Abschreibungen

Die Möglichkeit erhöhter Abschreibungen nach § 7b EStG ist eine zusicherungsfähige Sacheigenschaft im Sinne des § 459 II BGB.

Anmerkung: Angesichts einer seit Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs unveränderten Gesetzeslage sollte man meinen, dass die Abgrenzung zwischen Rechtsmängeln (§ 434 BGB) und Sachmängeln (§ 459 BGB) sowie zwischen Fehlern (§ 459 1 BGB) und zusicherungsfähigen Eigenschaften (§ 459 BGB) längst geklärt sei. Stattdessen aber erweist sich, dass mit zunehmender Kasuistik die Unterscheidungen eher noch problematischer werden.

1. Im entschiedenen Falle hatte der Verkäufer einer Eigentumswohnung dem Käufer zugesichert, dass dieser die steuerlichen Vorteile nach § 7b EStG (erhöhte Abschreibungsfähigkeit) voll für sich in Anspruch nehmen könnte. Das Finanzamt lehnte jedoch die beantragte Steuervergünstigung ab, weil das Haus ursprünglich als Mehrfamilienhaus errichtet und erst nachträglich in Eigentumswohnungen aufgeteilt worden war; diese spätere Teilung sei keine Herstellung im Sinne des § 7b I 1 EStG. Der Kläger verlangte im Rechtsstreit Ersatz der steuerlichen Abschreibungsvorteile für die Jahre 1972 bis 1975 (10 300,80 DM). Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

2. Die Revision hatte den Standpunkt vertreten, es handele sich um einen Rechtsmangel. Diese Ansicht wies der Senat unter Hinweis darauf zurück, dass das Fehlen der erhöhten Abschreibungsmöglichkeit nach § 7b EStG kein Recht eines Dritten an dem Wohnungseigentum begründete, sondern lediglich eine Ermäßigung der persönlichen Steuerschuld des Käufers (Kl.) verhinderte.

3. Im folgenden prüfte der Senat, ob es sich um einen Sachmangel handelte, wobei als Grundlage des allein geltend gemachten Schadensersatzanspruchs nur das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft im Sinne des § 459 II BGB in Frage kam (§ 463 BGB).

Der Eigenschaftsbegriff im Sinne des § 459 II BGB ist nach der Rechtsprechung weiter als der - an die Beschaffenheit der Sache anknüpfende - Fehlerbegriff des -§ 459 I BGB (vgl. u. a. das Senatsurteil LM vorstehend Nr. 53; ferner BGH, LM vorstehend Nr. 45; a. A. allerdings - in Konsequenz des konkret-subjektiven Fehlerbegriffs - mit guten Gründen eine im Vordringen befindliche Meinung des neueren Schrifttums, vgl. etwa Immenga, AcP 171 (1971), 1 ff.; Larenz, Schuldrecht BT, 11. Aufl. § 41 Ia; EsserWeyers, Schuldrecht BT, Teilbd. 1 § 5 II; Staudinger-Honsell, BGB 12. Aufl. § 459 Rdnr. 17; H. P. Westermann, MünchKomm § 459 Rdnrn. 17, 18). Der vorliegende Fall ist geeignet, diese Unterschiede zu verdeutlichen:

Als Fehler der Beschaffenheit des verkauften Wohnungseigentums im Sinne des § 459I BGB wäre das Fehlen der Abschreibungsmöglichkeit nach § 7b EStG nicht in Betracht gekommen. Zwar können neben den physischen Eigenschaften auch tatsächliche, wirtschaftliche, soziale oder rechtliche Beziehungen des Kaufgegenstandes zur Umwelt für seine vertragsgemäße Tauglichkeit oder seinen Wert bedeutsam sein; diese Beziehungen müssen jedoch in der Beschaffenheit des Kaufgegenstandes selbst ihren Grund haben und dürfen sich nicht lediglich durch Heranziehung von außerhalb der Sache liegenden Verhältnissen oder Umständen ergeben (BGHZ 67, 134 [136£] = LM vorstehend Nr. 41 - Wohnungsbindung; BGHZ 70, 47 [49] = LM § 419 BGB Nr. 32 - Vermögensübernahme; Senat, WM 1979, 949 [950] = LM § 434 BGB Nr. 5 - Fideikommiß; vgl. auch BGH, NJW 1972, 1658 = LM § 463 BGB Nr. 18). Die erhöhte Abschreibungsmöglichkeit nach § 7b EStG knüpft zwar auch an die bauliche Gestaltung (als Ein- oder Zweifamilienhaus oder als Eigentumswohnung) an; sie hängt aber in dem hier maßgeblichen Punkt allein von der rechtlichen Vergangenheit des Kaufgegenstandes ab. Nach dem Urteil des BFH vom 8. 11. 1977 (BB 1978, 390 = BStB1 1978, Teil II S. 82) ist Eigentumswohnung im Sinne des § 7b I 1 EStG eine Wohnung nur dann, wenn sie von vornherein als Eigentumswohnung fertiggestellt worden ist. Das Fehlen der Abschreibungsmöglichkeit lag mithin nicht an der gegenständlichen Beschaffenheit der Wohnung, sondern daran, dass sie nach der Fertigstellung zunächst als Teil eines Mietwohngrundstücks genutzt und erst später als Eigentumswohnung rechtlich verselbständigt und genutzt wurde (insoweit zutreffend auch Oberlandesgericht Hamm, MDR 1980, 228).

