Austausch- oder Ersatzland

Will die Gemeinde das zu erwerbende Grundstück als Austausch- oder Ersatzland verwenden, so ist die Ausübung des Vorkaufsrechts vom Gemeinwohl gedeckt, wenn der Erwerb die zügige Schaffung von Wohnraum mittelbar erleichtern soll. Die Gemeinde kann somit auch ein Grundstück erwerben, das sie benötigt, uni ein anderes, z. B. für den sozialen Wohnungsbau bestimmtes Grundstück eintauschen zu können. Ebenso ist das Gemeinwohl gegeben, wenn die Gemeinde das Grundstück als Ersatzland braucht, um ein anderes, für die Infrastruktur des künftigen Wohngebietes vorgesehenes Grundstück erwerben zu können. Ein reiner Vorratserwerb für das gemeindliche Grundstockvermögen widerspricht dagegen dem Gesetzeszweck und daher dem Wohl der Allgemeinheit. Die Gemeinde muss - unter dem Gesichtspunkt des Wohls der Allgemeinheit - ferner die Absicht haben, das Grundstück nach Schaffung der planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Bebauung alsbald im Rahmen der Veräußerungspflicht nach §89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB dem Wohnungsbau zuzuführen. § 89 Abs. 1 Satz 2 BauGB wird dabei eng auszulegen sein, soweit er der Gemeinde erlaubt, das Grundstück als Austausch- oder Ersatzland zu behalten. Letzteres gilt entsprechend dem das BauGB überlagernden Zweck des BauGB-Maßnahmengesetzes wohl nur, wenn die Gemeinde durch einen baldigen Tausch ein anderes Grundstück dem Wohnungsbau zuführen will. Aus § 3 Abs. 4 BauGB-MaßnahmenG ergibt sich, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch das Allgemeinwohl gerechtfertigt ist, wenn die Gemeinde das Grundstück einer Nutzung für sozialen Wohnungsbau oder der Wohnbebauung für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf zuführen will. Die durch die Novelle 1993 eingefügte Vorschrift nennt diesen Grund zwar nur für die Ausübung zugunsten eines anderen. Er gilt aber auch, wenn die Gemeinde das Vorkaufsrecht für sich ausübt, um das Grundstück selbst entsprechend zu bebauen oder für diesen Zweck an einen Dritten zu veräußern. Obwohl der genannte Verwendungszweck in der bis 1.5. 1993 geltenden Gesetzesfassung nicht erwähnt war, rechtfertigte er trotzdem die Ausübung des Vorkaufsrechts auf Grund der mit dem WoBauEr1G verfolgten Ziele. Zum Abwendungsrecht des Käufers. Ein eigener Beschluss des Gemeinderates ist zur Rechtfertigung des Allgemeinwohls regelmäßig nicht erforderlich. Ob unabhängig davon der Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechts als Verwaltungsakt der Beschlussfassung bedarf, betrifft § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB, den § 3 Abs. 2 Satz I BauGB-MaßnahmenG für entsprechend anwendbar erklärt.

