Architektenwettbewerb

Der Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit geht auf Ersatz des positiven Interesses; d. h. der Klägerin ist so zu stellen, wie er ohne die Pflichtverletzung der Beklagten gestanden hätte. Davon geht im Ansatz auch das Berufsgericht aus, wenn es auch das positive Interesse auf der Grundlage einer positiven Forderungsverletzung zuspricht. Es schätzt den Wert, den die Beteiligung des Klägerin an dem Architektenwettbewerb hatte, und erblickt die mit der Teilnahme verbundenen wirtschaftlichen Vorteile u. a. in der Chance, einen Preis zu gewinnen und den anschließenden Auftrag zu erhalten, und in der Erhöhung des fachlichen Renommees sowie der Werbewirkung der Teilnahme beim interessierten Publikum, die zu Aufträgen führen könnten. Den auf der Vereitelung dieser Chancen und Auswirkungen beruhenden materiellen Schaden bemisst das Berufsgericht anhand der Aufwendungen des Klägers; die Zubilligung eines darüber hinausgehenden entgangenen Gewinns lehnt es ab. Von den tatsächlichen Aufwendungen des Klägerin setzt es ein Drittel als nicht ersatzfähig ab, weil mit einer Teilnahme an einem Architektenwettbewerb auch immaterielle Vorstellungen verbunden seien und insoweit ein Teil des Aufwandes des Architekten von vornherein immer als unrentabel abgebucht werde.

Diese Schadensberechnung des Berufsgerichts ist von Rechtsirrtum beeinflusst.

Dem Berufsgericht ist allerdings darin zuzustimmen, dass die oben genannten immateriellen Faktoren nach der gesetzlichen Wertung des § 253 BGB bei der Berechnung des dem Klägerin entstandenen Schadens ausgeklammert werden müssen.

Das Berufsgericht schätzt den entgangenen Gewinn des Klägers auf den Betrag seiner nutzlosen Aufwendungen.

Damit verknüpft es in rechtsfehlerhafter Weise zwei voneinander unabhängige und selbständige Methoden der Schadensermittlung. Die Annahme, dass der Klägerin im Falle der ihm rechtswidrig vorenthaltenen Zulassung zum Wettbewerb seine Unkosten hereingeholt hätte, entbehrt der tatsächlichen Grundlage. Das Berufsgericht stellt weder fest, dass der Klägerin, wenn er nicht ausgeschlossen worden wäre, einen Preis gewonnen hätte, noch dass ihm von dem Auslobenden oder einem Dritten ein Auftrag erteilt worden wäre. Es hebt vielmehr ausdrücklich auf den Wert der Beteiligung am Wettbewerb und der damit verbundenen Gewinnchancen und wirtschaftlich vorteilhaften Auswirkungen beim interessierten Publikum ab. Damit sind jedoch die Voraussetzungen der beweiserleichternden Vorschrift des § 252 S. 2 BGB nicht dargetan. Weder die Feststellungen des Berufsgericht noch der unstreitige Sachverhalt lassen den Schluss zu, dass der Klägerin mit Wahrscheinlichkeit die Verleihung eines Preises oder die Erteilung eines Auftrages seitens der Beklagten oder eines durch den Wettbewerb auf den Klägerin aufmerksam gemachten Dritten erwarten konnte. Bei dieser Sachlage entzieht sich auch die vom Kläger ganz allgemein und unsubstantiiert behauptete Werbewirkung einer Teilnahme am Wettbewerb der schadensrechtlichen Bewertung.

Das Berufsgericht wendet auch nicht die Vorschrift des § 252 S. 2 BGB an, sondern sieht die fehlgeschlagenen Aufwendungen des Klägers als Schaden an. Auch insoweit sind seine Erwägungen jedoch nicht frei von Rechtsirrtum. Allerdings ist im Bereich der vertraglichen Haftung für Ansprüche auf das positive Interesse in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Käufer oder Werkbesteller die geleistete Zahlung sowie die mit dem Vertragsschluss verbundenen Auslagen als Mindestschaden berechnen dürfen. Es braucht hier nicht entschieden zu werden, ob sich dieser für die Vertragshaftung entwickelte Grundsatz überhaupt auf einseitige Rechtsgeschäfte - darunter fällt das Preisausschreiben als Unterfall der Auslobung - übertragen lässt. Immerhin stellt die erwähnte Rechtsprechung auf den - für das einseitige Rechtsgeschäft nicht zutreffenden - Gedanken des synallagmatischen Zusammenhangs von Leistung und Gegenleistung ab. Jedenfalls bei der vorliegenden Fallgestaltung können die im Rahmen eines Preisausschreibens erbrachten Aufwendungen für eine später zu Unrecht ausgeschlossene Arbeit nicht unter dem Gesichtspunkt des Frustrationsschadens ersetzt verlangt werden. Ob etwas anderes gilt, wenn die Aufwendungen z. B. durch unrichtige oder unvollständige Ausschreibungsbedingungen veranlasst wurden, braucht nicht entschieden zu werden, da ein derartiger, Fall hier nicht gegeben ist. Im Streitfall ist kein Raum für die bei einem gegenseitigen Vertrag sachgerechte Erwägung, dass sich die beiderseitigen Leistungen nach dem Parteiwillen als gleichwertig gegenüberstehen. Ebenso wenig trägt hier der in den zitierten Entscheidungen für die dort zu beurteilenden Rechtsgeschäfte angeführte Grund, es bestehe eine Rentabilitätsvermutung in dem Sinne, dass der Geschädigte seine Aufwendungen durch Vorteile, die er aus der Durchführung des gescheiterten Geschäfts gezogen hätte, wieder eingebracht haben würde. Das Berufsgericht verkennt bei seiner gegenteiligen Annahme, dass der Klägerin mit der Einreichung einer Arbeit für den Wettbewerb keinen Anspruch auf einen der ausgesetzten 4 Preise und 2 Ankäufe, sondern nur eine entsprechende Chance, wie sie auch allen anderen 42 Bewerbern eröffnet wurde, erlangt hat. Daher kann von einer Rentabilitätsvermutung im vorliegenden Falle keine Rede sein. Das gilt umso mehr, als der 1. Preis nur mit 22000 DM dotiert war und die Aufwendungen des Klägers nach seiner Behauptung 82697,88 DM betrugen. Anders als bei einem Vertrag, bei dem die Parteien beiderseitige Leistungen aushandeln, die sie als gleichwertig ansehen und sodann unter diesem Blickwinkel Aufwendungen erbringen, hat der Klägerin Kosten für eine bloße Chance aufgewendet, ohne dass er einen rechtsgeschäftlich begründeten Anspruch auf eine Gegenleistung besaß. Der Klägerin konnte also anders als ein Käufer oder Werkbesteller nicht davon ausgehen, dass sich seine Aufwendungen als rentabel erweisen würden; er musste schon, als ihm die Unkosten entstanden, damit rechnen, dass sich seine Bewerbung mit ihren hohen Investitionen als Verlustgeschäft herausstellen werde.

