Abstimmung

Die Interessen, die sich aus der Bauleitplanung benachbarter Gemeinden ergeben, sind im Bauleitplanverfahren und nicht im Raumordnungsverfahren auszugleichen, denn letzteres als Instrument der Landesplanung dient nicht dem Ausgleich von Interessen, die allein die örtlichen Belange zweier Gemeinden betreffen lediglich dem öffentlichen Interesse an der Wahrung übergeordneter raumordnerischer und landesplanerischer Gesichtspunkte in der Bauleitplanung dient, ihr Wortlaut und Sinn aber keinerlei Hinweis darauf geben, dass sie den Schutz der Planungsinteressen regionaler Planungsträger bezwecken mit der Folge, dass sie dann aus eigenem Recht einen unter Verstoß gegen die Anpassungspflicht zustande gekommenen Bebauungsplan bekämpfen können. Immerhin werden aber einer möglichst frühzeitigen Verzahnung mit der Bauleitplanung § 4 insofern gerecht, als die zuständigen Stellen der Landesplanung Träger öffentlicher Belange i. S. dieser Vorschrift sind, und umgekehrt insbesondere § 5 Abs. 2 Satz 2 ROG, wonach bei der Aufstellung von Zielen der Raumordnung und Landesplanung die Gemeinden und Gemeindeverbände, für die eine Anpassungspflicht begründet wird, zu beteiligen sind;

Ebenso wie in § 1 Abs. 4 bis 6 sucht der Gesetzgeber in den §§ 204, 205 sowie - wenn auch nicht mit einer so weitgehenden Pflicht der Zusammenarbeit wie dort - abgestuft abermals in § 2 Abs. 2 einen Koordinierungseffekt zu erreichen. Soweit nach letzterer Vorschrift die Bauleitpläne benachbarter Gemein den aufeinander abzustimmen sind, dient sie der Zielsetzung, ein gebietskörperschaftliches Gemeindenachbarrecht zu schaffen und damit ein gedeihliches Miteinanderleben der selbständigen Gebietskörperschaften zu gewährleisten. Die Einzelgemeinde ist mit der Wahrnehmung der ihr zugestandenen Befugnisse nicht nur dem Wohl der eigenen örtlichen, sondern zugleich der vom ganzen Staatsverband umschlossenen. Gemeinschaft verpflichtet. Das besagt, dass die Gemeinde bei der Ausübung ihrer Selbstverwaltungsrechte nicht nur jede vermeidbare Störung schutzwürdiger Rechte der Nachbargemeinden zu unterlassen hat, sondern vielmehr die Belange der Nachbargemeinden so weit fördern soll, als dies ohne Verletzung eigener Aufgaben möglich ist. Dies gelte auch ohne ausdrückliche Fixierung als fundamentaler Rechtsgrundsatz.

Die Vorschrift übernimmt die im bisherigen § 2 Abs. 4 BBauG enthaltene Verpflichtung zur gemeindenachbarlichen Abstimmung der Bauleitpläne. Entsprechend dem bisherigen Sinngehalt der Vorschrift ist sie von einer Soll in eine Ist-Verpflichtung geändert worden.

Die Notwendigkeit einer Abstimmung von Bauleitplänen benachbarter Gemeinden hat eine formelle und eine materielle Seite. Dem Abstimmen als Tätigkeit - dem Beteiligen, Anhören usw. - steht das Abgestimmt sein als Zustand gegenüber. Maßgebend für diese beiden Seiten der Abstimmung und Abstimmungspflicht sind - und zwar hier wie dort vor dem Hintergrund der gemeindlichen Planungshoheit - einerseits § 2 Abs. 2 und andererseits § 4. Die Planungshoheit verleiht also grundsätzlich ein formelles Beteiligungsrecht und ein Recht auf inhaltliche Abstimmung der sie berührenden fremden Planungen, begründet somit auch ein Recht auf Beachtung der gemeindlichen Planungshoheit als abwägungsbeachtlichen Belang. Die formelle Abstimmungspflicht fällt nicht wie die materielle Abstimmungspflicht unter § 2 Abs. 2 sondern allein unter § 4. Darauf deuten - abgesehen davon, dass die Frage der Mitwirkung der Träger öffentlicher Belange allgemein in § 4 geregelt ist- sowohl Wortlaut als auch Stellung des § 2 Abs. 2 hin. Die Initiative der formellen Abstimmung liegt dabei nicht bei der planenden sondern bei der beteiligten Nachbargemeinde, die nach § 3 Abs. 2 Satz 3 von der Auslegung des Bauleitplanentwurfs unterrichtet worden ist, so dass sie spätestens zu diesem Zeitpunkt vom Gegenstand und Inhalt der Planung erfahren hat, sofern sie nicht bereits zuvor als Trägerin öffentlicher Belange, die von der Planung berührt werden kann, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 beteiligt worden ist. Zur Beachtlichkeit der Verletzung der formellen Abstimmungspflicht.

Maßstab für die materielle Abstimmung sind § 1 Abs. 5 und 6, jedoch nur, soweit sie überörtliche Planung mit Auswirkung auf den örtlichen Bereich der Gemeinde zum Gegenstand hat. Gefordert ist - in dieser Richtung und diesem Umfang - Rücksichtnahme auf die benachbarten Gemeinden, wobei das Gebot der Rücksichtnahme bisher als ein das gesamte Baurecht durchgängig beherrschendes Prinzip angesehen worden ist, das inhaltlich dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 entspricht und dem somit nicht nur bei der Genehmigung des Vorhabens, sondern auch bei der Aufstellung eines Bebauungsplans Rechnung getragen werden muss.