Barkaution
1. Hat der Mieter einer nicht preisgebundenen Wohnung aufgrund eines im Jahre 1972 geschlossenen Mietvertrages eine Barkaution gestellt, so ist der Vermieter auch dann verpflichtet, den Kautionsbetrag vom Empfang an zu dem für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen Zinssatz zu verzinsen, wenn der Vertrag keine ausdrückliche Vereinbarung über die Verzinsung enthält.
2. Das um Erlass eines Rechtsentscheids angerufene Gericht ist befugt, typische und häufig wiederkehrende Bestimmungen eines Mietvertrages auszulegen.
Anmerkung: 1. Der BGH hatte auf Vorlage des KG, das von der Rechtsprechung des BayObLG abweichen wollte, durch Rechtsentscheid über die auch im Schrifttum umstrittene Frage zu befinden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Vermieter einer nicht preisgebundenen Wohnung die ihm vom Mieter vereinbarungsgemäß überlassene Kaution zu verzinsen hat, wenn der Vertrag keine ausdrückliche Regelung hierüber enthält.
2. a) Gesetzlich geregelt ist die Frage, die der BGH zu entscheiden hatte, nicht. § 9V WoBindG gilt nur für neugeschaffene öffentlich geförderte Wohnungen, die deswegen preisgebunden sind.
b) Der BGH hat sich im Ergebnis der herrschenden Meinung angeschlossen, die den Vermieter für verpflichtet hält, die Kaution zu verzinsen. Sie wird überwiegend mit der Erwägung begründet, durch die Überlassung der Kaution werde ein unregelmäßiges Nutzungspfandrecht begründet, weshalb der Vermieter in entsprechender Anwendung der §§ 1213, 121411 BGB die Kaution zu verzinsen habe. Der BGH konnte die Frage, ob durch die Entrichtung der Kaution ein irreguläres Nutzungspfandrecht begründet wird, dahingestellt lassen, weil er bereits aufgrund einer Auslegung der Kautionsabrede die Pflicht des Vermieters zur Verzinsung der Kaution angenommen hat. Ohne hierauf ausdrücklich einzugehen, hat er das Vorliegen einer Vertragslücke bejaht. Für die Auslegung hat er zwei Gesichtspunkte als wesentlich angesehen. Zum einen den beiden Vertragsteilen bekannten Zweck der Kaution, die der Mieter dem Vermieter als Sicherheit und nicht zur Erlangung von Einkünften zur Verfügung stellt. Zum anderen die Erwartungen, welche der Mieter in bezug auf die Verzinslichkeit der Kaution bei deren Vereinbarung hat. Im Rahmen der Erörterung über die Vorstellungen des Mieters hat der BGH die Auffassungen dargelegt, die im Laufe der Jahre im Schrifttum zur Frage der Verzinslichkeit vertreten worden sind. Das war nötig, weil diese Entwicklung dafür spricht, dass der Mieter von nicht preisgebundenem Wohnraum jedenfalls ab 1972, dem Jahr der Vereinbarung der Kautionszahlung in der Vorlagesache, erwarten durfte, der Vermieter werde die Kaution verzinsen, wenn nichts Gegenteiliges vereinbart wurde. Die Entscheidung ist deshalb auf Kautionen beschränkt, die aufgrund von ab 1972 abgeschlossenen Verträgen gestellt sind. Wie die Frage der Verzinslichkeit für vor 1972 vereinbarte Kautionen zu beantworten ist, ist zweifelhaft. Es spricht einiges dafür, sie zu verneinen. Zwar war auch zu dieser Zeit der Zweck der Gestellung einer Kaution kein anderer, es fehlen aber wohl ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Verzinsung durch den Vermieter bereits damals üblich war.
Zur Höhe der Verzinsung hat der BGH die Auffassung vertreten, dass der Vermieter die für Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist üblichen Zinsen zu entrichten hat. Dies entspricht den Interessen beider Vertragsteile, die in den Gründen des Rechtsentscheides im einzelnen gewürdigt sind.