Wohl der Allgemeinheit beim Vorkaufsrecht nach Abs. 1 Satz 1 und nach Satz 2. Für das Gemeinwohlerfordernis bei Ausübung des Vorkaufsrechts im Fall des Satzes 2 gelten die Ausführungen der Rn. 116 bis 123 entsprechend. Die Ausübung ist im übrigen erst zulässig, wenn der Flächennutzungsplanentwurf Planreife erlangt hat. Das Gleiche gilt für den Bebauungsplanentwurf im Fall des § 33. In allen Anwendungsfällen des Abs. 1 muss die Gemeinde die Absicht haben, das Grundstück alsbald einer Wohnbebauung zuzuführen. Zur Ausübung des Vorkaufsrechts, wenn vorhandene baurechtliche Festsetzungen dem Flächennutzungsplan oder dessen Entwurf widersprechen. Angabe des Verwendungszwecks. Zur Angabe des Verwendungszwecks allgemein. Der Verwendungszweck des Grundstücks hängt in den Fällen des § 3 Abs. 1 Satz 1 erste Alt. und des Abs. 1 Satz 2 BauGB-MaßnahmenG vom Inhalt des aufzustellenden Bebauungsplans ab und lässt sich daher vielfach bei Ausübung des Vorkaufsrechts noch nicht genau bestimmen. Dem trägt §3 Abs. 2 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG durch die Verweisung auf § 25 Abs. 2 Satz 2 BauGB Rechnung. Es kann daher genügen, als Verwendungszweck die Nutzung des Grundstücks für den Wohnungsbau im Rahmen des künftigen Bebauungsplans anzugeben. Beim Vorkaufsrecht nach § 3 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BauGB-MaßnahmenG ergibt sich hingegen der Verwendungszweck bereits aus dem Inhalt des Bebauungsplans oder des Bebauungsplanentwurfs oder der nach § 34 BauGB möglichen Wohnnutzung.

Ausschluss und Abwendung des Vorkaufsrechts - Für den Ausschluss des Vorkaufsrechts gilt § 26 BauGB entsprechend, soweit die dort geregelten Tatbestände einer Anwendung überhaupt zugänglich sind. Zu § 26 Nr. 1 und 2 BauGB. Die Ausschlussgründe des § 26 Nr. 3 und 4 BauGB können sich von vorneherein nicht auf die Vorkaufsrechte des BauGB-MaßnahmenG beziehen, da sie auf die Bebauung eines Grundstücks abstellen, während die Vorkaufsrechte nach § 3 BauGB-MaßnahmenG nur für unbebaute Grundstücke gelten.

Die entsprechende Anwendung des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB bedeutet, dass dem Käufer ein Abwendungsrecht stets dann zusteht, wenn das Vorkaufsrecht nach den §§30, 33 oder 34 BauGB ausgeübt wird, da insoweit die Verwendung des Grundstücks für den Wohnungsbau nach baurechtlichen Vorschriften i. S. vom § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestimmt ist. Stützt die Gemeinde die Ausübung auf Abs. 1 Satz 1 erste Alt. oder auf Abs. 1 Satz 2, so wird der Käufer das Vorkaufsrecht ebenfalls regelmäßig abwenden können, da hier die Verwendung des Grundstücks für den Wohnungsbau nach den Zielen und Zwecken des künftigen Bebauungsplans wenigstens bestimmbar ist, obwohl die häufig nicht parzellenscharfe Darstellung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet im Flächennutzungsplan die endgültige konkrete Nutzung einzelner Grundstücke noch nicht festlegt. Es muss genügen, wenn der Käufer sich verpflichtet, das Grundstück für den Wohnungsbau zu verwenden, soweit nach dem künftigen Bebauungsplan eine Nutzung für Wohnzwecke zulässig sein wird. Denn das Wohl der Allgemeinheit, unter dem auch das Abwendungsrecht zu sehen ist, und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbieten es, dem grundsätzlich bau- und nutzungswilligen Käufer das Grundstück vorzuenthalten, wenn dieser die Gewähr bietet, dass das Grundstück dem vom Gesetzgeber verfolgten Verwendungszweck zugeführt wird. Die Gemeinde darf eine Abwendungsbereitschaft des Käufers nicht ablehnen, um sich einen Wertzuwachs des Grundstücks zu sichern.