Altersruhegeld

Unabhängig davon, ob dem Verletzten insoweit überhaupt Schadensersatzansprüche zustehen, fehlt es dann an der für einen Forderungsübergang vorauszusetzenden Kongruenz mit einer Ersatzverpflichtung des Schädigers. Der Versicherte erhält es nicht zum Ausgleich unfallbedingter Erwerbseinbußen, sondern allein wegen Erreichens der Altersgrenze ohne Rücksicht darauf, ob er noch voll erwerbsfähig ist oder nicht. Insoweit ist die vom Berufsgericht in anderem Zusammenhang gemachte Äußerung, das Altersruhegeld habe Lohnersatzfunktion, missverständlich; der Umstand, dass das Altersruhegeld in der Regel das Ausscheiden des Versicherten aus dem Arbeitsleben zur Voraussetzung hat und insoweit den Arbeitsverdienst ersetzt, hat mit der schadenrechtlichen Ausgleichsfunktion nichts zu tun. Dass er als Bezieher des Altersruhegeldes nach § 25 I AVG einer Beschäftigung gegen Entgelt oder einer Erwerbstätigkeit nur in engen Grenzen nachgehen darf, soll verhindern, dass der Versicherte auf Kosten der Versichertengemeinschaft ein erheblich höheres Gesamteinkommen als andere Versicherte erzielen kann die Regelung beruht deshalb auf Zielsetzungen, die diese ausschließlich an der Altersgrenze orientierte Funktion des Altersruhegelds nicht in Frage stellen.

Das alles ändert nichts daran, dass sich der Kläger auf seinen Verdienstausfallschaden das Altersruhegeld anrechnen lassen muss. Für die Schadensbemessung kommt es auf die Differenzbilanz an, die sich für ihn aus einem Vergleich seiner wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem Unfall mit denen ergibt, die sich ohne den Unfall entwickelt hätten. Die in diese Rechnung einzustellenden Aktiv- und Passivposten müssen ohne Rücksicht auf eine Kongruenz, wie sie für den Forderungsübergang nach § 1542 RVO vorausgesetzt ist, nur in einem Zurechnungszusammenhang mit dem Schadensereignis stehen. Das trifft für die Leistungen aus der sozialen Altersversorgung hier zu: Ohne den Unfall hätte der Kläger bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahrs zwar seinen Verdienst gehabt, nicht aber das Altersruhegeld, das er aus schadensrechtlicher Sicht vorzeitig beantragt hat. Im übrigen hätte der Kläger, selbst wenn er ohne den Unfall Altersruhegeld schon vor seinem 65. Lebensjahr hätte beantragen wollen, daneben seine Tätigkeit nicht weiterführen können, weil das hieraus bezogene Arbeitseinkommen den Höchstsatz von 1000 DM monatlich, bis zu dem das Gesetz neben dem Bezug von Altersruhegeld vor Vollendung des 65. Lebensjahrs eine regelmäßige Beschäftigung gegen Entgelt zulässt, bei weitem überschritt. Um Ersatzansprüche dafür, dass der Kläger etwa durch die Unfallverletzungen daran gehindert wäre, eine minderbezahlte Beschäftigung oder eine Aushilfstätigkeit in den Grenzen auszuüben, die das Gesetz neben dem Bezug des Altersruhegeldes erlaubt, geht es im Streitfall nicht; im übrigen ist nichts dafür vorgetragen, dass der Kläger solche Verdienstmöglichkeiten gefunden haben würde.

Ebenso wenig kann der Revision darin gefolgt werden, dass die Beklagten aus der Entschließung des Kläger das Altersruhegeld schon vor Vollendung des 65. Lebensjahrs zu beantragen, nach den Zwecken des Schadensausgleichs keinen Vorteil ziehen dürfen. Richtig ist zwar, dass der Kläger ihnen gegenüber nicht verpflichtet war, zur Geringhaltung des Schadens das Altersruhegeld zu beantragen. Solange davon auszugehen ist, dass er wegen der Unfallverletzungen nicht mehr arbeitsfähig war, hätte er von ihnen den Verdienstausfall unverkürzt beanspruchen können, wenn er auf den vorzeitigen Bezug des Altersruhegeldes verzichtet haben würde. Diese überobligationsmäßige Inanspruchnahme des Altersruhegeldes bedeutet aber weder eine ungerechtfertigte Belastung für den Kläger oder den Sozialversicherungsträger, noch eine ungerechtfertigte Entlastung für die Beklagten: Der Kläger wird auch bei Anrechnung des Altersruhegeldes von den unfallbedingten Nachteilen, die das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsleben für ihn bedeutet, in vollem Umfang schadlos gestellt. Der Sozialversicherungsträger leistet an ihn nur das, was er auch ohne den Unfall hätte beanspruchen können. Für die Beklagten mindert sich zwar in Höhe des Altersruhegeldes ihre Ersatzpflicht für den Verdienstausfallschaden; sie haben aber dem Kläger den Rentenschaden, d. h. die Nachteile zu ersetzen, die ihm dadurch erwachsen, dass sein Altersruhegeld nach einer anderen Bemessungsgrundlage und nach einer geringeren Zahl von Versicherungsjahren festgesetzt wird, als dies der Fall wäre, wenn er das Altersruhegeld erst mit Vollendung des 65. Lebensjahrs beantragt haben würde. Die Nichtanrechnung des Altersruhegeldes dagegen würde zu einer ungerechtfertigten Besserstellung des Kläger führen und mit dem schadensrechtlichen Grundsatz unvereinbar sein, dass der Geschädigte durch den Schadensfall nicht bereichert werden darf.

Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich schließlich auch, dass sich die Revision nicht auf Rechtsprechungsgrundsätze berufen kann, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen Dritter auf den Schadensfall dem Schädiger nicht zugute kommen, wenn das dem Zweck der Leistung, die dem Geschädigten, nicht dem Schädiger erbracht wird, widerspricht. Durch die Anrechnung des Altersruhegeldes werden den Beklagten weder im wirtschaftlichen Ergebnis Rechte zugewendet, die der Kläger als Versicherter erworben hat, noch die Leistungen des Sozialversicherungsträgers ihnen statt dem Kläger zugeführt. Lediglich wird für die schadensrechtliche Betrachtung dem Umstand Rechnung getragen, dass der Kläger infolge des Unfalls vorzeitig Empfänger des Altersruhegeldes geworden ist, mit den Vorteilen, aber auch mit allen Nachteilen, die sich für ihn hieraus ergeben. An dieser tatsächlichen Entwicklung seiner Verhältnisse muss er sich von den Beklagten festhalten lassen; er kann nicht verlangen, entgegen der wirklichen Sach- und Rechtslage von ihnen so behandelt zu werden, als sei er ohne die Unfallverletzung noch in den Arbeitsprozeß eingegliedert, nachdem er sich für die Inanspruchnahme des Altersruhegeldes, mit der diese Weiterbeschäftigung nicht vereinbar ist, entschieden hat.