Bauhandwerker Arbeitsrecht

Hat der Architekt die Verträge mit den Bauhandwerkern vorzubereiten und dabei dafür zu sorgen, dass die Verjährung der Gewährleistungsansprüche nach den Bestimmungen des BGB geregelt werde, so haftet er nicht wegen positiver Vertragsverletzung, sondern nach § 635 BGB, wenn der Bauvertrag so unklar ist, dass der Bauunternehmer sich mit Erfolg auf Verjährung gemäß § 13 Nr. 4 VOB/B berufen kann (im Anschluss an Senatsurteil vom 5. 11. 1981 - VII ZR 365/80 = ZfBR 1982, 31 = BauR 1982, 185).

Zum Sachverhalt: Mit Einheitsarchitektenvertrag vom 26. 8. 1971 beauftragte der Kläger den Beklagten mit den gesamten Architekturleistungen laut § 19 GOA (1) a bis g und der Bauführung für sein Bauvorhaben in 0. Die Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Architektenvertrag (AVA) waren Bestandteil-des Vertrages. Mündlich einigten sich die Parteien ferner darüber, dass bei der Vergabe der Bauaufträge die fünfjährige Verjährungsfrist des BGB vereinbart werden sollte. Den Auftrag für die Rohbau- und Verputzarbeiten erhielt die Firma W. Abgenommen wurde das fertiggestellte Bauwerk am 5. 12. 1974. Im Jahre 1978 zeigten sich an einer Giebelwand Putzschäden. Die Firma W lehnte eine Gewährleistung ab, weil die Arbeiten ihrer Nachunternehmerin nicht mangelhaft gewesen seien. Als der Klägerdaraufhin im November 1979 Klage erhob, berief sie sich letztlich mit Erfolg auf Verjährung. Mit der vorliegenden, am 16. 2. 1981 eingereichten und demnächst zugestellten Klage verlangt der Kläger nunmehr vom Beklagten Ersatz der Kosten, die ihm durch eine, wie er behauptet, infolge der Putzmängel notwendig gewordene Eternitverkleidung der Fassade entstanden seien sowie Erstattung seiner Aufwendungen aus dem Vorprozess. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Beklagte abrede widrig mit der Firma W die Geltung der VOB/B und damit nur eine zweijährige Verjährungsfrist vereinbart habe. Der Beklagte hat das bestritten und sich unter Hinweis auf § 13 AVA: Die Ansprüche des Auftraggebers gegen den Architekten wegen nicht vertragsgemäßer Erfüllung sowie die Ansprüche auf Schadensersatz verjähren in zwei Jahren ... Die Verjährung beginnt mit der Abnahme des Bauwerks im übrigen selbst auf Verjährung berufen.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Unter I legt der Senat dar, dass der Beklagte bei der Vorbereitung des Bauvertrages seine Vertragspflichten verletzt hat ... Der von ihm vorbereitete Bauvertrag mit der Firma W sei wegen der Einbeziehung der VOB/B und der gleichzeitigen Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis unklar geworden und zu einer hinreichenden Sicherung des Klägers vor der abgekürzten Verjährungsfrist des § 13 VOB/B nicht geeignet. Das habe der Beklagte auch zu vertreten.

II. Dass der sich hieraus ergebende Schadensersatzanspruch des Klägers verjährt ist, steht hingegen noch nicht fest.

1. Der Senat kann die hier verwendete, in Formularverträgen häufig anzutreffende Verjährungsklausel des § 13 AVA frei auslegen; er hat das auch schon mehrfach getan (BGHZ 71, 144 [145, 149ff.] = LM § 633 BGB Nr. 31 = NJW 1978, 1311; zuletzt ZfBR 1982, 31 = BauR 1982, 185). Da sie die Verjährung bereits mit der Abnahme des Bauwerks beginnen läßt, ist sie in der Regel dem Architekten noch günstiger als eine andere, vom Senat gleichfalls wiederholt erörterte Klausel, nach der die Verjährung erst mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem die Tätigkeit des Architekten beendet worden ist (NJW 1971, 1840 [1841] = LM § 301 ZPO Nr. 22; Schäfer-Finnern, Z 3.00 Bl. 182).

