Alleingesellschafter

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Alleingesellschafter und alleinige Geschäftsführer einer GmbH für Verschulden bei Vertragsschluss durch Verletzung der Pflicht zur Aufklärung über die Kreditwürdigkeit der Gesellschaft persönlich in Anspruch genommen werden kann.

Zum Sachverhalt: Die Kläger betreibt eine Holzhandlung. Der Beklagten war seit dem Jahre 1975 Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer der H-GmbH, die sich vorwiegend mit der Herstellung von Baufenstern beschäftigte. Zwischen der Kläger und der GmbH bestanden seit dem Jahre 1970 geschäftliche Beziehungen. Die GmbH kaufte bei der Klägerin regelmäßig Holz. Im Jahre 1973 erklärte sich die Klägerin auf Wunsch des Beklagten damit einverstanden, dass die GmbH für die Lieferungen Dreimonatswechsel akzeptierte. In der Zeit von Juni 1977 bis Januar 1978 lieferte die Kläger der GmbH auf Bestellung des Beklagten Holz zum Preise von insgesamt über 41 000 DM. Sie erhielt dafür von der GmbH mehrere Wechsel. Am 15. 2. 1978 beantragte die Beklagte die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH. Ein von ihm eingereichter Status der GmbH vom 14. 2. 1978 wies einen Verlust in den Jahren 1977 und 1978 in Höhe von 125731,83 DM, Verbindlichkeiten aus Warenlieferungen in Höhe von 143483 DM und - von dem Beklagten als nicht realisierbar bezeichnete - Forderungen von 84118,33 DM aus. Das AG lehnte die Konkurseröffnung mit Beschluss vom 6. 3. 1978 mangels Masse ab. Die Klägerin fiel mit ihren Forderungen aus. Ihre Bemühungen, aufgrund eines vereinbarten verlängerten Eigentumsvorbehalts Zahlungen von Kunden der GmbH zu erhalten, schlugen fehl. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Ersatz ihres Ausfalls in Höhe eines Teilbetrages von 10000 DM in Anspruch. Sie führt hierzu aus: Die GmbH sei spätestens seit Ende des Jahres 1976 überschuldet gewesen. Dies habe die Beklagte auch erkannt. Spätestens seit Vorlage der Bilanz zum 31. 12. 1976 durch den Steuerberater L im August 1977 habe der Beklagten gewusst, dass keine Aussicht mehr bestanden habe, den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu verhindern. Die finanzielle Lage der GmbH habe der Beklagten ihr pflichtwidrig verschwiegen und ihrem Prokuristen, der wegen der Zunahme der Wechselfinanzierung besorgt gewesen sei, wiederholt noch bis kurz vor Stellung des Konkursantrags erklärt, die Kläger brauche sich wegen der Bezahlung ihrer Lieferungen keine Sorge zu machen. Der Beklagten, der eine derartige Erklärung bestreitet, hält dem entgegen, er habe die Überschuldung erst aus dem von seinem Steuerberater am 14. 2. 1978 erstellten Status erkennen können und sodann unverzüglich den Konkursantrag gestellt. Die Zahlungsunfähigkeit sei plötzlich deswegen eingetreten, weil ein Kunde sich geweigert habe, eine größere Forderung zu begleichen. Dass er um die Gesundung des Betriebes bemüht gewesen sei, ergebe sich auch daraus, dass seine Ehefrau der GmbH noch im Mai und Juli 1977 Darlehen in Höhe von zusammen 50000 DM gewährt habe.

