Abtretung eines Anspruchs

Aufgrund Abtretung eines Anspruchs auf Befreiung von einer Bürgschaftsforderung kann der Zessionar den Schuldner der Freistellungsforderung nur in Anspruch nehmen, wenn er auch Gläubiger der durch die Bürgschaft gesicherten Hauptverbindlichkeit ist.

Die Klägerin nimmt aus abgetretenem Recht den Beklagten wegen eines Schadens in Anspruch, den dieser ihrem Ehemann, dem Bankkaufmann B., als dessen Prozessbevollmächtigter zugefügt haben soll.

Jenem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Ehemann der Klägerin sollte der Firma 0 -KG gegen Wechselakzepte dieser Firma Geld verschaffen. Er wendete sich an den Kaufmann C., der die Akzepte unterbringen, von dem Erlös 50 000 DM der 0.-KG überlassen, selbst 50 000 DM als Darlehen behalten und den Rest für Kosten und Zinsen verwenden sollte. Durch Vertrag vom 26. 3. 1965 mit C. übernahm der Ehemann der Klägerin für die übergebenen Wechsel die selbstschuldnerische Bürgschaft; ferner verpflichtete er sich selbstschuldnerisch, von C. als Sicherheit für das Darlehen übergebene Depot-Wechsel und -Schecks treuhänderisch zu verwalten. Am 21. 4. 1965 gab der Ehemann der Klägerin diese Depotpapiere gemäß Vereinbarung zwischen der 0.-KG und C. an diesen zurück. In einer von C. hierüber ausgestellten Quittung war vermerkt: Herr B. ist hiermit aus dieser Bürgschaft entlastet.

Nachdem die Wechselakzepte der 0.-KG zu Protest gegangen waren, nahm C. den Ehemann der Klägerin aus der Bürgschaft auf Zahlung von 117 236 DM, die Summe von 16 Akzept en der 0.-KG, in Anspruch. Dieser wurde in dem deswegen vor dem Landgericht D. geführten Rechtsstreit, in dem er sich durch den Beklagten vertreten ließ, antragsgemäß verurteilt. Er beauftragte den Beklagten, gegen das am 18. 9. 1968 zugestellte Urteil Berufung einzulegen. Das Auftragsschreiben wurde im Büro des Beklagten durch eine seiner Angestellten versehentlich in einer falschen Akte abgelegt, so dass es dem Beklagten erst nach Ablauf der Berufungsfrist vorgelegt wurde. Vorher hatte dieser allerdings mit Schreiben vom 24. und 27. 9. 1968 beim Ehemann der Klägerin angefragt, ob er Berufung einlegen solle, jedoch keine Antwort erhal- ten. Die daher verspätet eingelegte Berufung wurde vom Oberlandesgericht als unzulässig verworfen; die nachgesuchte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde versagt, weil der Beklagte die Fristversäumnis verschuldet habe.

In dem vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin von dem Beklagten als Schadensersatz Zahlung dar Urteilssumme aus jenem Vorprozess nebst Zinsen an sich. Sie hat geltend gemacht, den Beklagten treffe ein Verschulden an der Versäumung der Berufungsfrist, weil er trotz eindeutigen Auftrags keine Berufung habe einlegen lassen. Bei Durchführung des Rechtsmittels hätte die Klage gegen ihren Ehemann abgewiesen werden müssen. Dessen Bürgschaft habe sich nämlich nicht auf die streitigen Wechsel bezogen. Diese seien zudem nicht valutiert gewesen. Jedenfalls sei ihr Ehemann aus der Bürgschaft entlassen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Die Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: II. 1. Rechtliche Bedenken bestehen schon gegenüber der Aktivlegitimation der Klägerin.

Auch das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Ersatzanspruch wegen eines Schadens, der - wie dies hier geltend gemacht ist - in der Belastung mit einer Verbindlichkeit besteht, nach § 249 S. 1 BGB nicht auf Zahlung, sondern nur auf Befreiung des Geschädigten von dieser Verbindlichkeit geht (BGHZ 57, 78, 81, 83 m. w. Nachw. = Nr. 14 zu § 249 [Iid] BGB; BOHZ 61, 346, 347 = Nr. 11 zu § 249 [GI] BGB). Ein solcher Anspruch kann grundsätzlich nicht abgetreten werden, weil dies seinen Inhalt, der in der Regel durch das Eigeninteresse eines bestimmten Gläubigers geprägt ist, verändern würde (§ 399 BGB; BGHZ 12, 136, 141 = Nr. 1 zu § 32 ADSp.). Nur der Freizustellende selbst kann die Leistung verlangen; als Zessionar ist ein Dritter im allgemeinen dazu nicht befugt, auch nicht zu dem Begehren auf Freistellung des Zedenten.

Ausnahmsweise wird allerdings die Abtretung des Freistellungsanspruchs zugelassen, wenn sie an den Gläubiger der Forderung, von der zu befreien ist, erfolgt. Solche Abtretung ist durch die Bedeutung des Freistellungsanspruchs mit gedeckt, der die wirtschaftliche Last der Verbindlichkeit vom Gläubiger des Freistellungsanspruchs auf den Freistellungsschuldner verlagert. Dann wandelt sich der Freistellungsanspruch in der Hand des Zessionars um in einen Anspruch auf Erfüllung der Forderung, von der zu befreien ist.