§ 27 Abs. 1 Satz 2 BauGB ist nicht anwendbar, da das Vorkaufsrecht des BauGB-MaßnahmenG auf unbebaute Grundstücke beschränkt ist. Es genügt, wenn der Käufer in der Lage ist, das Grundstück binnen angemessener Frist für den Wohnungsbau zu nutzen und er sich vor Ablauf der Zweimonatsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB hierzu verpflichtet. Ein Problem für das Abwendungsrecht könnte sich aus dem Gebot der Preislimitierung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG ergeben. Übt die Gemeinde das Vorkaufsrecht nach § 3 BauGB-MaßnahmenG aus, so muss sie einen deutlich überhöhten Preis auf den Verkehrswert herabsetzen. Man könnte daraus an sich folgern, dass der Käufer - bei überhöhtem Kaufpreis - in entsprechender Anwendung des § 27 BauGB die Ausübung des Vorkaufsrechts nur abwenden darf, wenn vorher die Voraussetzungen für die Preislimitierung in der Weise beseitigt worden sind, dass die Vertragsparteien den Kaufpreis durch entsprechende Änderung des Kaufvertrages auf das nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG zulässige Maß reduziert haben, d. h. auf einen Betrag, der den Verkehrswert nicht deutlich überschreitet. Für eine solche Folgerung würde - vor allem beim Vorkaufsrecht im Bereich eines Flächennutzungsplans oder planreifen Entwurfs - sprechen, dass die Duldung eines überhöhten Preises zu einer Anhebung des Verkehrswertes für Bauerwartungsland führen kann, insbesondere wenn sich die Vertragsparteien in anderen Fällen an dem geduldeten Preis orientieren. Die Gemeinde darf dann nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz den Käufern anderer Grundstücke das Angebot einer Abwendungsverpflichtung trotz überhöhten Preises nicht ablehnen. Da die gezahlten Preise in die Kaufpreissammlung einfließen, bestimmen sie den Verkehrswert Für Bauerwartungsland, und zwar möglicherweise nicht nur in dem vom Vorkaufsrecht erfassten konkreten Gebiet, sondern auch in anderen vergleichbaren Bereichen der Gemeinde. Eine derartige Entwicklung würde nicht nur den Wohnungsbau belasten, sondern auch der Gemeinde schaden, wenn sie Grundstücke für öffentliche Zwecke enteignen und dann eine höhere verkehrswertentsprechende Entschädigung für Bauerwartungsland zahlen muss. Gegen eine solche Einschränkung des Abwendungsrechts des Käufers spricht aber, dass §27 BauGB das Abwendungsrecht an städtebaulichen Zielen im engeren Sinne orientiert. Die preisdämpfende Wirkung des Vorkaufsrechts nach §3 BauGB-MaßnahmenG ist kein städtebauliches Ziel in diesem engen Sinn. Sie ist lediglich ein vom Gesetzgeber verfolgter Nebenzweck. Das primäre Ziel des WoBauEr1G war die Wohnraumversorgung. Mit der Preislimitierung soll auch wohl in erster Linie die Gemeinde vor der Zahlung eines überhöhten Kaufpreises geschützt werden. Würde man § 27 BauGB beim Vorkaufsrecht nach § 3 BauGB-MaßnahmenG in dem beschriebenen Sinne weit auslegen, wäre dies ferner systemwidrig, da die an konkreten städtebaulichen Zielen orientierte Vorschrift dann im Ergebnis zu einer strengen Preiskontrolle führen würde, wie sie - mit Genehmigungsvorbehalt - für Sanierungs- und Entwicklungsgebiete gilt. Hätte der Gesetzgeber eine derart strenge Preiskontrolle gewollt, wäre der richtige Ort dafür nicht § 27 BauGB, sondern § 3 BauGB-MaßnahmenG. Hinzu kommt, dass die Gemeinde nach ihrem Ermessen entscheiden kann, ob sie trotz Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG und trotz eines überhöhten Preises das Vorkaufsrecht ausübt. Sie muss nur den Kaufpreis herabsetzen, wenn sie das Vorkaufsrecht ausübt. Kann aber die Gemeinde von der Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt absehen, so muss es ihr auch gestattet sein, eine Abwendungsvereinbarung mit dem Käufer trotz eines überhöhten Kaufpreises zu schließen. Daran kann die Gemeinde ein sachliches Interesse haben, wenn der Käufer z. B. bereit und in der Lage ist, zügig Wohnraum zu schaffen, und die Gemeinde dieses primäre Ziel des WoBauEr1G nicht durch einen Rechtsstreit gefährden oder verzögern will.