Auftrag nicht erhalten

Zur Frage, ob die Kosten eines Angebots zu vergüten sind, wenn der Anbieter den Auftrag nicht erhalten hat.

Zum Sachverhalt: Mit formularmäßigem Schreiben vom 12. 12. 1975 bat die Beklagte die Kläger um Angebote für Fußbodenheizungen in drei von ihr betreuten Bauvorhaben. Dem Schreiben fügte sie lediglich die Architektenpläne bei. Die Kläger bot ihre Leistungen für insgesamt 511 000 DM an. In diesem Betrag sind Projektionskosten in Höhe von 16 000 DM enthalten. Die Beklagte entschied sich jedoch für eine konventionelle Heizung. Die Kläger verlangt jetzt diese Projektionskosten von der Beklagte Sie hat behauptet, sie habe eine Fachkraft vier Wochen lang ausschließlich mit der Projektion und der Ausarbeitung der Kostenangebote beschäftigt. Die für das Vorlagesystem erforderlichen Berechnungen hätten von einem anderen Unternehmer ausgeführt werden müssen.

LG und KG haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. 1. Das Berufungsgericht nimmt zutreffend an, dass ein Anspruch auf Vergütung nach § 632 1 BGB hier nur in Betracht kommt, sofern die Leistungen, welche die Kläger zur Vorbereitung ihrer Angebote erbracht hat, Gegenstand einer vertraglich eingegangenen Verpflichtung waren (Senat, Schäfer-Finnern Z 3.00 Bl. 188 ff.; Oberlandesgericht Hamm, BauR 1975, 418). Auch die Revision geht ersichtlich davon aus.

2. Eine dahingehende schuldrechtliche Bindung verneint das Berufungsgericht Verlange der Besteller mit seiner Aufforderung zur Abgabe eines Angebots auch die Ausführung der dazu notwendigen Vorarbeiten, so liege darin nur dann ein eigenes Angebot des Bestellers zum Abschluss eines Vertrages über diese Vorarbeiten, wenn deren Ergebnisse erkennbar nicht oder nicht ausschließlich für den Wettbewerb benötigt würden, der Besteller also erkennbar eine selbständige Leistung verwerten wolle. Das sei hier nicht der Fall: Das Schreiben vom 12. 12. 1975 lasse nicht erkennen, dass die Beklagte mit der Einholung der Angebote etwas anderes als die Förderung des Wettbewerbs bezweckt habe. Die Behauptung der Kläger, die Beklagte habe sich allgemeine Kenntnisse über Fußbodenheizungen verschaffen wollen, sei unbeachtlich, weil diese Absicht jedenfalls nicht zutage getreten sei, und im übrigen auch nicht substantiiert. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.

a) Die Revision meint, für die Frage, ob die zur Vorbereitung eines Angebots notwendigen Leistungen auch ohne ausdrückliche Vereinbarung Gegenstand eines selbständigen Vertrages geworden sind, sei entscheidend, welcher Aufwand nach allgemeiner Übung in diesem Zusammenhang vom Anbieter erwartet werden dürfe. Hier habe die Beklagte ein Leistungsverzeichnis, in das die Kläger nur ihre Preise hätte*einzusetzen brauchen, nicht zur Verfügung gestellt. Ohne die kostspielige Projektion der Heizung hätte das Angebot nicht fertiggestellt werden können. Dass die Beklagte ihr allein aus Gründen des Wettbewerbs eine Investition auf gut Glück in Höhe der Klageforderung zumuten wollte, habe die Kläger nicht annehmen können. Sie habe deshalb die Aufforderung zur Abgabe der Angebote über die Lieferung der Fußbodenheizungen auch als Angebot zum Abschluss eines Vertrages verstehen müssen, durch den die Beklagte sich einen Überblick über Art und Kosten einer Fußbodenheizung verschaffen wollte.

