Anzeigepflicht des Mieters

Zur Frage der Anzeigepflicht des Mieters beim Auftreten eines Mangels der gemieteten Sache im Laufe der Mietzeit.

Zum Sachverhalt: Die Kläger mietete auf einem Grundstück der Beklagte Werkstätten und Hallen zum Betriebe eines Auslieferungslagers für Bücher. In dem schriftlichen Vertrag vom 28. 1. 1963 ist u.a. bestimmt (§ 15 Nr. 1): Schäden an und im Hause und in den Mieträumen sind dem Vermieter oder seinem Beauftragten sofort anzuzeigen. Für durch verspätete Anzeige verursachte weitere Schäden haftet der Mieter.

Weitere Gewerberäume auf dem Grundstück sind an einer Schreinerei vermietet. Die Beklagte selbst benutzt das Anwesen nicht.

In einem zur Kanalisation gehörenden in der Nähe der Grundstücksein- fahrt gelegenden Betonschacht ist ein Rückstauschieber eingebaut. In geschlossenem Zustand soll er bei Hochwasser im Rhein das Eindringen von Wasser aus der Kanalisation in die Gebäude auf dem Grundstück verhindern. Am 24. und 25. 2. 1970 wurde das Grundstück der Beklagte, als der Rhein Hochwasser führte, überschwemmt. Rundfunk und Presse hatten Hochwasserwarnungen verbreitet. Wasser drang damals in die Mieträume ein und beschädigte dort gelagerte Druckerzeugnisse. Der Rückstauschieber war verrostet und nicht zu schließen. In der vorausgegangenen Zeit hatte die Beklagte ihn mindestens zweimal, zuletzt 1968 auf einen Hinweis der Kläger, reparieren lassen.

Die Kläger beziffert den erlittenen Schaden mit 111005,05 DM. Sie nimmt die Beklagte auf Ersatzleistung in dieser Höhe in Anspruch und macht geltend, zur Überflutung der Lagerräume sei es allein dadurch gekommen, dass Wasser aus der Kananlisation ausgetreten sei.

Das Landgericht hat die Klageforderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Berufung und Revision der Beklagte hatten keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. 4. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, die Kläger habe auch ihre Anzeigepflicht (§ 15 Nr. 1 Mietvertrag, § 545 BGB) nicht verletzt. Die Beklagte habe nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass der Mieterin der Zustand des Rückstauschiebers bekannt gewesen sei. Besondere Nachforschungspflichten nach dem Vorhandensein von Mängeln habe die Kläger nicht gehabt. Nachdem der Schieber 1968 repariert worden sei, habe sie darauf vertrauen dürfen, dass er in Ordnung sei.

Das hält einer Nachprüfung stand.

a) Die Kläger hatte keine vertragliche Pflicht, nach Schäden an der Mietsache oder - zur gemeinsamen Benutzung mit anderen - mit vermieteten Grundstücksteilen außerhalb ihres unmittelbaren Macht- und Einflussbereichs zu forschen. Insbesondere hat auch § 15 Nr. 1 Mietvertrag keine derartige Nachforschungspflicht begründet. Eine Anzeigepflicht bestand deshalb nur, wenn die Kläger von Schäden Kenntnis hatte.

b) Die Revision kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Kläger habe in der Klageschrift und später zugestanden (§ 288 ZPO), Kenntnis von dem schadhaften Zustand des Schiebers und seiner Funktionsuntüchtigkeit gehabt zu haben. Die Vernehmung des Lagerverwalters der Kläger hat ergeben, dass der Sachvortrag in der Klageschrift und im Schriftsatz vom 7. 6. 1971 auf Vorgänge im Jahre 1964 und 1968 bezogen werden muss. Davon ist die Beklagte selbst nach der Zeugenvernehmung ausgegangen und hat daraus für ihren Standpunkt entsprechende Folgerungen gezogen. Wenn überhaupt ein Geständnis der Kläger angenommen werden kann, hat es mithin gemäß § 290 ZPO seine Wirksamkeit verloren. Das hat die Kläger spätestens in der Berufungsinstanz geltend gemacht.

c) Die Parteien haben nicht vorgetragen, und das Berufungsgericht hat demgemäß nicht festgestellt, ob und wann seitens der Kläger angesichts des steigenden Hochwassers der Versuch unternommen worden ist, den Rückstauschieber zu schließen, ob und wann sie also wegen des Scheiterns dieses Versuchs Kenntnis von der Unbrauchbarkeit des Schiebers erhielt. Doch auch das hilft der Beklagte nicht weiter.

aa) Mit Rücksicht darauf, dass die Beklagte das Grundstück selbst nicht nutzte, oblag es beiden Mietern, mithin auch der Kläger, bei drohender Rückstaugefahr den Schieber zu schließen. Es würde eine Überspannung der Pflichten der Vermieterin bedeuten, wollte man verlangen, dass sie derartige Sicherheitseinrichtungen selbst betätigt, obwohl sie das Grundstück nicht nutzt.

bb) Das Berufungsgericht hat jedoch darin recht, dass die Kläger auf das Funktionieren des Rückstauschiebers vertrauen durfte. Vergeblich rügt die Revision, es müsse in dieser Hinsicht für beide Parteien gleiches gelten, weshalb beide an der Funktionsunfähigkeit entweder schuldlos seien, oder aber beide Verschulden daran träfe. Sie übersieht, dass die Erhaltungs- und Instandhaltungspflicht für das Gerät allein die Beklagte traf.

cc) Durfte die Kläger aber auf die Brauchbarkeit des Rückstauschiebers vertrauen, genügte es, wenn sei den Versuch, ihn zu betätigen, unmittelbar vor einer drohenden Überflutung ihrer Lagerräume unternahm. Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts und der Sachvortrag der Beklagte enthalten keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass in diesem Zeitpunkt eine Schadensanzeige, selbst wenn sie telefonisch übermittelt worden wäre, noch die Möglichkeit zu wirksamen Abhilfemaßnahmen für die Beklagte eröffnet hätte.

Die Kläger war dagegen nicht verpflichtet, den Rückstauschieber zu einem früheren Zeitpunkt, etwa zu Beginn des Hochwassers am 21. 2. 1970, probeweise zu betätigen. Das würde im Ergebnis auf die Bejahung einer Nachforschungspflicht hinauslaufen, die die Kläger gerade nicht hatte.