Baulast

Eine nach § 99 begründete Baulast ist als öffentlich- rechtliche Baubeschränkung kein Recht eines Dritten i. S. des § 434 BGB.

Zum Sachverhalt: Der Kläger kaufte von der Beklagte ein Grundstück. In dem notariellen Kaufvertrag von 1970 heißt es u. a., das Grundstück werde lastenfrei und ohne Gewähr für Größe und Beschaffenheit verkauft. Im Baulastverzeichnis ist 1967 eine zu Lasten des an den Kläger verkauften Grundstücks eine Baulast mit folgendem Inhalt eingetragen worden: Übernahme einer Abstandsfläche entlang der Grenze zum Nachbargrundstück - Tiefe 2,30 m, Breite 20,9 m. Der Eintragung im Baulastverzeichnis liegt die Baulastübernahmeerklärung des - inzwischen verstorbenen - Ehemannes der Beklagte von 1967 zugrunde. Dieser war seinerzeit Eigentümer beider Parzellen.

Der Kläger verlangt von der Beklagte Schadensersatz, weil sie ihm das Grundstück nicht frei von der Baulast übereignet habe. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Auch die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht hat einen auf §§ 434, 440 I, 325 I BGB gestützten Schadensersatzanspruch verneint, weil die Baulast kein Recht eines Dritten i. S. des § 434 BGB sei. Die hiergegen von der Revision erhobenen Bedenken sind unbegründet. Nach § 434 BGB ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können. Wie der Senat bereits im Urteil vom 15. 6. 1965 (WM 1965, 1118) im Anschluss an die Rechtsprechung des RG (vgl. RGZ 61, 84 [86]; 69, 355; 131, 343 [348]; 161, 193 [194]) ausgeführt hat, fallen nur diejenigen Baubeschränkungen unter § 434 BGB, die ihre Grundlage in Privatrechten Dritter haben, nicht aber auch die, welche auf öffentlichem Recht beruhen (vgl. hierzu auch Senat, WM 1969, 273). Die hier in Frage stehende Baulast nach § 99 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen - Landesbauordnung - (NRWBauO) i. d. F. vom 27. 1. 1970, GVB1 S. 96, ist eine öffentlich- rechtliche Baubeschränkung. Nach Absatz 1 der genannten Vorschrift können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde öffentlich rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich rechtlichen Vorschriften ergeben (Baulasten). Wesentlich für die Baulast ist ihre öffentlich rechtliche Ausgestaltung im Gegensatz zu allen zivilrechtlichen Vereinbarungen in bezug auf Grundstücke. Wortlaut und Ausgestaltung des Rechtsinstituts lassen am öffentlich rechtlichen Charakter der Baulast keinen Zweifel (vgl. hierzu auch § 9 NRWBauO).

Der öffentlich rechtliche Charakter der Baulast wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Baulast aus privaten Interessen der beteiligten Grundstückseigentümer begründet worden ist. Da die durch Baulasten zu sichernden Verpflichtungen nach der Regelung in § 99 NRWBauO sich ohne Baulast gerade nicht aus öffentlich rechtlichen Vorschriften ergeben, werden der Baulastbestellung in aller Regel private Interessen der beteiligten Grundstückseigentümer zugrunde liegen. Diese privaten Interessen erhalten aber durch die Annahme der Baulasterklärung seitens der Bauaufsichtsbehörde ihre öffentlich rechtliche Sicherstellung und sind von da ab der privaten Dispositionsbefugnis entzogen. Eine einmal übernommene Baulast kann weder durch einseitige Erklärung des Baulastgebers oder des Baulastnehmers noch durch nachträgliche Vereinbarung zwischen Geber und Nehmer aufgehoben werden. Es ist vielmehr ein vom Willen des Gebers oder Nehmers, unabhängiger, sich am öffentlichen Interesse ausrichtender Verzicht der Bauaufsichtsbehörde auf die Baulast nötig (§ 99 III NRWBau0). Die Baulast nach § 99 NRWBauO ist also - unabhängig von den Interessen, die zu ihrer Entstehung führten - eine öffentlich rechtliche Baubeschränkung. Als solche ist sie schon vom Wortlaut des § 434 BGB her nicht als ein Recht anzusehen, das von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden könnte (vgl. im übrigen Senat, WM 1965, 1118; RGRK, 12. Aufl., § 434 Rdnr. 7; Staudinger-Ostler, BGB, 11. Aufl., § 434 Rdnr. 15). Fällt die Baulast nicht unter § 434 BGB, so kommt es nicht darauf an, ob die Bauaufsichtsbehörde von sich aus bereit war oder ist, auf die Baulast zu verzichten. Das Berufungsgericht brauchte dementsprechend - entgegen der Auffassung der Revision - im Rahmen des § 434 BGB nicht aufzuklären, ob eine solche Bereitschaft der Bauaufsichtsbehörde bestand.

II. Soweit das Berufungsgericht die Baulast als Sachmangel i. S. des § 459 BGB angesehen, Sachmängelansprüche aber aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung als ausgeschlossen angesehen hat, sind Rechtsfehler nicht ersichtlich.