b) Mit diesen Ausführungen stützt sich die Revision auf eine auch im Schrifttum vertretene Meinung. So gehen Sturhan (BB 1974, 1552f.) und- ihm folgend - Honig (BB 1975, 447f.) zwar davon aus, dass eine Vergütung nach § 632 1 BGB nur dann verlangt werden kann, wenn zuvor ein Werkvertrag zustande gekommen ist. Sie meinen jedoch, nur das Ausfüllen eines Angebotblanketts sei grundsätzlich unentgeltlich; erfordere das Angebot dagegen besondere Aufwendungen wie Entwürfe, Pläne, Zeichnungen, statische Berechnungen, Massenberechnungen oder die Ausarbeitung anderer Unterlagen, so könne der Auftraggeber nicht erwarten, dass diese Leistungen nicht zu vergüten seien. Behaupte der Auftraggeber, er habe den Umständen nach annehmen können, dass die Leistungen unentgeltlich seien, so habe er jene Umstände zu beweisen. Korbion (Ingenstau-Korbion, VOB/A, 8. Aufl., § 20 Rdnm. 16f.) und Heiermann (Heiermann-RiedlSchwaab, VOB/A, 2. Aufl., § 20 Rdnrn. 19 bis 21) wollen zwar auf den Einzelfall abstellen, scheinen aber diese Ansicht zumindest dann zu billigen, wenn für die Vergabe der Bauleistungen die VOB maßgeblich ist und der Auftraggeber die in § 20 Nr. 2 I 1 VOB/A (1973) vorgesehene angemessene Entschädigung in der Ausschreibung nicht festgesetzt hat.

c) Dagegen wird eingewendet, dass die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots in der Regel nur als Anregung zur Beteiligung am Wettbewerb zu verstehen sei (Einfeld, BB 1967, 149). Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass dem Auffordernden der Wille zum Abschluss eines sich bereits auf das Angebot beziehenden Werkvertrages fehle. Das gelte auch dann, wenn zur Vorbereitung des Angebots noch umfangreiche Aufwendungen des Anbieters nötig seien (Werner-Pastor, Der Bauprozess, 3. Aufl., Rdnr. 496; Glanzmann, in: RGRK, 12. Aufl., § 632 Rdnr. 8; Palandt-Thomas, BGB, 38. Aufl., § 632 Anm. 2). Auf denselben Standpunkt hat sich das Oberlandesgericht Hamm (BauR 1975, 418) in einem Fall gestellt, der dem vorliegenden vergleichbar ist. Auch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist diese Auffassung bereits - wenngleich nur beiläufig - vertreten worden. So hat der Senat in seinem schon erwähnten Urteil vom 18. 1. 1971 (SchäferFinnern Z 3.00 Bl. 188f.) den auf § 632 BGB gestützten Honoraranspruch eines Architekten als unbegründet angesehen, weil der Kläger seine Planungsleistungen in der Hoffnung auf einen Auftrag erbracht hatte, und sodann ausgeführt, es sei im Grundsatz nicht anders, als wenn ein Unternehmer auf eine Ausschreibung des Bauherrn hin ein ins einzelne gehendes Angebot mache, was bei großen Bauvorhaben mit erheblichen Mühen und Kosten verbunden zu sein pflege. Erhalte er dann den Auftrag nicht, so könne er in der Regel nicht etwa nach § 632 BGB eine Vergütung für sein Angebot mit der Begründung fordern, der Bauherr habe ihm mit der Ausschreibung einen Auftrag zur Erstellung des Angebots als eines besonderen Werks erteilt.

d) Daran hält der Senat fest.

aa) Ob die Beteiligten ein Angebot auch ohne ausdrückliche Vereinbarung zum Gegenstand eines besonderen Vertrages gemacht haben, hängt, wie schon das RG in ständiger Rechtsprechung (Warn 1923/24 Nr. 136; HRR 1930 Nr. 105 - jeweils m. Nachw.) betont hat, von den Umständen des Einzelfalles ab.

