Ausschluss

Zur Frage, ob ein Vereinsmitglied wegen des vereinswidrigen Verhaltens eines Dritten, dessen es sich zulässigerweise bei einer Vereinsveranstaltung bedient, ausgeschlossen werden kann, wenn der Satzung nicht zu entnehmen ist, dass ihm das Verhalten des Dritten zugerechnet werden darf.

Ein Sportverein darf in der Satzung den Ausschluss eines Mitgliedes unabhängig von einem Verschulden für den Fall vorsehen, dass es ihm und seinen Mitgliedern unzumutbar ist, mit ihm die Sportkameradschaft aufrechtzuerhalten.

Ein sich auf eine solche Bestimmung stützender Ausschluss eines Mitgliedes ist wegen offenbarer Unbilligkeit unwirksam, wenn er allein darauf beruht, dass Angehörige des Mitgliedes in erheblichem Umfang gegen die Vereinsverordnung verstoßenhaben.

Der Beklagten Verband hat die Kläger, die mit ihrem Beitritt zum Taubenverein in P. auch die Mitgliedschaft beim Beklagten erworben hatte, durch Beschlüsse des Verbandsehrengerichts vom 16. 9. 1967 und des Präsidiums als Einspruchsinstanz vom 29. 5. 1968 aus dem Verband ausgeschlossen.

Dem vereinsrechtlichen Verfahren lagen Vorgänge bei einem Wettflug mit Brieftauben zugrunde, den die Reisevereinigung P. ein Zusammenschluss verbandsangehöriger Vereine, am 23. 7. 1966 veranstaltet hatte. Hierfür hatten auch die Kläger, ihr Vater, ihr Ehemann und ihre Schwester Tauben gemeldet. Im Laufe des Wettbewerbs wurde festgestellt, dass einige Mitglieder, darunter jene 3 Angehörigen der Kläger, durch unerlaubte Verwendung von Taubenringen und unzulässige Auswechslung der zum Einsatz gemeldeten mit anderen Tauben versucht hatten, die Registrierung der Flugzeiten zu manipulieren und damit die Wettkampfergebnisse zu ihren Gunsten zu verfälschen. Das war auch mit sieben von dreizehn der angemeldeten Tauben der Kläger geschehen. Die Kläger hatte sich aber selbst am Wettbewerb nicht beteiligt, sondern ihre Tauben von ihrem Vater einsetzen lassen. Vater und Schwester der Kläger traten aus dem Verband aus, der Ehemann der Kläger wurde ausgeschlossen.

Die Ausschließung der Kläger haben das Verbandsehrengericht und das Präsidium auf § 2 Abs. I Nr. 1, 2c und 4 der Verbandsehrengerichtsordnung, die Satzungsbestandteil ist, gestützt. Diese Bestimmungen lauten:

Ein Verbandsmitglied kann bestraft werden, wenn es

1. gegen die Sportdisziplin verstößt oder Verstöße gegen die Sportdisziplin duldet,

2. das sportliche Zusammenleben der Mitglieder in den Vereinen, Reisevereinigungen, sowie im Verbande verletzt, gefährdet oder auf sonstige Weise belastet, insbesondere durch strafbare Handlungen oder auf sonstige Weise es unzumutbar erscheinen lässt, die Sportskameradschaft zu ihm aufrechtzuerhalten,

3. den Satzungen, sowie satzungsmäßigen Entscheidungen, Anordnungen, Weisungen oder dergleichen mehr des Verbandes... gröblich zuwiderhandelt....

Nach § 3 Abs. I VE GO ist als Strafe für Vereinsmitglieder unter anderem der Ausschluss vorgesehen.

Die Kläger hält den Ausschluss für unwirksam. Sie hat beantragt festzustellen, dass sie noch Mitglied des Beklagten ist. Landgericht und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Die vom Oberlandesgericht zugelassene Rev. der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Vereinsstra£enbeschlüsse sind nach der ständigen Rechtsprechung des BGH unter anderem daraufhin nachzuprüfen, ob sie in der Satzung eine Grundlage haben und, wenn das der Fall ist, ob die Strafe nach den Umständen offenbar unbillig ist. Die Ausschließungsbeschlüsse des Beklagten sind teils aus dem einen, teils aus dem anderen Grunde unwirksam. Das angef. Urteil hält daher im Ergebnis den Angriffen der Rev. stand.

