Ausnahmetatbestände

Soweit die bisherigen Ausnahmetatbestände durch die neue Nr. 3 ergänzt worden sind, kann nunmehr auf die vorgezogene Bürgerbeteiligung auch verziehet werden, wenn die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer planerischer Grundlage erfolgt sind. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Gemeinde sog. informelle Planungen aufgestellt und dabei bereits die Bürger über die mit der Bauleitplanung beabsichtigten Ziele und Zwecke der Planung unterrichtet und mit den Bürgern eine Erörterung herbeigeführt hat. Die Vorschrift wird insoweit dem angestrebten Vereinfachungseffekt und damit aber auch einer Beschleunigung des Verfahrens gerecht. Aus kommunaler Sicht ist die Regelung begrüßenswert, weil sie zudem zu einer Entlastung der Verwaltung führt. Wenn der Gesetzgeber auch auf eine ausdrückliche Regelung solcher informeller Planungen verzichtet hat, weil er berücksichtigen wollte, dass den vielfältigen Praktiken durch gesetzliche Regelung nicht entsprochen werden kann, so hat er dennoch das Vorhandensein solcher informeller Planungen hier - ebenso wie an anderen Stellen - jedenfalls mittelbar berücksichtigt. Dass von einer erneuten einschließlich Darstellung und Erörterung abgesehen werden kann, ist von der ratio legis insoweit gerechtfertigt, als eine Beteiligung der Bürger mit faktischer Bindungswirkung in den jeweiligen Bereichen erfolgt ist und materiell die informellen Planungen bereits insoweit die Ziele und Zwecke der Bauleitplanung präjudiziert haben. Will die Gemeinde von dieser bereits vorhandenen anderen planerischen Grundlage bei der Bauleitplanung abweichen oder sind die Ziele und Zwecke der informellen Planungen inzwischen überholt, bedarf es einer erneuten Unterrichtung und Erörterung. Bei der anderen planerischen Grundlage muss es sich immerhin um eine Planung handeln, deren Ziele, wenn auch nur in jeweils einschließlich Bereichen, gleichfalls auf das Gemeindegebiet oder Teile hiervon und auf die Gesamtheit der bodenbezogenen gemeindlichen Aufgaben oder Teile hiervon bezogen sind. So können als Beispiele von Ziel- und Zweckaussagen u. a. in Betracht kommen etwa solche über die Funktion und Struktur der Gemeinde oder einzelner Teile als Industrieort, Fremdenverkehrsgebiet u. a., die Ausstattung der Gemeinde mit kulturellen oder sozialen Einrichtungen u. a., die Verkehrserschließung durch einen Generalverkehrsplan, Investitions- und Investitionsförderungsprogramme. Die Gemeinden sind, soweit Landesrecht nicht entgegensteht, da der Bundesgesetzgeber auf eine ausdrückliche Regelung der informellen Planung verzichtet hat, frei in der Entscheidung, ob sie informelle Pläne aufstellen und welchen Inhalt sie ihnen geben wollen. Letztere sind somit kein eigenes Instrument des BauGB. Sie müssen weder als Rechtsnorm noch als Verwaltungsakt ergehen. Unmittelbare, rechtlich überprüfbare Rechtswirkungen gegenüber Dritten entfalten sie ebenso wenig wie die Ziele i. S. von Abs. 1 Satz 1 mangels verfahrensmäßiger Garantien. Sie können insbesondere auch keine Träger öffentlicher Belange binden. Als andere planerische Grundlage kommen aber nur Planungen der Gemeinde in Betracht; darum ist Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 nur anwendbar, wenn solche vorhanden sind und eine Unterrichtung und Erörterung insoweit erfolgt ist. Informelle Planungen etwa eines Landkreises oder Pläne i. S. des ROG oder der Landesplanungsgesetze sind keine andere planerische Grundlage. Nachdem der Gesetzgeber die Notwendigkeit der öffentlichen Unterrichtung im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung gegenüber dem RegE durch dessen Ergänzung klarstellend besonders herausgestellt hat, muss auch die Unterrichtung auf anderer planerischer Grundlage öffentlich erfolgt sein. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Öffentlichkeit darf hier vom Sinnzusammenhang her wegen seiner Bedeutung für einen umfassenden Meinungs- und Willensbildungsprozeß nicht einschränkend verstanden werden. Es muss nach der ratio legis jegliche Unterrichtung und somit auch die auf anderer planerischer Grundlage von der Öffentlichkeit umschlossen sein. Informelle Planungen z. B. Wohnungsbauprogramme, die nur einem beschränkten Kreis von Interessierten mitgeteilt worden sind, und mit ihm erörtert werden, genügen nicht, um von der Unterrichtung und Erörterung i. S. von Abs. 1 Satz 1 absehen zu können. Mit rechtsstaatlichen Grundsätzen und dem Sinn und Zweck der Vorschrift unvereinbar wäre es im übrigen, wollte man als Äquivalent für die nach Abs. 1 Satz 1 erforderliche umfassende Unterrichtung und Erörterung auch eine solche über informelle Planungen ansehen, die vom Gegenstand oder Plangebiet her nur begrenzte Aussagen enthält und damit nicht dem umfassenden Informationsbedarf gerecht wird, den das eigentliche Planungskonzept mit ev. darüber hinausgehendem Inhalt oder Plangebiet verlangt. Informelle Planungen können darum nur Berücksichtigung finden und es kann von der zwingend vorgeschriebenen Unterrichtung und einer Gelegenheit zur Erörterung nur abgesehen werden, soweit - die Formulierung wenn kann zu Missverständnissen Anlass geben - Unterrichtung und Erörterung auf anderer planerischer Grundlage einer Unterrichtung und Erörterung i. S. von Abs. 1 Satz 1 in ihrer Zielrichtung entsprechen und insoweit bereits zuvor erfolgt sind. Soweit das nur teilweise der Fall ist, muss eine Unterrichtung i. S. von Abs. 1 über die allgemeinen Ziele und Zwecke im übrigen noch nachgeholt werden.