bb) Die Würdigung dieser Umstände obliegt dem Tatrichter. Entgegen der Ansicht der Revision haben dabei die Kosten, die dem Anbieter bei der Ausarbeitung seines Angebots entstehen, außer Betracht zu bleiben. Auf den Umfang dieser Aufwendungen kommt es nach § 6321 BGB erst an, wenn feststeht, dass ein Werkvertrag über die Abgabe eines Angebots zustande gekommen ist, und es sich nur noch darum handelt, ob das vertraglich geschuldete Angebot den Umständen nach lediglich gegen eine Vergütung zu erwarten war (Glanzmann, § 632 Rdnr. 9). Das gilt auch dort, wo sich die Vergabe der Bauleistungen nach der VOB richtet und der Auftraggeber in der Ausschreibung bzw. bei der freihändigen Vergabe eine Entschädigung außergewöhnlicher Angebotskosten entgegen § 20 Nr. 2 VOB/A (1973) nicht festgesetzt hat.

cc) Bereits nach der Rechtsprechung des RG schuldete, wer erkennbar lediglich zum Zwecke des Wettbewerbs zur Einreichung von Entwürfen für ein Bauvorhaben aufgefordert hatte, in der Regel keine Vergütung, falls es zur Ausführung des Werks aufgrund des angebotenen Entwurfs nicht kam, und zwar selbst dann nicht, wenn dem Entwurf außer der Zeichnung und dem Kostenanschlag noch eine Rentabilitätsberechnung beigefügt worden war (HRR 1927 Nr. 15). Davon ist auch hier auszugehen. Wer sich in einem Wettbewerb um einen Auftrag für ein Bauvorhaben bemüht, muss nicht nur damit rechnen, dass er bei der Erteilung des Zuschlags unberücksichtigt bleibt. Er weiß außerdem oder muss wissen, dass der Veranstalter des Wettbewerbs, der eine Entschädigung für eingereichte Angebote in der Ausschreibung nicht ausdrücklich festgesetzt hat, dazu im Allgemeinen auch nicht bereit ist. Darauf muss er sich einstellen. Das ist auch interessengerecht. Nur der Anbieter vermag hinreichend zu beurteilen, ob der zur Abgabe seines Angebots erforderliche Aufwand das Risiko seiner Beteiligung an dem Wettbewerb lohnt. Glaubt er, diesen Aufwand nicht wagen zu können, ist er aber gleichwohl an dem Auftrag interessiert, so muss er entweder versuchen, mit dem Veranstalter des Wettbewerbs eine Einigung über die Kosten des Angebots herbeizuführen, oder aber vom Angebot absehen und dieses den Konkurrenten überlassen, die zur Übernahme jenes Risikos bereit geblieben sind. Wäre dagegen derjenige, der zur Abgabe von Angeboten aufgefordert hat, von vornherein zur Erstattung der hier in Rede stehenden Aufwendungen verpflichtet, müsste er häufig auf jeden Wettbewerb verzichten: Er hätte dann mit für ihn nicht mehr überschaubaren Kosten zu rechnen, weil er jedenfalls bei öffentlicher Ausschreibung gewöhnlich zunächst weder die Zahl der Anbieter noch den Umfang ihrer - möglicherweise auch noch unterschiedlichen - Vorarbeiten kennt.

dd) Wer zur Vorbereitung oder Durchführung eines Bauvorhabens zur Abgabe von Angeboten auffordert, verfolgt damit nach der Lebenserfahrung dann wettbewerbliche Zwecke, wenn er eine öffentliche Ausschreibung unterlässt und sich auf die freihändige Vergabe beschränkt. Ausschlaggebend ist nur, dass das von ihm angeforderte Angebot die Entscheidung ermöglicht, ob der Anbieter bei der Vergabe des Auftrags berücksichtigt werden kann. Ist das der Fall, so kommt es nicht darauf an, ob alle an dem Auftrag Interessierten das gleiche Angebotsblankett auszufüllen haben. Wettbewerb findet auch dort statt, wo es dem Bieter freisteht, eigene Konstruktionsvorstellungen vorzuschlagen.

II. Auch die an die Kläger allein ergangene Aufforderung zum Angebot einer Fußbodenheizung - statt einer konventionellen Heizung - steht daher der Feststellung nicht entgegen, dass das Angebot erkennbar zum Zwecke des Wettbewerbs eingeholt worden ist. Die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte das Angebot der Klägernicht zu vergüten habe, ist danach nicht zu beanstanden. Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen sowie aus ungerechtfertigter Bereicherung werden vom Berufungsgericht gleichfalls rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision bringt insoweit auch nichts vor.