Das Verbandsehrengericht, dessen Entscheidungsgründe sich das Präsidium im Einspruchsverfahren im wesentlichen zu eigen gemacht hat, begründet die Ausschließung der Kläger in erster Linie damit, dass sieben ihrer Tauben ausgewechselt worden seien. Das stellte in objektiver Hinsicht einen Tatbestand dar, der den Ausschluss rechtfertige. Es sei auch der subjektive Tatbestand erfüllt. Denn für das Verhalten ihres Vaters, der sie beim Einsatzgeschäft vertreten habe, müsse sie einstehen. Die Verhältnisse des Verbandes verlangten es, das Verhalten des Vertreters, dessen sich der Züchter bei der Durchführung von Preisflügen bediene, dem Verbandsmitglied selbst zuzurechnen. Das entspreche auch der Satzung, weil diese ein Verschulden des Mitglieds nicht voraussetze..

Danach ist der Kläger nicht vorgeworfen worden, persönlich einen Verstoß i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 2 c und Nr. 4 VEGO begangen zu haben. Die Beschlüsse enthalten auch keine Feststellung, nach der sie die Verstöße ihres Vaters unterstützt, geduldet oder vorher davon etwas gewusst hätte, ihn hätte kontrollieren müssen oder Grund gehabt hätte, ihn mit dem Einsatz ihrer Tauben nicht zu beauftragen. Wegen einer eigenen Handlung oder Unterlassung, die tatbestandsmäßig i. S. jener Satzungsbestimmungen gewesen wäre, hat der Beklagten die Kläger daher nicht ausgeschlossen. Infolgedessen stellt sich insoweit gar nicht die vom Beklagten bejahte und vom Berufungsgericht verneinte Frage, ob die Satzung des Beklagten auch nicht verschuldet eigene Handlungen oder Unterlassungen eines Mitglieds unter Strafe stellt und - wie hinzuzufügen ist inwieweit eine Vereinssatzung derartiges überhaupt rechtswirksam bestimmen könnte. Es kommt vielmehr darauf an, ob die Satzung des Beklagten eine Bestimmung enthält, nach der einem Mitglied das zu missbilligende Verhalten eines Vertreters, dessen er sich zulässigerweise bei einer Vereinsveranstaltung bedient, in dem Sinne zuzurechnen, ist, dass es mit einer Vereinsstrafe belegt werden kann. Das ist nicht der Fall. Die Satzung des Beklagten enthält darüber weder ausdrücklich etwas, noch könnte sie in vertretbarer Weise dahin ausgelegt werden. § 7 Abs. 1 Satz 6 der Preisflugbestimmungen, nach der ein Züchter für Angaben in den Einsatzlisten persönlich haftet, hat insoweit keine Bedeutung, weil es sich hierbei um keine Ergänzung der in der Ehrengerichtsordnung niedergelegten satzungsmäßigen Strafvorschriften, sondern um eine bloße Wettbewerbsbestimmung handelt. Es mag Vereine geben, bei denen sich aus dem Vereinszweck, der Zusammenhang seiner Mitglieder und der Art der in Betracht kommenden Verstöße ohne weiteres ergibt, dass sie in der Lage sein müssen, ihre Mitglieder auch für bestimmte vereinswidrige Verhaltensweisen ihrer Vertreter oder sonstiger Dritter vereinsstrafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen. Bei einem Sportverein, bei dem - wie im vorliegenden Falle - die persönliche Ausübung der Mitgliedschaftsrechte durch die Mitglieder selbst ganz im Vordergrund des Vereinslebens steht, ist eine so weitgehende Strafbefugnis keineswegs selbstverständlich und daher allenfalls anzuerkennen, wenn die Satzung das zweifelsfrei bestimmt.

Die Ausschließung der Kläger hat daher keine satzungsmäßige Grundlage, soweit ihr der Verstoß ihres Vaters gegen die Sportdisziplin, dessen Verhalten als statfbare Handlung und dessen Zuwiderhandlung gegen satzungsmäßige Anordnungen zur Last gelegt worden sind.