Bauleitung betraute Architekt

Hat der mit der Bauleitung betraute Architekt dem Bauherrn wegen fehlerhafter Bauaufsicht Schadensersatz zu leisten, so ist der die Bauarbeiten ausführende Unternehmer auch dann nach § 426 Abs. 1 BGB zum Ausgleich verpflichtet, wenn seine Haftung für Mängel am Bauwerk vertraglich auf einen geringeren Zeitraum als die gesetzliche Verjährung ist beschränkt worden war und der Mangel, der zu dem Schaden geführt hat, erst nach Ablauf der vereinbarten Frist erkannt wurde.

In diesem Falle ist der Architekt nicht schon deshalb nach Treu und Glauben gehindert, den ihm zustehenden Ausgleichsanspruch geltend zu machen, weil er am Abschluss des Bauvertrages mitgewirkt und die die Haftungsbeschränkung Vertragsbestimmung selbst verfasst hat.

Anmerkung: Der Bauherr hatte in den Jahren 1959/60 ein ihm gehörendes Schülerlandheim umbauen und erweitern lassen. Die Arbeiten, u. a. die teilweise Erneuerung des Daches hatte er dem Erblasser der Beklagte (Unternehmer) übertragen. Er vergab die Arbeiten durch den Architekten L, der die Geltung der VOB/B vereinbarte. Die von ihm aufgestellten Besonderen Vertragsbedingungen enthielten u. a. die Klausel: Der Unternehmer haftet für die Güte der von ihm ausgeführten Arbeiten und die gelieferten Baustoffe zwei Jahre

Am 14. 9. 1964 deckte ein Sturm das gesamte Dach ab. Der Bauherr, machte hierfür den Architekten und den Unternehmer haftbar. Auf Grund eines außergerichtlichen Vergleichs bezahlten die Kläger als Haftpflichtversicherer des Architekten und der Architekt an die Bauherrin ca. 48000 DM.

Die Kläger nahm auf Grund § 67 VVG und Abtretung der Ansprüche des Architekten die Beklagte auf Zahlung von 2/8 des ersetzten Schadens in Anspruch. Die Beklagte erhoben u. a. die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht gab der Klage nur zu einem geringen Teil statt. Die Ber. der Kläger wurde zurückgewiesen. Ihre Rev. hatte Erfolg.

1. Das Oberlandesgericht hat der Kläger den auf sie übergegangenen Ausgleichsanspruch des Architekten nach § 426 Abs. 1 BGB versagt. Dabei hat es nicht verkannt, dass ein solcher Anspruch in der Regel nicht schon daran scheitern kann, dass der Gläubiger mit einem der Gesamtschuldner eine Haftungsbeschränkung vereinbart hat. Im vorliegenden Falle liege aber die Besonderheit vor, dass der Architekt als Vertreter und zweiter Gesamtschuldner des Bauherrn die Vertragsklausel mit der Haftungsbeschränkung des Unternehmers selbst verfasst habe; infolgedessen verstoße es gegen Treu und Glauben, dem Unternehmer die Einrede der Verjährung zu versagen. Seine Preisgestaltung habe er möglicherweise im Vertrauen auf die vereinbarte Haftungsbeschränkung entsprechend ausgerichtet. Das habe auch dem Architekten bekannt sein müssen.

2. Dem ist der BGH nicht gefolgt. Nach seiner ständigen Rechtsprechung ist der Ausgleichsanspruch gemäß § 426 Abs. 1 BGB selbständig und unterliegt der 30jälnigen Verjährung (BGHZ 11, 170 = Nr. 1 zu § 5 SachschadG; 47, 376, 379 = Nr. 5 zu § 129 HGB; BGH VII ZR 14/69 v.29. 10. 1970 = WM 1971, 101; weitere Zitate im Urteil). Abreden über einen Haftungsverzicht oder eine Haftungsbeschränkung haben nur Wirkung zwischen den Vertragsparteien. Sie können die Ausgleichsansprüche anderer Gesamtschuldner nicht berühren; andernfalls wäre es der Willkür des Gläubigers überlassen zu bestimmen, Welcher Gesamtschuldner letzten Endes den Schaden zu tragen hat. Ein solcher Vertrag zu Lasten Dritter findet im Gesetz keine Stütze und läge jenseits der Grenzen der vertraglichen Gestaltungsfreiheit (BGHZ 12, 213, 217; 35, 317, 323 = vorstehend Nr. 4 und 17; so auch von Caemmerer ZfRV 1968, 81, 93, 94). Dass damit der durch die Haftungserleichterung Begünstigte u. U. nicht in den vollen Genuß der Vergünstigung kommt, muss in Kauf genommen werden.

Soweit der BGH für die in den Fällen der gesetzlichen Haftungsbefreiung gemäß den §§ 636, 637 RVO etwas anderes entschieden hat (vgl. die Zitate im Urteil) erklärt sich das aus den Besonderheiten der UnfallhaftUng innerhalb der Sozialversicherung und kann nicht auf das private Haftungsrecht übertragen werden.

Der im Schrifttum vertretenen Ansicht, dass der Anspruch des Gläubigers gegen den an der Abrede nicht beteiligten Gesamtschuldner von vornherein auf das verkürzt wird, was dieser ohne die Hafterleichterungsvereinbarung von dem begünstigten Gesamtschuldner endgültig zu tragen hätte (so Palandt BGB [31. Aufl.] Anm 5 zu § 426 BGB), kann in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Dieses Ergebnis kann nur durch einen Vertrag zugunsten Dritter erzielt werden. Für einen solchen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen nicht vorhanden. Der Architekt war nicht Vertragsbeteiligter, sondern nur Vertreter des Bauherrn.

So geschehen gebieten auch nicht Treu und Glauben eine andere Entscheidung. Der Unternehmer kann sich ohnehin nicht darauf verlassen, nach 2 Jahren von jeder Haftung frei zu sein, da u. U. immer noch die Möglichkeit einer Haftung aus Delikt mit der längeren Verjährungsfrist des § 852 BGB verbleibt (BGHZ 55, 392, 395 = Nr. 17 zu § 638 BGB; Nr. 4 zu § 830 BGB). Es lag auch nicht der Ausnahmefall vor, dass der Unternehmer dem Architekten ein besonderes Vertrauen entgegenbrachte, in dem er von diesem enttäuscht wurde, oder dass der Architekt ein eigenes wirtschaftliches Interesse verfolgte (vgl. BGHZ 56, 81, 83 = Nr. 35 zu § 276 [Fa] BGB mit Nachweisen).

Schließlich kommt noch hinzu, dass die von dem Architekten verfasste Klausel im wesentlichen nichts anderes enthält, als was auch Schon dem § 13 Nr. 4 VOB/B entspricht. Wollte man dem Oberlandesgericht folgen, so würde der Architekt, sobald er mit dem Unternehmer die Geltung der VOB vereinbart, Gefahr laufen, seinen Ausgleichsanspruch zu verlieren, ein Ergebnis, das völlig unbefriedigend wäre.