Ausgleichungspflicht

Zur Ausgleichungspflicht der Mitbürgen.

Zum Sachverhalt: Die Kläger war bis 1980 verheiratet mit dem Beklagten zu 1, dem Sohne der Beklagte zu 2 und 3. Sie war Eigentümerin eines Reihenhauses, das als Familienheim diente, ihr Ehemann Inhaber eines Gardinen- und Dekorationsgeschäftes, in dem auch sie tätig war. Durch Ehevertrag war Gütertrennung vereinbart worden. Am 30. 6. 1978 nahm der Ehemann bei einer Bank Darlehen in Höhe von insgesamt 200000 DM auf. Die Kläger übernahm für diese Verbindlichkeit einschließlich Überziehung, Zinsen und Kosten die selbstschuldnerische Bürgschaft; seine Eltern verbürgten sich für 75000 DM nebst Zinsen und Kosten bis zum 30. 6. 1983. Die Gläubigerin nahm aus der Bürgschaft die Kläger gerichtlich in Anspruch. Diese verkündete den Beklagten zu 2 und 3 den Streit, wurde rechtskräftig zur Zahlung von 214063,58 DM nebst 9,75% Zinsen aus 152740,28 DM und 12,35% Zinsen aus 61323,30 DM seit dem 1. 1. 1980 verurteilt und befriedigte die Gläubigerin. Mit der vorliegenden Klage nahm die Kläger die Beklagte zu 1 bis 3 als Gesamtschuldner auf Zahlung von 75000 DM nebst 12;35% Zinsen aus 61323,30 DM und 11,75% Zinsen aus 13676,70 DM seit dem 1. 1. 1980, den Beklagten zu 1 auf Zahlung weiter 144288,67 DM nebst Zinsen in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage gegen den Beklagten zu 1 stattgegeben, die Klagen gegen die Beklagte zu 2 und 3 hat es abgewiesen. Mit der Berufung beantragte die Kläger deren Verurteilung zur Zahlung von 50000 DM nebst 12,35% Zinsen seit dem 1. 1. 1980 gesamtschuldnerisch neben dem Beklagten zu 1. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Kläger durch Teilurteil zurückgewiesen. Die Revision, mit der die Kläger die Verurteilung der Beklagte zu 2 und 3 (im folgenden: die Beklagte) zur Zahlung von je 25000 DM nebst 12,35% Zinsen aus 20441,10 DM und 9,75% Zinsen auf 4558,90 DM seit dem 1. 1. 1980 verlangt, hatte Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Die Kläger und die Beklagte hatten sich in Höhe von 75000 DM für dieselbe Verbindlichkeit des Beklagten zu 1 verbürgt. Deshalb hafteten sie als Mitbürgen der Gläubigerin insoweit als Gesamtschuldner (§ 769 BGB). Mit der Befriedigung der Gläubigerin ging deren Forderung gegen den Hauptschuldner auf die Kläger über (§ 774 I 1 BGB). Nach § 774 II BGB haften Mitbürgen einander nur nach § 426 BGB, sind also im Verhältnis zueinander zu gleichen Anteilen verpflichtet, soweit nicht ein anderes bestimmt ist (§ 426 I 1 BGB). Dass die Beklagte ihr gegenüber verpflichtet seien, mehr als ihren Pflichtanteil von einem Drittel der Bürgschaft zu tragen, macht die Kläger nicht mehr geltend. Ist sie berechtigt, von ihnen Ausgleichung zu verlangen, kann ihr gegen jeden der Beklagte allenfalls ein Anspruch auf Zahlung von 25000 DM nebst 12,35% Zinsen aus 20441,10 DM (= 61323,30 DM:3) und 9,75% Zinsen aus 4558,90 DM seit dem 1. 1. 1980 zustehen (vgl. BGHZ 6, 3 [25 ff. ] = LM § 278 BGB Nr. 8 [L] = NJW 1952, 1087). Davon geht die Kläger in der Revisionsinstanz aus.

2. Das Berufungsgericht verneint eine Ausgleichspflicht der Beklagte: Sie komme unter Mitbürgern nur in Betracht, soweit nicht ein anderes bestimmt sei. Die anderweitige Bestimmung, die derjenige darzulegen und zu beweisen habe, der sich auf sie berufe, bedürfe keiner ausdrücklichen Vereinbarung, sondern könne sich auch als stillschweigende Vereinbarung aus den Umständen und der besonderen Gestaltung des zwischen den Gesamtschuldnern bestehenden Verhältnisses ergeben. Ein Ausgleichsanspruch der Kläger sei hier als stillschweigend abbedungen anzunehmen. Die Unterschiedlichkeit der familiären Beziehungen der Kläger einerseits und der Beklagte andererseits zu dem Hauptschuldner möge für sich allein nicht geeignet sein, diese Annahme zu rechtfertigen. Augenfällig sei jedoch das unterschiedliche wirtschaftliche Interesse, das sie an der Darlehensgewährung an den Hauptschuldner genommen hätten. Das Eigeninteresse der Kläger an den Darlehen sei unübersehbar, unabhängig davon, ob sie - wie sie behaupte - ausschließlich für das Geschäft ihres Ehemannes oder - wie dieser behauptet habe - überwiegend zur Ablösung von Verbindlichkeiten aus der Errichtung ihres Hauses bestimmt gewesen seien. Das Geschäft habe die alleinige wirtschaftliche Grundlage der Ehegatten dargestellt. Ein Darlehen, das der Fortführung oder Erweiterung des Betriebes gedient habe, sei deshalb mittelbar auch der Klägerzugute gekommen. Durch ein Darlehen, das auf die Ablösung von Verbindlichkeiten aus der Errichtung ihres Hauses gerichtet gewesen sei, wäre sie sogar unmittelbar begünstigt worden. Ein eigenes wirtschaftliches Interesse der Beklagte an der Darlehensgewährung an ihren Sohn sei demgegenüber weder dargetan noch ersichtlich. Inwieweit zusätzlich der Umfang der Bürgschaftsverpflichtungen einen Rückschluss auf das unterschiedliche Interesse an der Darlehensgewährung zulasse, könne unter diesen Umständen dahinstehen.