Auch die vorliegende Klage kann deshalb - von den übrigen Anspruchsvoraussetzungen abgesehen - nur durchdringen, wenn in der Hand der Klägerin der Freistellungsanspruch ihres Ehemannes und die Forderung des C., von der der Beklagte freistellen soll, vereinigt sind. Das nimmt das Berufungsgericht zwar an, doch rügt die Revision mit Recht, dass seine Annahme von Rechtsfehlern beeinflusst ist.

b) Zweifel bestehen hinsichtlich des Erwerbs der Forderung des C. aus der Bürgschaft des Ehemanns der Klägerin.

Zu Recht rügt die Revision, das Berufungsurteil lasse jede Auseinandersetzung mit dem eigenen Vorbringen der Klägerin vermissen, dass die Übertragung der Forderungen des C. auf sie durch die Einlösung der von ihr gegebenen Akzepte auf- schiebend bedingt habe erfolgen sollen. Dieses Vorbringen, das sich der Beklagte zu eigen gemacht hatte, entspricht auch dem zu den Gerichtsakten überreichten Übertragungs-Ver- trag vom 8. 8. 1969, in dem es u. a. heißt: mit Einlösung der Akzepte verpflichtet sich der Zedent, welcher den rechtskräftigen Titel aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf in Händen behält, diesen Titel auf die Zessionarin mit allen Haupt- und Nebenrechten zu übertragen. Hierzu wird bereits am heutigen Tage die formelle Übertragung auf die Zessionarin vereinbart, welche jedoch erst nach Bezahlung der beiden Kaufpreisraten wirksam wird, d. h. nach Einlösung der beiden Wechsel über je 30000 DM.

Sollte die Zessionarin die beiden Akzepte nicht einlösen, ist der vor- liegende Übertragungs-Vertrag in allen Punkten hinfällig.

Hierzu hat die Klägerin selbst angegeben, bisher seien nur 38486,40 DM an C. gezahlt. Ist aber hiervon auszugehen, so ist die Zession schon aus diesem Grunde nicht wirksam geworden (§ 158 I BGB).

Die Auffassung des Berufungsgerichts, für die Aktivlegitimation der Klägerin komme es nicht auf ihre Gegenleistung für die von C. erworbene Forderung an, weil sie einen Anspruch ihres Ehemannes gegen den Beklagten geltend mache, verkennt, dass Voraussetzung für die Anspruchsberechtigung der Klägerin u. a. die Vereinigung beider Forderungen in ihrer Hand ist.

c) Darüber hinaus bestehen noch aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt Zweifel an einem rechtswirksamen Er- werb der Titelforderung durch die Klägerin.

aa) Das Berufungsgericht nimmt an, dass der Ehemann der Klägerin die Bürgschaft zur Sicherung der Wechselforderungen des C. gegen die 0.-KG bestellt hatte. Dann aber teilte die Bürgschaftsforderung das rechtliche Schicksal dieser Forderung des C. (§§ 767, 768, 401 I BGB). Eine Bürgschaftsforderung kann nicht für sich allein unter Vorbehalt der Hauptforderung durch den Zendenten übertragen werden; eine solche Abtretung wäre unwirksam.

Eine andere rechtliche Beurteilung wäre auch nicht geboten, wenn mit dem Berufungsgericht festgestellt werden müsste, dass eine durch die Bürgschaft gesicherte Wechselforderung nicht besteht. Zwar würde alsdann der Ehemann der Klägerin aus der (titulierten) Bürgschaftsforderung trotz fehlender Hauptforderung verpflichtet sein. Diese auf der Rechtskraft beruhende Folge könnte jedoch den Charakter der titulierten Forderung als einer Bürgschaftsforderung nicht derart verändern, dass ihre Abtretung trotz ausdrücklichem Vorbehalt der Hauptforderung durch den Zedenten nunmehr doch zulässig wäre. Die Rechtskraft des hier herangezogenen Urteils wirkt nur zwischen den Parteien jenes Rechtsstreits; demgegenüber ist die Frage nach der Abtretbarkeit der Forderung für und gegen jedermann einheitlich zu beantworten.

bb) Aber auch wenn hier eine selbständige Abtretung der Bürgschaftsforderung zugelassen werden müsste, könnte sie wegen ihres Sicherungszweckes der Klägerin nur die Befugnis vermitteln, Befriedigung des Hauptgläubigers C. zu verlangen, nicht jedoch Zahlung an sieh. Das genügt aber nach dem Zuvorgesagten zur Aktivlegitimation der Klägerin nicht.

cc) Nach allem würde die Klägerin - vorbehaltlich der übrigen Anspruchsvoraussetzungen - für die Klageforderung nur aktiv legitimiert sein, wenn sie nicht nur Gläubigerin der (titulierten) Bürgschaftsforderung, sondern Inhaberin auch der durch sie gesicherten Ansprüche hat werden sollen. Dass sich die Abtretung auch auf diese Ansprüche hat erstrecken sollen, läßt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen.