Altlasten

Hinreichende Anhaltspunkte, wonach Altlasten nicht auszuschließen sind und wobei, bevor der Plangeber seine Entscheidung über die Abwägung trifft, eine genaue Bodenbestandsaufnahme erforderlich wird, müssen, soweit sie sich nicht bereits aus einem im jeweiligen Gemeindegebiet vorhandenen Altlasten-Kataster (eine Verpflichtung zu deren Aufstellung besteht freilich nicht) und aus sonstigen Erkennungsmöglichkeiten ergeben, in der Regel vor allem bei ehemaligem Industriegelände und Deponien aus der Zeit vor den beiden Weltkriegen, in der das Umweltbewusstsein für Altlasten noch nicht wie heute geschärft war und Industrieabfälle meist noch nicht auf Sondermülldeponien abgelagert worden sind, als vorliegend angenommen werden. Das Problembewusstsein darf hier jedenfalls nicht fehlen. Es handelt sich insoweit aber nur um typische potentiell erhebliche Bodenbelastungen mit umweltgefährdenden Stoffen, womit anderweitige unter das weite, diffuse Problemfeld des Begriffs Altlasten, der kein Rechtsbegriff ist, fallende Verdachtsstandorte nicht ausgeschlossen sind. Den sich hier ergebenden besonderen Schwierigkeiten in der Sachverhaltsermittlung trägt zum Teil die bloße Sollvorschrift des Abs. 3, aber auch die Rspr. des BVerwG Rechnung, wonach die Betroffenheit nur dann abwägungsbeachtlich ist, wenn sich die Tatsache dieser Betroffenheit der planenden Stelle aufdrängen musste. Beispiele: Im Plangebiet sind seit der Jahrhundertwende eine Kokerei und Nebengewinnungsanlagen, wie etwa eine Ammoniakfabrik mit einer Benzolgewinnungsanlage sowie Tanklager für Teer, Heizöle und Schwefelsäure betrieben worden. Angesichts des Grades möglicher Gefährdung ist allein die Ungewissheit ausreichender Anlass zur Verpflichtung des Planungsträgers, eine genaue Bodenbestandsaufnahme durchzuführen. Strahlenbelastung der Gewässer und des Bodens durch Abwassereinleitungen von Krankenhäusern, in denen Patienten im Wege der Strahlentherapie behandelt werden, wobei die Strahlung über die Ausscheidung der Patienten in die Abwässer und den Boden gelangt. Die Zugehörigkeit zum Abwägungsmaterial hängt aber davon ab, ob ein bestimmtes Interesse von der in Aussicht genommenen Planung in planungsrechtlich beachtlicher Weise berührt und betroffen wird. Damit kommt, was die Altlasten betrifft, der sachverständigen Ermittlung eines ev. Gefährdungspotentials festgestellter Altlasten und der vom Plangeber zu entscheidenden Frage, ob und inwieweit letzteres mit einer im Flächennutzungsplan vorgesehenen baulichen Nutzung, weil planungsrechtlich noch zu bewältigen, vereinbar ist oder ob etwa nur die Ausweisung von der Bebauung freizuhaltender Flächen in Betracht kommt, erhebliche Bedeutung zu. Bei einer vorgesehenen baulichen Nutzung wird hier je nach dem zu beurteilenden Gefährdungspotential zu differenzieren sein, etwa zwischen einer baulichen Nutzung, die keine direkte Inanspruchnahme des Bodens erfordert, einer nur den Bedürfnissen von Grünflächen dienenden oder zu ihrer wesentlichen Nutzung notwendigen bzw. nützlichen baulichen Nutzung und einer Wohnbebauung. Es kommt also jeweils auf das Planungskonzept der Gemeinde an. Allgemeine Richtlinien oder Grenzwerte, denen, wie etwa der TA-Luft als antizipierte Sachverständigengutachten eine der allgemeinen Verwaltungsvorschriften sonst regelmäßig nicht zukommende Beachtlichkeit zuzuerkennen wäre, bestehen bislang nicht.

Wenn auch die Kosten notwendig u. U. erheblicher Sachverständigengutachten zunächst der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit obliegen und im Schrifttum umstritten ist, ob sie zumindest nach Feststellung der Altlasten dem Verursacher auferlegt werden können, wird eine Kostenbelastung doch immerhin vereinzelt in der Rspr. auch aus dem Gesichtspunkt der polizeirechtlichen Verhaltens- und Zustandshaftung bejaht. Aber auch hier wird die Inpflichtnahme des Zustandsstörers in der Praxis vielfach auf rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten stoßen, etwa dann, wenn der Grundeigentümer oder Inhaber der tatsächlichen Gewalt seinerseits die Bodenkontamination bisher nicht erkannt hat bzw. nicht erkennen konnte oder inzwischen gar eine Rechtsnachfolge stattgefunden hat. Im übrigen ergibt sich aus § 2 Abs. 1 AbfG die Pflicht des Inhabers einer stillgelegten Abfalldeponie, Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich sind, Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit zu verhüten. Er kann nach § 10 Abs. 2 i. V. mit § 2 Abs. 1 AbfG verpflichtet werden, auf seine Kosten eine Grundwassermessstelle anzulegen, wenn Grundwasserkontaminierungen zu befürchten sind und sich die Deponie in Nähe einer Trinkwassergewinnungsanlage befindet. Das AbfG i. d. F. vom 27.8. 1986 legt sich indessen, wenn die Überwachung sich auch auf stillgelegte Abfallentsorgungsanlagen i. S. von § 10 Abs. 2 und auf Grundstücke erstreckt, auf denen vor dem 11.6. 1972 Abfälle angefallen sind, keine rückwirkende Verpflichtung zur Sanierung von Anlagen bei, die vor dem 11.6. 1972 stillgelegt worden sind. Auch das WHG ist auf vor seinem Inkrafttreten abgeschlossene Sachverhalte nicht anwendbar. Bei der Altlastensanierung muB daher, da die Altlastenfälle in der Regel länger zurückreichen, auf die Verhaltens- und Zustandshaftung zurückgegriffen werden. Lediglich Art. 14 BayAbfG sieht insoweit eine Rückwirkung für früher stillgelegte Abfallbeseitigungsanlagen vor. Indessen sind hierzu überzeugend verfassungsrechtliche Bedenken geäußert worden. Hinzukommt, dass bei lange zurückliegenden Ablagerungen Abfälle vielfach inzwischen eine feste Verbindung mit dem Boden eingegangen, etwa mit Bäumen und Sträuchern verwachsen sind und damit nicht mehr nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 AbfG als bewegliche Sachen angesehen werden können.