Dagegen war die erhöhte Abschreibungsmöglichkeit als zusicherungsfähige Eigenschaft im Sinne der §§ 459 11, 463 BGB anzusehen. Eigenschaften in diesem Sinne sind - neben der physischen Beschaffenheit - alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, welche die Beziehung der Sache zur Umwelt betreffen und wegen ihrer Art und Dauer der Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen (vgl. BGHZ 34, 32[41] m. w. Nachw. zu § 119 II BGB = LM vorstehend Nr. 9 [Ls.]; Senatsurteil NJW 1981, 1600; Jauernig-Vollkommer, BGB § 459 III 2a; Palandt-Putzo, BGB 40. Aufl. § 459 Anm. 4b; Immenga, AcP 171 [1971], 1, 10f.). Auf dieser Grundlage wurde z. B. beim Kauf eines Hausgrundstücks der Mietertrag zwar nicht als Fehler der Beschaffenheit im Sinne des § 459 I BGB, wohl aber als zusicherungsfähige Eigenschaft im Sinne des § 459 II BGB angesehen (BGH, LM vorstehend Nr. 53 WM 1980, 673 [674 li. Sp.] m. w. Nachw.). Ebenso erlangt nach der Rechtsprechung der Reinertrag eines Unternehmens die Bedeutung einer Unternehmenseigenschaft nur, wenn er vertraglich zugesichert ist (BGH, LM vorstehend Nr. 43). Auch wurde - m.E. sehr weitgehend - die Begutachtung eines Bildes als eigenhändiges Werk eines Künstlers als zusicherungsfähige Eigenschaft des Bildes angesehen (BGH, NJW 1972, 1658 = LM § 463 BGB Nr. 18). Gleiches gilt für die Höhe der abschreibungsfähigen Baunebenkosten eines gekauften Abschreibungsobjekts (BGH, WM 1975, 230). Diese rechtliche Beurteilung trifft nach Ansicht des V. Zivilsenats auch für die Voraussetzungen der erhöhten Abschreibungen eines Kaufgrundstücks nach § 7b EStG zu, soweit sie nicht an die Person des Erwerbers gebunden sind und damit insoweit außerhalb des Verantwortungsbereichs des Veräußerers liegen.

4. Abschließend ging es um die kurze Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche nach § 477 BGB. Die Klage konnte nur Erfolg haben, wenn der Verkäufer (Bekl.) die erhöhte Abschreibungsmöglichkeit arglistig vorgespiegelt hatte. Hierfür sah der V. Zivilsenat einen Ansatzpunkt darin, dass der Beklagte die Behauptung erhöhter Abschreibungsmöglichkeit ohne hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte aufgestellt hatte. Der V. Senat verwies insoweit auf die Rechtsprechung des VIII. Zivilsenats in den Fällen, in denen der Verkäufer unrichtige Angaben über Mängelfreiheit ins Blaue hinein macht (Hinweis auf BGH, NJW 1977, 1055 = LM § 276 [Fb] BGB Nr. 11; BGHZ 63, 382 [388] = LM § 276 [Fa] BGB Nr. 42; BGH, NJW 1979, 1707 = LM § 276 [A] BGB Nr. 15; vgl. im übrigen hierzu neuestens BGH, LM § 476 BGB Nr. 13 = NJW 1981, 1441).

5. Einige Autoren den vom Senat beschrittenen Lösungsweg für unbefriedigend, weil die Ausweitung des Eigenschaftsbegriffs den Käufer in verstärktem Maße der Gefahr aussetzt, dass die kurze Verjährungsfrist des § 477 I BGB bereits abgelaufen ist, bevor der Mangel überhaupt erkennbar wird.. Brych (ZfBR 1981, 153E) möchte deshalb das Fehlen der Abschreibungsmöglichkeit - sowie sonstiger üblicher Steuervorteile - als Rechtsmangel ansehen. Koller (NJW 1981, 1768) empfiehlt, den Eigenschaftsbegriff des § 459 II BGB auf körperliche Eigenschaften des Kaufgegenstandes zu beschränken und die Zusicherung der erhöhten Abschreibungsmöglichkeit als selbständiges Garantieversprechen zu behandeln.

Gegen beide Ansichten spricht u. a. das praktische Bedenken, dass dann das rechtliche Schicksal des Vertrages allzu lange in der Schwebe bliebe. Der Versuch von Koller (aaO), aufgrund einer offenen Rechtsfortbildung den Anspruch in der Frist verjähren zu lassen, innerhalb derer der Verkäufer im Moment des Vertragsschlusses mit späteren Ansprüchen rechnen musste, würde zu bedenklicher Rechtsunsicherheit führen.

Ein dritter Ausweg zugunsten des Käufers könnte darin bestehen, die Verjährung (in Analogie zu § 852 BGB) erst mit der Erkennbarkeit des Mangels beginnen zu lassen (so für Mangelfolgeschäden neuerdings wieder Littbarski, NJW 1981, 2331). Jedenfalls für den - hier gegebenen - Bereich der Mangelschäden ist diese Lösung aber mit der klaren gesetzlichen Regelung des § 477 I BGB kaum vereinbar (vgl. auch BGHZ 77, 215).