Baugesetz

Entsprechend dem Zweck der Veränderungssperre, die Erhaltung einer relativ ungehinderten Planungsmöglichkeit und damit eine in der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung begriffene Baugesetz der Bauleitplanung zu sichern hat der Gesetzgeber - abgesehen von verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten und dem Gesichtspunkt, dass sich eine Begrenzung der Geltungsdauer beschleunigend auf das Planverfahren auswirkt - die Dauer der Veränderungssperre zeitlich begrenzt. Mit den ersten beiden Absätzen hat die Vorschrift - ebenso wie bereits § 17 Abs. 1 und 2 BBauG - darum verbindlich zum Ausdruck gebracht, dass die Schaffung von Bebauungsplänen im Regelfall innerhalb von zwei Jahren und nach einer ev. Verlängerung um ein Jahr innerhalb von drei Jahren bewältigt werden muss und diese Frist bei besonderen Umständen überschritten werden darf.

Außerkrafttreten nach Ablauf von zwei Jahren - Die Veränderungssperre dauert grundsätzlich, d. h. also: sofern die zeitliche Dauer in der Satzung nicht kürzer bemessen ist, zwei Jahre. Danach tritt sie Kraft Gesetzes außer Kraft, so dass es eines besonderen Aufhebungsbeschlusses, aber auch besonderer Aussagen in der Satzung nicht bedarf; letztere könnten ohnehin wegen der nach der Rspr. des BVerwG individuell erfolgenden Anwendung von Zurückstellungsfristen im Einzelfall Unklarheiten zur Folge haben. Tritt die Veränderungssperre während der Anhängigkeit eines nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zulässigen Antrages auf Feststellung ihrer Ungültigkeit außer Kraft, kann der Antragsteller die Feststellung begehren, dass die Veränderungssperre ungültig war. Die Sperre kann zwar nach Abs. 1 Satz 3 und nach Abs. 2 verlängert, muss aber nicht u. U. von vornherein verkürzt werden. Zu letzterem ist die Gemeinde, wenn auch berechtigt, so doch nicht verpflichtet. Die Gemeinde braucht die von ihr erlassene Veränderungssperre überhaupt nicht einmal zu befristen. Zwar beziehen sich die Maßstäbe der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit nicht nur auf den räumlichen Umfang und den sachlichen Inhalt, sondern auch auf die zeitliche Dauer der Sperre; andererseits spricht aber die in Abs. 1 Satz 1 zu sehende authentische Gesetzesinterpretation dessen, was in der Regel zunächst als erforderliche und angemessene zeitliche Begrenzung der Sperre zu gelten hat, dafür, dass die Gemeinde zur Verkürzung der Zweijahresfrist erst dann verpflichtet ist. Hinzu kommt, dass eine Befristung der Veränderungssperre, die freilich im Interesse der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit an sich wünschenswert wäre, insofern an einer Praktibilität scheitert, als die Gemeinde als Satzungsgeber in der Regel nicht von vornherein zu überblicken vermag, ob und inwieweit § 17 Abs. 1 Satz 2, der keineswegs als ein an die Gemeinde gerichteter Anrechnungsbefehl verstanden werden muss, im Baugenehmigungsverfahren zur Anwendung kommt. Da nach den Erfahrungen der Praxis, nicht zuletzt auch wegen der Berücksichtigung von Zurückstellungsbescheiden im Einzelfall, die Dauer der Planung und ebenso die einer Veränderungssperre wenn überhaupt, so zumindest nur in den seltensten Fällen von vornherein zu übersehen ist, hat der Gesetzgeber den Gemeinden prima fade mit Rücksicht hierauf die nicht zumutbare und kaum mögliche Entscheidung, was zeitlich angemessen und erforderlich ist, abgenommen. Diesem allein praktikablen Ergebnis, das als zulässiger Auslegungsgesichtspunkt grundsätzlich nicht unberücksichtigt bleiben darf, tragen zudem der Wortlaut von Abs. 1 Satz 1 und im übrigen Abs. 4 und 5 Rechnung. Die Zweijahresfrist beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem die Veränderungssperre in Kraft tritt, also nach § 16 Abs. 2 Satz 2 mit ihrer ortsüblichen Bekanntmachung. Die Zweijahresfrist endet nach dem entsprechend anwendbaren § 188 Abs. 2 BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages, der durch seine Zahl dem Tage entspricht, in welchen die ortsübliche Bekanntmachung der Veränderungssperre fällt. Fehlt der entsprechende Tag im Monat, dann endet die Frist mit dem Ablauf des letzten Monatstages.

