anspruch auf Vertragsstrafe kann deshalb nicht mit dessen gerichtlicher Geltendmachung gleichgesetzt werden.

Der Umstand, dass der Anspruch auf Vertragsstrafe nach erklärter Aufrechnung gemäß § 389 BGB bereits vor der Abnahme erlischt, führt nach Ansicht des BGH zu keinem anderen Ergebnis. Es wäre nicht sachgerecht, den mit der Vorschrift des § 341 III BGB bezweckten Schuldnerschutz davon abhängig zu machen, ob der Gläubiger mit dem Anspruch auf Vertragsstrafe aufrechnen kann oder nicht. Fordert der Gläubiger den Schuldner lediglich zur Zahlung der verwirkten Vertragsstrafe auf und zahlt der Schuldner nicht, bedarf es bei der Abnahme einer Vorbehaltserklärung. Macht der Gläubiger den Anspruch auf Zahlung der Vertragsstrafe aufgrund einer gegebenen Aufrechnungslage mit der Aufrechnung geltend, kann nichts anderes gelten. Anderenfalls würde in vielen Fällen- gerade bei der Errichtung von Bauten - der mit der Regelung des § 341 III BGB verfolgte Zweck verfehlt. Im Interesse eines lückenlosen Schuldnerschutzes ist es daher notwendig, in dem Vorbehalt gemäß § 341 III BGB eine auflösende Bedingung des Anspruchs auf Vertragsstrafe zu sehen und den Anspruch entfallen zu lassen, wenn der Vorbehalt bei der Annahme nicht erklärt wird. Nur auf diese Weise lässt sich eine den Zweck der Vertragsstrafe hinreichend berücksichtigende Auslegung des § 341 III BGB bei einer vom Gläubiger vor der Abnahme erklärten Aufrechnung erreichen.