Anwaltswechsel

Die Hinweise des Berufsgericht auf die dem Beklagte insbesondere wegen der Dauer des Vorprozesses bei einem Anwaltswechsel erwachsenden außergewöhnlichen Schwierigkeiten helfen in diesem Zusammenhang nicht weiter. Denn aus ihnen würde im Ergebnis eine mit der Fortdauer eines Prozesses zunehmende Bindung des Prozessbevollmächtigten an seinen Auftraggeber folgen, die das beiderseitige Kündigungsrecht nach § 627 BGB entgegen der gesetzlichen Regelung weitgehend, wenn nicht praktisch ganz, ausschließen würde.

Bei der Prüfung der Frage, ob das vom Kläger zu 3) angedrohte Mittel, die Niederlegung des Mandats, rechtswidrig war, ist davon auszugehen, dass sowohl der Rechtsanwalt als auch sein Auftraggeber ihr Vertragsverhältnis nach § 627I BGB grundsätzlich jederzeit auch ohne besonderen Anlass kündigen können. Einem Auftraggeber dadurch möglicherweise entstehenden Nachteilen beugt § 627 II 1 BGB vor. Danach darf ein Rechtsanwalt nur in der Art kündigen, dass sich der Auftraggeber anwaltliche Dienste anderweitig beschaffen kann. Ferner macht sich der Rechtsanwalt nach § 627 II 2 BGB schadensersatzpflichtig, wenn er ohne wichtigen Grund zur Unzeit kündigt. Außerdem steht einem Rechtsanwalt, der kündigt, ohne durch vertragswidriges Verhalten des Auftraggebers dazu veranlasst zu sein, nach § 628 I 2 BGB ein Anspruch auf eine Vergütung nicht zu, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Auftraggeber kein Interesse haben. Auf Grund dieser auch die Interessen des Auftraggebers gewährleistenden rechtlichen Ausgestaltung des Kündigungsrechts kann es einem Rechtsanwalt grundsätzlich nicht versagt werden, ein berechtigtes Verlangen nach einer zusätzlichen Vergütung mit Hilfe der Androhung einer Kündigung durchzusetzen. Allerdings darf ein Prozessbevollmächtigter seinen Klienten nicht im Stich lassen. Darin ist dem Berufsgericht beizupflichten. Der Prozessbevollmächtigte darf daher weder zur Unzeit kündigen noch eine solche Maßnahme zur Unzeit androhen. Er kann deshalb nicht kurz vor einem Termin die Fortführung des Mandats von der Zahlung eines weiteren Honorars abhängig machen. Entgegen der Auffassung des Berufsgericht brachte der Kläger zu 3) den Beklagte nicht in eine vergleichbare Zwangslage, als er die Niederlegung des Mandats ankündigte, falls der Beklagte nicht bereit sei, ein Sonderhonorar zu zahlen. Es fehlte der eine solche psychische Zwangslage kennzeichnende Umstand, dass dem Bedrohten durch das Drängen des Drohenden und den Mangel einer Überlegungsfrist die Möglichkeit einer freien Entscheidung genommen wird. Das Schreiben mit der Drohung darf nicht isoliert, sondern muss im Zusammenhang mit dem gesamten Schriftwechsel betrachtet werden. Danach hat der Kläger zu 3) den Beklagten mit dem Verlangen einer zusätzlichen Vergütung nicht überfallen. Schon fast ein Jahr früher, hatten die Kläger betont, dass ihr Arbeitsaufwand mit den gesetzlichen Gebühren nicht ausgeglichen werde. Nach dem Empfang dieses Schreibens musste sich der Beklagte auf die Forderung einer zusätzlichen Vergütung einstellen. Ein solches Verlangen äußerten die Kläger dann auch ausdrücklich in einem weiteren Schreiben 3 Monate vor der Drohung. Gleichzeitig machten sie grundsätzlich eine weitere Vertretung des Beklagten von der Erfüllung dieses Verlangens abhängig. Der Beklagte ging darauf nicht ein, sondern leitete das Schreiben an seinen Rechtsschutzversicherer weiter, der, wie ihm unstreitig bekannt war, nur die gesetzlichen Gebühren deckte. Die Kläger nahmen trotzdem den nächsten Termin für den Beklagte wahr und mahnten mit einem weiteren Schreiben die Zahlung eines Sonderhonorars lediglich nochmals an, bevor sie die Niederlegung des Mandats androhten. Die Lage des Beklagte nach dem Empfang dieses Schreibens lässt sich daher nicht mit der eines Klienten vergleichen, von dem ein Rechtsanwalt unangekündigt vor einem Termin mit der Drohung, andernfalls das Mandat niederzulegen, eine zusätzliche Vergütung verlangt.