Anrechnung auf die Zweijahresfrist - Wenn vor Inkrafttreten der Veränderungssperre ein Baugesuch nach § 15 zurückgestellt worden ist, so ist nach Abs. 1 Satz 2 auf die Zweijahresfrist derjenige Zeitraum, der seit Zurückstellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs abgelaufen ist, anzurechnen. Daraus folgt, dass eine zweite oder dritte Zurückstellung auf die Dauer der Veränderungssperre nicht anzurechnen ist. Die Vorschrift ist aus dem Zweckzusammenhang beider Rechtsinstitute gerechtfertigt, denn ebenso wie die Veränderungssperre hat Bauleitplanung für den künftigen Planbereich zu dienen, wenn auch Unterschiede in der inhaltlichen und zeitlichen Reichweite ihrer Rechtswirkungen bestehen. Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zurückstellung ist die Zustellung des Zurückstellungsbescheides.

Baugesetz - Wenn auch nach Inkrafttreten der Veränderungssperre Zurückstellungen nicht mehr erfolgen können und eine ursprünglich rechtmäßig erfolgte Zurückstellung gegenstandslos ist, ist doch, solange bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des Abs. 3 eine außer Kraft getretene Veränderungssperre noch nicht ganz oder teilweise erneut beschlossen worden ist, in der Zeit zwischen Außerkrafttreten und dem Wirksamwerden einer zwar beschlossenen aber noch nicht bekannt gemachten neuen Veränderungssperre zu deren Überbrückung die Zurückstellung eines Baugesuchs ebenfalls grundsätzlich zulässig. Insoweit erhält die in Abs. 1 Satz 2 vorgesehene Anwendung des seit Zustellung der ersten Zurückstellung abgelaufenen Zeitraumes auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre ihren Sinn.

Als Baugesuch i. S. der Vorschrift sind auch Bauvoranfragen zur bebauungsrechtlichen Zulässigkeit von Vorhaben zu verstehenim Baugesetz. Zur Zurückstellung von Anträgen auf Erteilung einer Teilungsgenehmigung nach §19.

Die Vorschrift ist aber auch auf sog. faktische Zurückstellungen, d. h. wenn ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonst wie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird, entsprechend anzuwenden. Es kommen insoweit aber keine Genehmigungsanträge in Betracht, die völlig unabhängig von dem in der Aufstellung befindlichen Bebauungsplan aus sonstigen Gründen abgelehnt wurden, z.B. weil der Grenzabstand nicht eingehalten wurde. Der Zeitraum einer unangemessenen Verzögerung oder rechtswidrigen Ablehnung ist ebenso wie auf Baugesuche anzurechnen auf Bauvoranfragen und Teilungsgenehmigungen.

Die entsprechende Anwendung von Abs. 1 Satz 2 auf sog. faktische Zurückstellungen hat den Zweck, das Eigentum des betroffenen Grundstückseigentümers durch zeitliche Begrenzung der mit der Veränderungssperre verbundenen Beschränkungen zu schützen. Sie bewirkt aber nicht, dass die angerechnete rechtswidrige Baubeschränkung zu einer rechtmäßigen, entschädigungslos hinzunehmenden wird. Nach der Rspr. des BVerfG ist jedoch ein unmittelbarer Rückgriff auf Art. 14 Abs. 3 GG als eigenständige Anspruchsgrundlage für eine Entschädigung ausgeschlossen; fehlt letztere - wie hier -, muss sich der Bürger bei den Verwaltungsgerichten um Aufhebung des Eingriffsaktes bemühen. Zu dem auch bei faktischen Zurückstellungen möglichen, als Primärrechtsschutz bezeichneten Abwehrrecht. Der Zeitraum, der - nach angemessener, mit § 75 VwGO abzustimmender und im Baurecht wohl eine häufig drei Monate unvermeidbar überschreitende Frist - dadurch vergeht, dass ein Genehmigungsantrag nicht hinreichend zügig bearbeitet, sonstwie verzögert oder rechtswidrig abgelehnt wird, kann nicht anders behandelt werden, als es §17 Abs. 1 Satz 2 für eine förmliche Zurückstellung anordnet. Denn derart faktische Zurückstellungen erreichen eine der Anwendung des § 15 durchaus gleichartige Wirkung. Ebenso stimmt die bei beiden Fällen vorausgesetzte Interessenlage überein. Weiter spricht für die Berücksichtigung faktischer Zurückstellungen, dass andernfalls § 15 und in der weiteren Konsequenz § 17 Abs. 1 Satz 2 in seinen Rechtsfolgen unschwer unterlaufen werden könnte, weil die Genehmigungsbehörden lediglich anstatt einer förmlichen Zurückstellung die faktische zu wählen brauchten. Gegen die Heranziehung des §17 Abs. 1 Satz 2 spricht auch nicht, dass zwischen der rechtmäßigen Zurückstellung nach § 15 und einer rechtswidrigen Verzögerung ein gewiss nicht zu leugnender qualitativer Unterschied besteht. Wenn nämlich dieser Unterschied, was gute Gründe für sich hat, eine Analogie ausschließen sollte, würde sich doch für den hier vorliegenden Zusammenhang gerade deshalb das Erst-recht-Argument aufdrängen: Wenn sich die Verwaltung zulässige Verzögerungen anrechnen lassen muss, dann muss sie sich im gleichen Umfang Verzögerungen, die sie rechtswidrig erreicht, erst recht anrechnen lassen.