Baugenehmigungsbehörde

Überwiegende öffentliche für die Durchführung der Veränderungssperre sprechende Belange stehen der Zulassung von Ausnahmen nicht entgegen, wenn bereits die öffentliche Auslegung des Planentwurfs durchgeführt und die Träger öffentlicher Belange beteiligt worden sind, anzunehmen ist, dass das Vorhaben den künftigen Festsetzungen des Bebauungsplans nicht entgegensteht, der Antragsteller diese Festsetzungen für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich anerkennt und die Erschließung gesichert ist. Sind insoweit die Voraussetzungen einer formellen und materiellen Planreife gegeben, ist der Sicherungszweck des § 14 im konkreten Einzelfall als erfüllt anzusehen. Damit greift ein sowohl im Rahmen relevanter überwiegender öffentlicher Belang gegenüber § 14 Abs. 1 durch, so dass wegen der weiter bestehenden abstrakten Gefahr zwar nicht die Aufhebung der Veränderungssperre, wohl aber im Hinblick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Zulassung einer Ausnahme gerechtfertigt, ja erforderlich geworden ist. Die Worte kann... zugelassen werden scheinen zunächst zwar dafür zu sprechen, dass, selbst wenn keine überwiegenden öffentlichen Belange entgegenstehen, immerhin noch Raum für eine Ermessensentscheidung besteht. Demgegenüber ist jedoch, sofern die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 vorliegen, ein Rechtsanspruch auf Zulassung eines Vorhabens gegeben. Soweit sich vor Planreife noch keine insoweit bereits relevante 70 überwiegende öffentliche Belange ergeben, liegen solche im Rahmen der zu treffenden Abwägungsentscheidung vor und stehen sie einer Ausnahmezulassung entgegen, wenn zu befürchten ist, dass durch Zulassung einer Ausnahme die Planung unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert würde sowie wenn über die Planung noch Unsicherheiten bestehen. Die Zulassung einer Ausnahme, die den Weg freigibt zur Entscheidung nach Maßgabe des jeweils geltenden Rechts, darf in keinem Fall zu einer Änderung der Grundzüge der Planung der Gemeinde führen. Abs. 2 beinhaltet nicht die Einräumung der Möglichkeit eines Dispenses von den Planvorstellungen der Gemeinde.

Obwohl Abs. 2 Satz 1 darüber schweigt, ist formelle Voraussetzung der Erteilung oder Versagung einer Ausnahme, dass derjenige, der durch die Veränderungssperre an sich verbotene Änderungen vornehmen will, einen Antrag auf Ausnahmebewilligung stellt. Baugenehmigungsantrag und Bauanzeige sind aber, wenn auch die Zulassung einer Ausnahme noch nicht die Genehmigung eines Vorhabens beinhaltet, sondern nur die Schranken der Veränderungssperre im Einzelfall ausräumt, dahin auszulegen, dass zugleich eine ev. erforderliche Ausnahmeerteilung beantragt wird. Voraussetzung ist insoweit, dass von der Gemeinde eine Veränderungssperre als Satzung beschlossen und öffentlich bekannt gemacht worden ist.

Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde - Die Entscheidung über Ausnahmen wird nach Abs. 2 Satz 2 von der Baugenehmigungsbehörde getroffen. Daraus folgt, dass die Gemeinde nur dann zuständig ist, wenn sie Baugenehmigungsbehörde ist; zur Identität von Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde. Die Baugenehmigungsbehörde ist somit allein zur Entscheidung nach außen durch Verwaltungsakt berufen. Sie hat ihrerseits zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 vorliegen, unabhängig davon, dass sie die Genehmigung des Vorhabens und die Ausnahmebewilligung auch aus anderen Gründen versagen kann.

Auch soweit bauliche Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen und der Inhalt der Veränderungssperre dahingehend Verbote enthält, ist die Entscheidung über Ausnahmen von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde zu treffen

Eine umfassende Information der Baugenehmigungsbehörde über die bei Entscheidung des Einzelfalls zu beachtenden Besonderheiten gewährleistet die Mitwirkung der Gemeinde, die mit den örtlichen Verhältnissen besser vertraut ist als die in der Regel nicht so ortskundige Baugenehmigungsbehörde. Nach dem der Vorschrift zugrunde liegenden Zweck soll darum die Gemeinde als - auch nach Wertung des Gesetzgebers - sachnahe und fachkundige Behörde in Ortsteilen, in denen sie noch nicht abschließend geplant hat, im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren an der Beurteilung der bebauungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen von Vorhaben mitentscheidend beteiligt werden.

Rechtsnatur der Entscheidung - Die Entscheidung über Ausnahmen wird dem Antragsteller in der Regel zusammen mit der Baugenehmigung bzw. Versagung eröffnet. Sie ist ihrerseits noch keine Baugenehmigung, sondern räumt nur die Schranken der Veränderungssperre aus. Ober die Genehmigung selbst ist nach den §§ 30, 33, 34 oder 35 zu entscheiden. Baugenehmigung und Ausnahmezulassung sind somit rechtsdogmatisch jeweils ein in sich rechtlich getrennter Verwaltungsakt. Welche Erwägungen die Baugenehmigungsbehörden bei ihrer Entscheidung angestellt hat, sollte aus der Begründung hervorgehen. Im Hinblick auf § 39 VwVfG müssen zumindest die Gründe für eine Versagung der Ausnahme und eine Entscheidung mit einschränkenden Nebenbestimmungen dargelegt werden.

Ein öffentlich-rechtlicher der eine Entscheidung ersetzen würde, ist unzulässig. Wenn auch nach § 124 Abs. 2 die Zulässigkeit von städtebaulichen Verträgen insbesondere zur Durchführung von städtebaulichen Planungen und Maßnahmen unberührt bleibt und der Gesetzgeber in diesem Hinweis ein geeignetes Mittel gesehen hat, die von ihm angestrebte Stärkung des kooperativen Handelns im Städtebaurecht zu erreichen und dadurch deutlich zu machen, dass im Baurecht nicht nur einseitig hoheitliches Verwaltungshandeln die Regel sein sollte, so kann doch andererseits nach §54 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz VwVfG ein öffentlich-rechtlicher Vertrag nur geschlossen werden, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Eine solche entgegenstehende Rechtsvorschrift ist § 14 Abs. 2 Satz 2, wonach die Baugenehmigungsbehörde eine Entscheidung trifft, also einen Verwaltungsakt zu setzen hat.