Dem Klägerin steht jedoch der Nachweis offen, dass er bei Zulassung zum Architektenwettbewerb einen der ausgesetzten Preise errungen hätte oder bei einem Ankauf berücksichtigt worden und ihm von der Beklagten ein Auftrag erteilt worden wäre. Eine Beweiserhebung hierüber stellt keine gegen § 661 II 2 BGB verstoßende Nachprüfung der Verbindlichkeit der Sachentscheidung des Preisgerichts dar. Dieses hat die Arbeit des Klägers nicht inhaltlich beurteilt; der dem Preisgericht unterlaufene Verfahrensfehler unterliegt ohnehin der Nachprüfung. Auch das Bedenken, dass hier im Wege einer hypothetischen Inzidentprüfung gewissermaßen ein neues Preisausschreiben durchgeführt würde, greift nicht durch. Die Frage der Preiswürdigkeit der Arbeit des Klägerin im Vergleich zu den anderen Entwürfen ist der Beantwortung durch einen Sachverständigen anhand sachbezogener Kriterien zugänglich; es geht nicht - wie etwa bei einem Gesangs- oder Instrumentalwettbewerb - um eine nicht mehr unter denselben Voraussetzungen nachvollziehbare Bewertung. Bei dem hier ausgeschriebenen Wettbewerb standen auch nicht subjektive künstlerische oder ästhetische Beurteilungsmomente derart im Vordergrund, dass die Vergleichbarkeit der Leistungen aller Teilnehmer nicht mehr gewährleistet wäre. Der Senat hat z. B. schon den hypothetischen Nachvollzug einer Wahl im Wege einer Beweisaufnahme für erforderlich und sachdienlich erachtet.

Soweit der Klägerin für entgangene Aufträge Dritter und die vereitelte Werbewirkung in der Öffentlichkeit Schadensersatz verlangt, kann schon zweifelhaft sein, ob derartige Schäden noch in den sachlichen Schutzbereich der Ersatznorm fallen. Ersatzansprüche des Klägerin scheiden insoweit jedenfalls deshalb aus, weil er solche Schäden aus entgangenen Drittaufträgen und vereitelter Werbewirkung nicht substantiiert dargelegt hat, und zwar auch nicht für den Fall, dass ihm ein Preis verliehen und von der Beklagten ein Auftrag erteilt worden wäre. Es spricht auch weder eine tatsächliche Vermutung noch ein Erfahrungssatz für derartige Schäden.

Dem Klägerin würden auch keine weitergehenden Ansprüche zustehen, wenn er aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung ersatzberechtigt und hier jeder Schaden ohne Rücksicht auf die Unterscheidung zwischen positivem und negativem Interesse zu ersetzen wäre. Zwar umfasst ein aus Vertragsverletzung abgeleiteter Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens auch nutzlose Aufwendungen. Der Klägerin kann aber nicht beanspruchen, besser gestellt zu werden, als er bei ordnungsgemäßer Zulassung zu dem Wettbewerb gestanden hätte. Denn er begründet seinen Schaden gerade damit, dass ihm die Teilnahme zu Unrecht verwehrt worden sei. Im Falle der Teilnahme hätte er aber bestenfalls den 1. Preis in Höhe von 22000 DM und einen Anschlussauftrag der Beklagten erhalten. Mehr kann er auch als Schadensersatz nicht beanspruchen. Seine Aufwendungen können sich unter Schadensersatzgesichtspunkten nicht als rentabler darstellen als bei fehlerfreier Abwicklung des Wettbewerbs. Zudem lag in dem Zeitpunkt, als der Klägerin seine Aufwendungen erbrachte, noch kein der Beklagten zurechenbarer Verstoß gegen ihre Pflichten, die durch die Ausschreibung des Wettbewerbs begründet wurden, vor. Zwar ist das negative Interesse nicht allgemein, sondern nur in bestimmten Fällen nach oben auf das positive Interesse begrenzt. Diese Obergrenze gilt nicht für alle Fälle des negativen Interesses, wohl aber auch außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle für solche mit gleicher Interessenlage. Durch den Ersatz des Vertrauensschadens dürfen aber die Vertragsrisiken nicht anders verteilt werden. Das wäre aber der Fall, wenn man dem Kläger über die Preissumme und den Gewinn aus einem Anschlussauftrag der Beklagten hinaus Ersatzansprüche zubilligen wollte.