3. Dagegen wendet sich die Revision mit Recht.

a) Die Kläger hat als Bürgin die Gläubigerin befriedigt. Deshalb kann sie von den Beklagten als ihren Mitbürgen Ausgleichung, im Zweifel nach Kopfteilen, verlangen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Davon geht. das Berufungsgericht zutreffend aus. Richtig ist auch seine Ansicht, dass eine von der Regelung des § 426 I 1 BGB abweichende Bestimmung der Ausgleichung auch stillschweigend getroffen werden (RGZ 117, 1 [4]; RG, JW 1913, 488 Nr. 9; BGHZ 88, 185 = LM vorstehend Nr. 14 = NJW 1983, 2442 = WM 1983, 928) oder sich aus der Natur der Sache (BGH, NJW 1963, 2067 = LM § 426 BGB Nr. 21; LM vorstehend Nr. 9) ergeben kann. Die Tatsache, dass im konkreten Fall etwas anderes als im Gesetz vorgesehen, zwischen nach § 426 BGB Ausgleichspflichtigen bestimmt ist, hat nach allgemeinen Beweislastregeln derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich darauf beruft (vgl. BGH, WM 1982, 186).

b) Die Revision rügt jedoch mit Recht als Verletzung von § 286 ZPO, dass das Berufungsgericht seine Ansicht, dass ein Ausgleichungsanspruch der IC1. gegen die Beklagte als stillschweigend abbedungen anzusehen sei, nicht durch Feststellung von Tatsachen für eine solche Willensäußerung (vgl. RG, JW 1913, 488 Nr. 9; BGH, LM vorstehend Nr. 9) oder auch nur für einen solchen Willen der Gesamtschuldner begründet hat.

Könnte die Kläger, als Bürgin für den Hauptschuldner in Anspruch genommen, nach dem Willen der Gesamtschuldner Ausgleichung von den Mitbürgen nicht verlangen, bedeutet dies, dass sie, falls einer der Mitbürgen für den Hauptschuldner in Anspruch genommen worden wäre, ihm zur vollen Ausgleichung verpflichtet wäre. Für die Annahme eines solchen Willens finden sich im Berufungsurteil keine tatsächlichen Feststellungen. Eine stillschweigende Vereinbarung liegt vor, wenn das Gewollte nicht unmittelbar in einer Erklärung seinen Ausdruck gefunden hat, der Vertragswille sich aber in bestimmten Handlungen der Vertragspartner schlüssig äußert. Das ist nur dann der Fall, wenn das Verhalten der Beteiligten eindeutig auf einen bestimmten Rechtsfolgewillen-schließen lässt. Nur mit der Interessenlage der Bürgen, auf die das Berufungsgericht allein abstellt, lässt sich die Annahme einer stillschweigenden Vereinbarung nicht rechtfertigen. Das Berufungsurteil bildet somit keine Grundlage für die Annahme, die Parteien seien übereinstimmend davon ausgegangen, dass ein Ausgleichungsanspruch der Kläger gegen die Beklagte ausgeschlossen sein sollte.

c) Fehlt eine auf den Ausschluss der Ausgleichungspflicht gehende ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung zwischen den Gesamtschuldnern, fragt es sich, ob sich ein solcher Ausschluss aus der Natur der Sache ergibt. Die Rechtsprechung hat solche Umstände etwa in der Stellung des Bürgen zur Gesellschaft gesehen, für deren Schuld er sich verbürgt hatte (vgl. BGH, NJW 1963, 2067 = LM § 426 BGB Nr. 21; LM vorstehend Nr. 9 m. w. Nachw.). So liegt der Fall hier nicht. Das Berufungsgericht lässt offen, ob die dem Hauptschuldner gewährten Darlehen ausschließlich für dessen Geschäft bestimmt gewesen sind. Für die Revisionsinstanz ist das zu unterstellen. Obgleich die Kläger auch in diesem Geschäft tätig war, flossen die Darlehen in der Substanz allein ihrem Ehemann zu, mit dem sie Gütertrennung vereinbart hatte. Mithin wurde sie, wie auch das Berufungsgericht meint, allenfalls mittelbar begünstigt. Selbst wenn die Beklagte, die sich für dieselbe Verbindlichkeit ihres Sohnes verbürgt hatten, überhaupt kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Darlehensgewährung gehabt haben sollten, bedingt das für sich allein weder einen Ausschluss des Ausgleichsrechtes der Kläger, wenn sie von der Gläubigerin zuerst als Bürgin in Anspruch genommen wurde, oder umgekehrt ihre Verpflichtung, den Mit- bürgen volle Ausgleichung zu leisten, wenn die Gläubigerin diese als erste in Anspruch nahm. Auch der Umstand, dass die Bürgschaften in verschiedener Höhe vereinbart wurden, bedingt für sich allein noch keine von der gesetzlichen abweichende Regelung der Ausgleichung.