Ausschlussgründe

Das Mitwirkungsverbot wirkt kraft Gesetzes. Ob ein Mandatsträger ausgeschlossen ist, richtet sich allein danach, ob die gesetzlichen Ausschlussgründe im konkreten Fall objektiv vorliegen. Das Vorliegen von Ausschlussgründen kann, soweit sie beachtlich sind, vor allem im Rahmen von Rechtsbehelfen geltend gemacht werden.

Der einzelne Mandatsträger selbst kann nicht über seine Befangenheit entscheiden. Nach den Vorschriften der meisten Gemeindeordnungen ist der Mandatsträger allerdings verpflichtet, der zuständigen Stelle die Umstände mitzuteilen, die einen Ausschluss rechtfertigen können. Verlässt ein Mandatsträger die Sitzung in der irrigen Meinung oder unter dem Vorwand, befangen zu sein, so führt dies allein nicht zur Rechtswidrigkeit eines in Abwesenheit gefassten Beschlusses der Vertretungskörperschaft.

Ob eine Interessenkollision vorliegt, entscheidet die Vertretungskörperschaft oder das nach dem Kommunalverfassungsrecht sonst zuständige Organ. Eine solche Entscheidung zur Frage des Ausschlusses sehen vor. Diese Entscheidung hat jedoch nur innerorganisatorische Bedeutung; sie wirkt nicht nach außen. Die Entscheidung der kommunalen Vertretungskörperschaft bzw. deren Fehlen ist - im Falle einer gerichtlichen Nachprüfung - für das Gericht nicht bindend. Entscheidet das zuständige Organ, dass der Mandatsträger mitwirken kann, obwohl ein Fall der Interessenkollision vorliegt, so ist ein unter seiner Mitwirkung zustande gekommener Beschluss trotzdem fehlerhaft. Trifft es keine Entscheidung, gleichgültig aus welchen Gründen, ist ein unter Mitwirkung des Ausgeschlossenen gefasster Beschluss ebenfalls fehlerhaft. Schließt es einen Mandatsträger dagegen zu Unrecht aus, so liegt ein Verfahrensfehler nach Landesrecht vor, der die Entscheidung in der Hauptsache infiziert. Das gleiche gilt in den Ländern, die keine ausdrückliche Regelung für diesen Fall getroffen haben. Infolge des unrechtmäßigen Ausschlusses können nämlich die Mehrheitsverhältnisse verändert worden sein. Die Entscheidung über den Ausschluss ist gegenüber dem betroffenen Mandatsträger ein Verwaltungsakt. Wendet sich ein Mandatsträger mit der Klage gegen den Beschluss der kommunalen Vertretungskörperschaft, mit dem er von der Mitwirkung ausgeschlossen ist, so handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist. Einem Mandatsträger steht indessen gegen die Mitwirkung eines anderen möglicherweise befangenen Mandatsträgers bei der Beratung und Entscheidung kein Klagerecht zu, weil er hierdurch regelmäßig nicht in seinen Rechten betroffen wird. Die Feststellung der persönlichen Beteiligung und Verweisung aus dem Sitzungssaal hat zwar mit dem Ende der Sitzung ihre Erledigung gefunden. Sie kann jedoch gleichwohl mit dem Antrag auf Feststellung ihrer Unzulässigkeit noch angefochten werden, wenn der betroffene Mandatsträger ein Feststellungsinteresse hat, z. B. wegen Gefahr der Wiederholung. Dass die Erledigung schon vor Klageerhebung eingetreten war, macht die Klageerhebung nicht unzulässig.

Reichweite des Mitwirkungsverbots - Das Vertretungsverbot erstreckt sich auf alle Mitwirkungshandlungen, die auf den Verlauf des Verfahrens oder auf das Ergebnis von Einfluß sein können. Es gilt nach den meisten Gemeindeordnungen sowohl für die Beratung als auch auf die Entscheidung in der betreffenden Angelegenheit. Beratung ist dabei das amtliche, dem Beschlussverfahren regelmäßig vorausgehende und in der Tagesordnung ausgewiesene Beratungsverfahren; Entscheidung ist die amtliche Teilhabe an der förmlichen Beschlussfassung.