2. Die Abkürzung der Verjährungsfrist war grundsätzlich zulässig. Da das AGB-Gesetz für den vorliegenden Sachverhalt nicht gilt, ist hiergegen ebenso wenig etwas einzuwenden wie in den vom Senat bisher entschiedenen Fällen (zuletzt ZfBR 1982, 31 [32] = BauR 1982, 185 [187] m. Nachw.).

3. Der Senat hat zwar in seinem Urteil NJW 1971, 1840 = LM § 301 ZPO Nr. 22 ausgeführt, der dort verwendeten Klausel sei zu entnehmen, dass die Verjährung für alle möglichen Ansprüche des Bauherrn gegen den Architekten einheitlich beginnen solle (NJW 1971, 1840 [1841] = LM § 301 ZPO Nr. 22). Später hat er aber auch ausgesprochen, dass dann, wenn - wie im vorliegenden Falle - die Verjährung mit der Abnahme bzw. Ingebrauchnahme des Bauwerks beginnt, ein erst nach Abnahme des Bauwerks entstandener Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung nicht unter diese Verjährungsregelung fällt (BGHZ 71, 144 [149 ff. ] = LM § 633 BGB Nr. 31 = NJW 1978, 1311). Die Klausel komme vielmehr nur in Betracht, wenn der Architekt sich bereits vor der Abnahme des Bauwerks vertragswidrig verhalten habe (BGHZ 71, 144 [150] = LM § 633 BGB Nr. 31 = NJW 1978, 1311).

4. Auch hier greift § 13 AVA nicht ein.

a) Allerdings macht der Kläger einen Anspruch aus § 635 BGB geltend, nicht - wie das Berufungsgericht meint - aus positiver Vertragsverletzung.

aa) Der Senat hat in seinem Urteil ZfBR 1982, 31 (32) = BauR 1982, 185 (186) ausgesprochen, es gehöre zu den vertraglichen Hauptpflichten des Architekten, dem aufgrund eines umfassenden Architektenvertrages die technische und geschäftliche Oberleitung sowie die örtliche Bauaufsicht samt Rechnungsprüfung übertragen sind, die Unternehmerangebote auf Übereinstimmung mit dem Leistungsverzeichnis und spätere zusätzliche Vergütungsforderungen des Unternehmers darauf zu prüfen, ob sie nicht Leistungen betreffen, die bereits durch den Hauptauftrag abgegolten sind (vgl. auch Senat, NJW 1981, 2182 = LM vorstehend Nr. 63). Das ergebe sich schon aus dem Leistungsbild des § 19 I und IV der Gebührenordnung für Architekten (GOA), welche in jenem ebenso wie im vorliegenden Fall bei Abschluss des Architektenvertrages noch in Geltung und ausdrücklich zum ergänzenden Bestandteil des Vertrages gemacht worden war. Die technische und geschäftliche Oberleitung umfasse auch die Vorbereitung der erforderlichen Verträge.

bb) Das gilt auch hier. Die Vorbereitung des Bauvertrages mit der Firma W gehörte zum Kernbereich dessen, was ein Architekt, dem die technische und geschäftliche Oberleitung (§ 19I g GOA) übertragen worden ist, zu leisten hat. Achtete der Beklagte dabei vertragswidrig nicht hinreichend darauf, dass etwaige Gewährleistungsansprüche nur nach den Bestimmungen des BGB verjähren konnten, verletzte er mithin eine Hauptpflicht aus dem Vertrage. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den bisher als positive Vertragsverletzung beurteilten Fällen. Dort hatte der Architekt es jeweils erst nach Beendigung seiner ursprünglich übernommenen Tätigkeit pflichtwidrig versäumt, die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen zu verhindern (BGHZ 71, 144 [147] = LM § 633 BGB Nr. 31 = NJW 1978, 1311; Schäfer-Finnern, Z 3.00 Bl. 182) oder sonstigen Schaden zu vermeiden (Senat, NJW 1971, 1130 = LM Architektenvertrag Nr. 4). Damit kam nur noch eine Verletzung von Nebenpflichten in Betracht.