Das Berufsgericht hat bei der Prüfung, ob die Drohung rechtswidrig gewesen sei, maßgeblich auch auf den Stand des Vorprozesses abgestellt. Das begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Wenn es aber weiter ausführt, der Kläger zu 3) habe angesichts der prozessualen Lage, insbesondere wegen der laufenden Schriftsatzfrist zur Unzeit kündigen wollen, kann ihm darin aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Der Beklagte musste sich zwar schriftsätzlich äußern. Ihm drohten aber bei einer Niederlegung des Mandats nicht deshalb erhebliche Nachteile, weil ein dann neu zu bestellender Prozessbevollmächtigter sich in der noch zur Verfügung stehenden Zeit nicht hätte sachgerecht äußern können. Es ging um die Wahrung einer richterlichen Frist. Diese Fristen können nach. § 224II ZPO verlängert werden, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden. Der Wechsel eines Prozessbevollmächtigten stellt einen erheblichen Grund für eine Fristverlängerung dar, wenn andernfalls das rechtliche Gehör der davon betroffenen Partei unzulässig verkürzt würde. Ob das auch bei einem von der Partei zu vertretenden Wechsel des Prozessbevollmächtigten gelten muss, braucht nicht erörtert zu werden. Im Revisionsverfahren muss jedenfalls mangels entgegenstehender Feststellungen davon ausgegangen werden, dass die Schriftsatzfrist im Vorprozess verlängert worden wäre, wenn der Beklagte wegen einer Niederlegung des Mandats durch den Kläger zu 3) einen anderen Prozessbevollmächtigten benötigt hätte. Ferner hatte das Oberlandesgericht bei Scheitern seines Vergleichsvorschlags den Erlass eines Beweisbeschlusses angekündigt. Der Beklagte und erst recht ein von ihm neu bestellter Prozessbevollmächtigter konnten daher damit rechnen, sich auch noch nach der Verkündung dieser Entscheidung zur Sache äußern zu können. Tatsächlich lag zwischen dem Ablauf der Schriftsatzfrist und dem Erlass des Beweisbeschlusses ein Zeitraum, von mehr als fünfeinhalb Monaten. Die Beweisaufnahme fand nochmals etwa sechs Monate später statt. Es fehlt somit jeder Anhalt dafür, dass sich ein neu bestellter Prozessbevollmächtigter nicht noch rechtzeitig in die Sache hätte einarbeiten können.

Ferner ist eine Drohung als Mittel zur Durchsetzung einer berechtigten Forderung nicht widerrechtlich, soweit der Drohende ein schützenswertes Interesse an ihr hat, weil er wegen des bisherigen Verhaltens des Bedrohten auf andere Weise keine Klarheit über dessen Absichten gewinnen kann. So lag es hier. Der Beklagte hatte trotz der mehrfachen Aufforderungen der Kläger nicht geklärt, ob er auf ihr Verlangen eingehen wolle. Auf diese Weise vermied er es, dass die Kläger das Mandat wegen des Ausbleibens einer Honorarvereinbarung niederlegten. Gleichzeitig veranlasste er die Kläger aber, ihr Verlangen zu wiederholen und, ihm nunmehr zur Beseitigung der eingetretenen Unklarheit die Niederlegung des Mandats für den Fall anzukündigen, dass er eine Honorarvereinbarung nicht abschlösse.

Schließlich kann dem Berufsgericht aus Rechtsgründen auch darin nicht gefolgt werden, dass die Drohung infolge der Verbindung zwischen dem Mittel und dem damit angestrebten Zweck rechtswidrig war. Das Verhältnis zwischen der angekündigten Niederlegung des Mandats als dem Mittel der Drohung und dem Abschluss einer Honorarvereinbarung als dem mit ihr angestrebten Zweck war nicht inadäquat. Die Kläger konnten hier aus den besonderen schon gewürdigten Gründen trotz der langjährigen Zusammenarbeit und des ihnen von dem Beklagte entgegengebrachten Vertrauens, ohne gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu verstoßen, die weitere Vertretung des Beklagte von der Erfüllung ihres in angemessener Weise angekündigten und berechtigten Verlangens abhängig machen. Das vom Berufsgericht betonte Vertrauensverhältnis zwischen Rechtsanwalt und Klient verpflichtet den Rechtsanwalt nicht, auf berechtigte Forderungen zu verzichten.

Da es aus diesen Gründen schon an dem objektiven Tatbestand einer widerrechtlichen Drohung fehlt, kann offen bleiben, ob die subjektiven Voraussetzungen eines solchen Tatbestandes vorgelegen haben und ob der Beklagte die in § 124 BGB bestimmte Anfechtungsfrist gewahrt hat.

Das angefochtene Urteil hat daher aus den ihm gegebenen Gründen keinen Bestand. Eine Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils ist dem erk. Senat jedoch nicht möglich, weil die Angemessenheit der Höhe des Sonderhonorars bisher tatrichterlich nicht geprüft worden ist. Das Berufsgericht hatte dazu von seinem Rechtsstandpunkt aus keine Veranlassung. Aus dem landgerichtlichen Urteil ist nicht zu ersehen, ob sich das Landgericht mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Ein Gutachten des Vorstandes der zuständigen Rechtsanwaltskammer hat ihm nicht vorgelegen. Über die bei der Bemessung einer zusätzlichen Vergütung neben der Eigenart der anwaltlichen Tätigkeit im Vorprozess möglicherweise auch bedeutsamen persönlichen, insbesondere wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagte fehlen nähere Angaben. Die Sache war daher zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufsgericht zurückzuverweisen.