Bei der Bebauungsplanung betrifft das Mitwirkungsverbot nicht nur den abschließenden Satzungsbeschluss, sondern alle nach dem BauGB vorgeschriebenen oder geregelten Verfahrensabschnitte; hierzu gehören der Au£stellungsbeschluss, der Auslegungsbeschluss sowie der Beschluss über Anregungen und Bedenken. Bereits in den dem Satzungsbeschluss vorangehenden Verfahrensabschnitten werden Weichenstellungen für das Ob und das Wie der Planung gestellt. Zwischen den einzelnen Verfahrensstufen bestehen Abhängigkeiten, die zumindest faktisch das Planungsergebnis beeinflussen. Nach der Auffassung des BaWüVGH, der sich das OVG RPf = NVwZ 1989, 674 = BauR 1989, 433) angeschlossen hat, ist nur die Mitwirkung am Satzungsbeschluss rechtlich von Bedeutung. Hier wird jedoch nicht deutlich genug zwischen der Reichweite des Mitwirkungsverbots selbst und den Rechtsfolgen im Falle seiner Verletzung unterschieden. Mit der Feststellung, dass das Mitwirkungsverbot auch die dem Satzungsbeschluss vorgelagerten Verfahrensstufen erfasst, ist noch nicht entschieden, wie sich ein Verstoß als Verfahrensfehler auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans auswirkt. Der Ausgeschlossene darf auch an meinungsbildenden oder entscheidungsvorbereitenden Besprechungen der Gemeinde im Vorfeld gesetzlich geregelter Verfahrensschritte nicht teilnehmen. So ist er von Gesprächen der Gemeinde mit Trägern öffentlicher Belange über den Vorentwurf des Bebauungsplans ausgeschlossen. Auch eine Mitwirkung als Protokollführer ist verboten. Die Entgegennahme der Beantwortung der Anfrage durch den Gemeindedirektor ist dagegen keine unzulässige Mitwirkung; sie dient lediglich der Informationsbeschaüung durch die Vertretungskörperschaft. Auch der Vortrag vor der Vertretungskörperschaft über den bisherigen Verlauf des Verfahrens gehört noch nicht zur Beratung. Während dieses Vortrages kann daher ein befangener Mandatsträger noch anwesend sein. Dagegen gehört die Darlegung der Ziele und Zwecke des Bebauungsplans als der für die Planung sprechenden Gesichtspunkte zur Beratung. Da der Übergang zur Beratung im Einzelfall flüssig sein kann, wird jedoch aus der Niederschrift über die Sitzung hervorgehen müssen, dass nach dem Vortrag des Werdegangs des bisherigen Verfahrens eine Zäsur gemacht und erst danach in Anwesenheit des befangenen Mandatsträgers mit der Beratung begonnen worden ist. Keine unzulässige Mitwirkung an der Beratung oder Entscheidung liegt vor, wenn der ausgeschlossene Mandatsträger aus dem Zuhörerraum heraus ihm gestellte Fragen beantwortet. Das Vertretungsverbot erstreckt sich auf alle vorbereitenden oder beschließenden Organe der Gemeinde. Es ist nicht auf die Beratung und Entscheidung in der Vertretungskörperschaft selbst beschränkt, sondern gilt auch für die Tätigkeit in den Ausschüssen und für Beratungen und Entscheidungen außerhalb dieser Gremien. Vom Mitwirkungsverbot wird dagegen die Beratung in den politischen Parteien der Gemeinde oder in den Ratsfraktionen nicht erfasst.

Für das Mitwirkungsverbot ist es ohne Bedeutung, unter welchem Tagesordnungspunkt die Beratung oder Beschlussfassung geführt wird. Es würde einem Etikettenschwindel Vorschub leisten, wenn die Frage der Befangenheit ausschlaggebend vom Tagesordnungspunkt abhinge. Der ausgeschlossene Mandatsträger kann sich bei Ausschußsitzungen durch einen anderen Mandatsträger vertreten lassen, sofern die GeschO die Vertretung zulässt.