b) Ebenso wie in den von § 13 AVA zweifelsfrei erfassten Fällen, in denen der Schaden etwa auf Planungs- oder Bauaufsichtsverschulden des Architekten beruht, hatte der Beklagte zwar auch hier schon vor der Abnahme des Bauwerks gegen seine Vertragspflichten verstoßen. Die Besonderheit liegt jedoch darin, dass der Beklagte - wäre die Klausel entsprechend ihrem nur scheinbar klaren Wortlaut anzuwenden - für seine Vertragsverletzung von vornherein nicht zu haften brauchte. Der Anspruch auf Schadensersatz war nämlich davon abhängig, dass die Firma W sich mit Erfolg auf Verjährung berufen konnte. Das war bis zum Ablauf der auf zwei Jahre verkürzten Verjährungsfrist, also bis zum 6. 12. 1976, ungewiss. Erst an diesem Tage trat die Bedingung ein, die den Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten entstehen ließ. Wäre nun der Anspruch auf Schadensersatz - wie in § 13 AVA vorgesehen - gleichfalls schon nach zwei Jahren seit der Abnahme des Bauwerks verjährt, würden Entstehung und Verjährung dieses einen Anspruchs zusammenfallen. Ein solches Ergebnis kann verständiger weise nicht in Betracht kommen und von den Parteien auch nicht gewollt gewesen sein.

c) Anstelle des danach unanwendbaren § 13 AVA gelten vielmehr die gesetzlichen Bestimmungen. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, durch ergänzende Vertragsauslegung eine Verjährungsregelung zu finden, die einerseits dem Architekten möglichst günstig, andererseits gerade noch rechtlich zulässig ist. Entsprechendes hat der Senat nicht nur bei der Prüfung solcher AGB ausgesprochen, für die das AGB- Gesetz gilt (BGHZ 84, 109 [114f.] = LM § 3 AGBG Nr. 3 = NJW 1982, 2309), sondern auch schon für die Fälle, die diesem Gesetz noch nicht unterworfen waren (BGHZ 72, 206 [208] = LM § 638 BGB Nr. 34 = NJW 1979, 158 m. Nachw.; NJW 1979, 2095 = LM § 633 BGB Nr. 33). Die hier in Rede stehenden Ansprüche des Klägers konnten daher erst in fünf Jahren verjähren, und zwar beginnend mit der Abnahme des Architektenwerks (§ 638 I BGB).

5. Wann das geschehen ist, bedarf noch der Aufklärung. Das Architektenwerk konnte jedenfalls erst abgenommen werden, als der Beklagte alles getan hatte, was ihm nach dem Vertrage oblag. Dazu gehörte auch die Prüfung der Rechnungen sowie die Feststellung der Rechnungsbeträge und der endgültigen Höhe der Herstellungskosten (Senat, NJW 1964, 647 m. Nachw. = LM § 639 BGB Nr. 5; BauR 1971, 60 [61]; 1972, 251 [252]). Bisher haben die Parteien sich weder hierzu noch zu der Frage geäußert, ob der Lauf der Verjährung zwischenzeitlich gehemmt gewesen sei. Auch wenn das Bauwerk schon Ende 1974 fertiggestellt gewesen sein sollte, lässt sich jedenfalls nicht schon jetzt sagen, dass die fünfjährige Verjährungsfrist bei Einreichung der Klage im Februar 1981 bereits abgelaufen sein musste.

6. Das angefochtene Urteil kann nach alledem nicht bestehen bleiben. Das Berufungsgericht wird nunmehr zu prüfen haben, ob die Ansprüche des Klägers auch unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen verjährt sind.