Das Landgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Überschuldung der GmbH die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die - zugelassene - Revision des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht verneint Ansprüche aus einer so genannten Durchgriffshaftung des Alleingesellschafters einer GmbH, aus einem Garantieversprechen und aus unerlaubter Handlung, bejaht aber die Schadensersatzforderung aus schuldhaftem vor- vertraglichen Verhalten des Beklagten Hierzu hat das Berufsgericht ausgeführt:

Der Beklagten hafte, weil er noch nach August 1977 bei der Kläger Waren auf Wechselkredit bestellt habe, obwohl er seit Vorliegen der Bilanz zum 31. 12. 1976 damit habe rechnen müssen, dass die GmbH ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr werde nachkommen können. Dem Sachverständigengutachten sei zu entnehmen, dass die GmbH bereits vor Ende des Jahres 1976 in einer Weise überschuldet gewesen sei, die zwangsläufig zur Zahlungsunfähigkeit habe führen müssen. Schon zum Bilanzstichtag sei erkennbar gewesen, dass ein erheblicher Teil der in der Bilanz aufgeführten Forderungen der GmbH uneinbringlich sein werde. Die in der Bilanz mit 145000 DM bewerteten unfertigen Arbeiten, deren Berücksichtigung in dem Gutachten des Sachverständigen der Beklagten vermisse, hätten außer Betracht zu bleiben, weil der Beklagten keine Angaben zu den Bewertungsgrundsätzen gemacht habe und sich aus ihnen eine Erhöhung des von dem Sachverständigen festgestellten Liquiditätsgrades der GmbH ohnehin nicht ergebe. Aus der nahe liegenden Gefahr einer Schädigung der Kläger folge die Aufklärungspflicht des Beklagten Spätestens seit Vorliegen der Bilanz für das Jahr 1976 habe der Beklagten die Überschuldung der GmbH erkennen können. Es entlaste ihn nicht, dass er möglicherweise über keine hinreichenden kaufmännischen Kenntnisse verfügt habe, weil er sich als Alleingeschäftsführer einer GmbH an dem Maßstab der für diesen Personenkreis geforderten Sorgfalt festhalten lassen müsse. Im Übrigen könne dem Beklagten nicht abgenommen werden, dass er zu einer zutreffenden Einschätzung der Liquidität der GmbH nicht jedenfalls aufgrund der Bilanz für das Jahr 1976 in der Lage gewesen sei. Gleichwohl könne der Zahlungsklage nicht stattgegeben werden. Wenn die Schadensersatzforderung der Kläger auch mit hoher Wahrscheinlichkeit den eingeklagten Betrag übersteige, so fehle es noch an einer schlüssigen Darlegung des von der Klägerin allein zu beanspruchenden Materialwertes ihrer Lieferungen einschließlich der ihr durch die Lieferung und die Kreditierung entstandenen Kosten. Insoweit müsse den Parteien noch im Betragsverfahren Gelegenheit zum Vortrag gegeben werden.

Gegen die Ausführungen des Berufsgerichts bestehen durchgreifende Bedenken.

Allerdings beanstandet die Revision zu Unrecht, dass das Berufsgericht über den Grund des Anspruchs vorab entschieden hat. Die Voraussetzungen des § 304I ZPO lagen vor, weil nach Ansicht des Berufsgericht der Klageanspruch dem Grunde nach bestand, die Höhe aber noch nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte. Das Berufsgericht war an dieser Entscheidung nicht deshalb gehindert, weil es die Höhe der Klageforderung für von der Klägerin noch nicht schlüssig dargelegt hielt. Denn es hatte - wie seinem Hinweis auf die Vorschrift des § 278 III ZPO zu entnehmen ist - der Kläger, die bisher der geltend gemachten Teilforderung von 10 000 DM den Kaufpreis für die Warenlieferungen zugrunde gelegt hatte, noch keine Gelegenheit gegeben, der Auffassung des Gerichts, dass nur Ersatz des durch die Verletzung der Aufklärungspflicht verursachten Schadens verlangt werden könne, Rechnung zu tragen.

Der Ausgangspunkt des Berufsgerichts hält einer Überprüfung in materiellrechtlicher Hinsicht stand.

Ober die von dem angefochtenen Urteil verneinten Anspruchsgrundlagen streiten die Parteien in der Revisionsinstanz nicht mehr.