Anrechnungsklausel
Dem Wortlaut nach ist diese Anrechnungsklausel daher so weit gefasst, dass sie die Garantie wieder aushöhlt; denn es ist in der Regel zu erwarten, dass der Garantienehmer nach dem Garantiefall insgesamt noch Einnahmen unterschiedlicher Art in Höhe der ausgefallenen Forderungen hat. Bei wörtlicher Auslegung handelt es sich somit um eine Klausel, die die Hauptverpflichtung zur Garantieleistung praktisch wieder ausräumt. Ob eine solche Geschäftsbedingung wirksam wäre, erscheint fraglich. Diese Frage kann jedoch dahingestellt bleiben; denn keine der Parteien will die weite Fassung der Klausel wörtlich nehmen, so dass auch nach dem übereinstimmenden Parteiwillen eine einschränkende Auslegung stattzufinden hat. Die gebotene Auslegung ist nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen. Diese Auslegungsregeln, insbesondere den Grundsatz von Treu und Glauben, hat das Berufsgericht nicht hinreichend beachtet.
Das Berufsgericht hat bei seiner Auslegung versäumt, darauf abzustellen, wie redliche Vertragsparteien die gebotene Einschränkung der Anrechnungsklausel billigerweise vorgenommen hätten. Nach seiner Ansicht soll die Klausel verhindern, dass bei nur teilweiser Leistungsfähigkeit des Schuldners die möglichen Leistungen auf die nicht garantierten Forderungen gelenkt werden. Selbst wenn man hierin den Regelungszweck sieht, deckt er nicht die vom Berufsgericht gefundene Auslegung. Wie es selbst ausführt, kann der Garantienehmer in einer Reihe von Fällen gar keinen Einfluss darauf nehmen, welche der Forderungen durch die Leistung getilgt wird. Dies trifft auch auf den vorliegenden Fall zu, denn die Schadensersatzleistungen der Brüsseler Bank sollten von vornherein den Ausfall bestimmter Forderungen ausgleichen. Der Beklagte hatte hier keine Möglichkeit, die Bank stattdessen zur Erfüllung anderer Forderungen zu bewegen. In derartigen Fällen bedarf die Kläger auch keines Schutzes vor Manipulationen, und es widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben, ihr über ihr Schutzbedürfnis hinaus auf Kosten der anderen Vertragsseite diese Vorteile zu gewähren. Wie das Berufsgericht weiterhin übersehen hat, widerspricht seine Auslegung der sog. Unklarheitenregel, wonach Formularverträge bei Auslegungszweifeln gegen diejenige Vertragspartei auszulegen sind, die das Formular verwendet hat und sich klarer hätte ausdrücken können. Da die Kläger die streitige Formularbedingung selbst aufgestellt hat, ohne deren Anwendungsbereich in gebotener Weise klarzustellen, wirkt diese Unklarheit gegen sie.
Bei dieser Sachlage kann der Anwendungsbereich der Anrechnungsklausel nur soweit gezogen werden, wie ihn die Gegenseite nach Treu und Glauben hinnehmen muss, um die Klausel nicht leer laufen zu lassen. Dieser Rahmen kann allenfalls dem Bereich der Garantie selbst entsprechen; denn nur soweit, wie die Kläger das Risiko trägt, kann sie billigerweise verlangen, an den Erleichterungen durch Zahlungen zu partizipieren. Da sich die Garantie nur auf Forderungen gegen einen bestimmten Schuldner wegen bestimmter Leistungen aus einem bestimmten Zeitraum bezieht, fallen dementsprechend unter die Anrechnungsklausel ebenfalls nur Leistungen wegen Forderungen aus dieser Geschäftsbeziehung für den genannten Leistungsgegenstand und aus dem Garantiezeitraum. Bei dieser Auslegung greift die Anrechnungsklausel z. B. ein, wenn in dem Garantiezeitraum über die Garantiesumme hinaus gegen den betreffenden Schuldner weitere nicht garantierte Forderungen begründet und erfüllt werden, während garantierte Forderungen ausfallen. Dieses Ergebnis entspricht auch der Nachrückklausel in Nr. IV der Garantieerklärung, wonach bei Überschreitung des Höchstbetrages die darüber hinausgehenden Forderungen aus der betreffenden Geschäftsbeziehung für den genannten Leistungsgegenstand innerhalb des Garantiezeitraums insoweit nachträglich in die Garantie einrücken, als durch die Erfüllung garantierter Forderungen Raum wird. Auch bei dieser Erweiterung der Garantie muss es sich jeweils um Forderungen gegen den betreffenden Schuldner wegen bestimmter Leistungen innerhalb der Garantiezeit handeln; lediglich die anfängliche Überschreitung des Garantiehöchstbetrages kann nachträglich unbeachtlich bleiben. Dementsprechend ist auch für die Anrechnung von Zahlungen an den Garantienehmer auf die Garantie vorauszusetzen, dass es sich um Zahlungen auf Forderungen gegen den betreffenden Schuldner wegen des garantierten Leistungsgegenstandes innerhalb des Garantiezeitraums handelt; wie bei der Nachrückklausel kommt auch im Rahmen der Anrechnungsklausel eine erweiterte Anrechnung nur in bezug auf solche Forderungen in Betracht, die bis auf das Überschreiten der Garantiesumme alle Voraussetzungen für die Garantie erfüllen.
Bei dieser Auslegung der Anrechnungsklausel fallen die noch streitigen Zahlungen der Brüsseler Bank nicht unter die Anrechnungsklausel; denn sie bezogen sich auf Forderungen, die außerhalb des Garantiezeitraums begründet waren. Die Klage ist daher unbegründet, und, auf die Revision des Beklagten ist das klage abweisende Urteil des Landgerichts wiederherzustellen.