Baumaßnahmen des Vermieters

Zum Begriff der Verbesserung in § 641 a Abs. 2 BGB.

Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen der Mieter Baumaßnahmen des Vermieters dulden muss, die weder der Erhaltung noch der Verbesserung der Mieträume oder des Gebäudes dienen (§ 541a BGB).

Aus den Gründen: . . . II. In der Sache selbst hat das Berufungsgericht im Ergebnis richtig entschieden.

1. Grundsätzlich kann der Pächter verlangen, dass jede Einwirkung auf die Pachtsache seitens des Verpächters unterbleibt. Das entspricht der Verpflichtung des Verpächters zur Gewährung des vertraglich eingeräumten Gebrauchs und der Fruchtziehung.

2. Dieses Recht kann durch Vereinbarung eingeschränkt werden. Das ist in Nr. 2 des Pachtvertrages geschehen, wonach die Beklagte (Verpächter) Baumaßnahmen auf dem nicht bebauten Gelände des Grundstücks ohne Zustimmung der Pächterin bei rechtzeitiger vorheriger Ankündigung vornehmen dürfen. Gegen einen bloßen Anbau an das bereits vorhandene Gebäude könnte die Kläger (Pächterin) sich daher nicht wehren.

3. Hier geht es aber um etwas anderes. Die Beklagte wollen das bestehende Hauptgebäude unter Einbeziehung des Seitenflügels verbreitern und aufstocken. Dabei werden, wie unstreitig ist, erhebliche Teile der Pachträume zeitweise unbenutzbar sein.

Diese Baumaßnahmen fallen, wie das Berufungsgericht richtig erkannt hat, nicht unter § 541 a BGB. In Betracht kommt hier nur Abs. 2 dieser Vorschrift, weil die beabsichtigten Baumaßnahmen offensichtlich nicht der Erhaltung der Pachträume oder des Gebäudes dienen (§ 541 a Abs. 1 BGB). Die Vorschrift, die das Recht des Mieters einschränkt, vom Vermieter die Unterlassung von Eingriffen in das Mietobjekt zu verlangen, ist durch das zweite Mietrechtsänderungsgesetz vom 14. 7. 1964 (BGB l. I 457) neu geschaffen worden. Sie gilt für jede Art von Raummiete, also nicht nur für Wohnraummiete (Erman, BGB, 4. Aufl., § 541 a Anm. 1; Hans, Das neue Mietrecht, Bd. I, § 541 a BGB Anm. B 1. Pergande, Wohnraummietrecht, 1. Erg Liefg., § 541a BGB Anm. 1; Roquette, Das Mietrecht des bürgerlichen Gesetzbuches, § 541 a Nr. 2 und nach § 581 Abs. 2 13GB auch für die Raumpacht). Sie stellt die gesetzliche Regelung einer in Rechtsprechung und Lehre seit langem anerkannten, aus § 242 BG13 sich ergebenden Rechtslage dar (Hans, aa(); Roquette, aa0) und hatte für den Geltungsbereich des Mieterschutzgesetzes in dessen § 28a einen Vorläufer.

Wie die letztgenannte Vorschrift dient § 541 a Abs. 2 BGB, in dem die Duldungspflicht des Mieters gegenüber solchen Bau- maßnahmen geregelt wird, die der Verbesserung dienen, dem Zweck, dem Vermieter notfalls auch gegen den Willen des Mieters die Modernisierung seines Hausbesitzes und die Anpassung an die Anforderungen der Zeit zu ermöglichen (Pergande, aa0 Anm 4; Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., § 541a Nr. 6). Wenn danach der Begriff der Verbesserung auch weit auszulegen ist (so Pergande, aa0) und unter Verbesserung - möglicherweise - sogar die Ausschöpfung des in einem Hausgrundstück steckenden wirtschaftlichen Wertes (so Landgericht Düsseldorf, ZMR 70, 270; offenbar auch Roquette, aa0 Nr. 6 und 9) und nicht nur die Erhöhung des Gebrauchswerts der Miet- räume oder sonstige Teile des Gebäudes zu verstehen ist (so Hans, aa0 Anm. J3 3b), so ergibt der Wortlaut der Vorschrift doch eindeutig, dass die Verbesserungen sich grundsätzlich auf vorhandene Gebäudeteile beziehen müssen. Deren Verbesserung soll der Mieter nach dem Willen des Gesetzes nicht verhindern können, soweit die Baumaßnahme und deren Durchführung für ihn zumutbar sind Von einer Verbesserung, die in den Rahmen des § 541 a Abs. 2 BGB fällt, kann aber jedenfalls dann nicht mehr gesprochen werden, wenn wie hier etwas völlig Neues geschaffen, nämlich ein für den Gaststätten- und Pensionsbetrieb eingerichtetes Gebäude durch Verbreiterung und Aufstockung etwa um das Doppelte vergrößert und zu einem Haus mit Ladenräumen und Wohnungen umgestaltet werden soll.

4. Mit dieser Auslegung des § 541a Abs. 2 BGB sind einem Vermieter, der durch Vergrößerung des Gebäudebestandes auf seinem Grundstück dessen wirtschaftlichen Wert voll realisieren will, nicht alle Türen verschlossen, wie offenbar das Berufungsgericht meint. Zwar kann er sich nicht auf § 541 a Abs. 2 BGB berufen, der mit der Grenze der Unzumutbarkeit das Interesse des Mieters am ungestörten Mietbesitz dem Interesse des Vermieters an der Verbesserung unterordnet. Im Rahmen des § 242 BGB kann es indessen je nach den Umständen des einzelnen Falles gleichwohl möglich sein, dass der Mieter Neubau- maßnahmen, die nicht unter § 541 a Abs. 2 BGB fallen, dulden muss. Auch hier steht die Frage nach der Zumutbarkeit im Vordergrund. Im Gegensatz zur Regelung in § 541 a Abs. 2 BGB kommt es aber nicht allein darauf an, ob dem Mieter die Beeinträchtigung, die die Baumaßnahme oder deren Durchführung mit sich bringt, zuzumuten ist. Vielmehr ist entscheidend zunächst, ob dem Vermieter die Unterlassung der geplanten Baumaßnahme oder deren Verschiebung bis zum Ende des Mietvertrages zugemutet werden kann. Dabei ist Ausgangspunkt der Grundsatz, dass Verträge zu halten sind, und dass der Mieter deshalb einen Anspruch auf ungestörten Mietbesitz hat. Das bedeutet, dass die Frage, ob ihm dennoch den Mietbesitz störende Neubaumaßnahmen zuzumuten sind, erst dann zu prüfen ist, wenn zuvor feststeht, dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, die Baumaßnahmen zu unterlassen oder sie zu verschieben.

Geht es, wie hier, um nichts anderes als darum, dem Vermieter eine günstigere wirtschaftliche Ausnutzung seines Grundstücks zu ermöglichen, so können diese Unterlassung oder dieser Verzicht allenfalls dann unzumutbar sein, wenn ohne die Durchführung der beabsichtigten Baumaßnahmen die Wirtschaftlichkeit des Grundbesitzes gefährdet, etwa gar dessen Verlust zu befürchten ist.