Baurechtsentwicklung

Die Baurechtsentwicklung des 20. Jahrhunderts ist durch das Bemühen um ein echtes Städtebaurecht und dessen kodifikatorische Zusammenfassung gekennzeichnet. Schon in den 1890er Jahren hatten einzelne Großstädte aufgrund der polizeilichen Generalklausel Zonen unterschiedlicher Nutzungsart und unterschiedlicher Ausnutzbarkeit der Grundstücke nach dem Maß der Nutzung in ihren Bauordnungen geregelt. Seit dem Jahrhundertbeginn schufen sich einzelne Linder Baurechtskodifikationen ohne Unterscheidung nach bauordnungsrechtlichem und städtebaurechtlichem Gehalt; es entstanden das als vorbildlich geltende Allgemeine Baugesetz für das Königreich Sachsen vom 1. Juli 1900, die Bayerische Bauordnung vom 17. Februar 1901 und das Badische Ortsstraßengesetz vom 15. Oktober 1908. In Preußen reagierte der Gesetzgeber auf das sog. Kreuzberg-Urteil des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, das den Verunstaltungsschutz aufgrund der polizeilichen Generalklausel durch Polizeiverordnung als unzulässig erkannt hatte, durch das Gesetz gegen die Verunstaltung landschaftlich hervorragender Gegenden vom 2. Juni 1902 und das Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragender Gegenden vom 15. Juli 1907 ; die Gesetze stellten die Möglichkeit des Verunstaltungsschutzes durch Verordnung wieder her - nun auf spezialgesetzlicher Grundlage. Die erste gesetzliche Regelung der städtebaulichen Umlegung in Preußen entstand auf Betreiben des Frankfurter Oberbürgermeisters Adickes in dem Gesetz betreffend die Umlegung von Grundstücken in Frankfurt am Main vom 28. Juli 1902, nach seinem Initiator als Lex Adickes in die Baurechtsgeschichte eingegangen. Durch das Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin vom 19. Juli 1911 und durch das Gesetz betreffend Verbandsordnung für den Siedlungsverband Ruhrkohlenbezirk vom 5. Mai 1920 wurden regionale Großräume geschaffen und mit Planungsbefugnissen ausgestattet; das Zweckverbandsgesetz für Groß-Berlin stellte allerdings nur eine Vorstufe für die Bildung der Einheitsgemeinde Berlin durch das Gesetz über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin vom 27. April 1920 dar; die Zweckverbandsregelung hatte sich als ein Fehlschlag erwiesen. Von erheblicher Bedeutung wurde dagegen die kleine Reform des Städtebaurechts durch das preußische Wohnungsgesetz vom 28. März 1918, das gewichtigen Siedlungs- und baupolitischen Zielsetzungen Ausdruck gab; abgesehen davon, dass es die Festsetzung von Fluchtlinien auch für Gartenanlagen und für Spiel- und Erholungsplätze möglich machte und dass es den Gemeinden erlaubte, durch Ortsstatut die bislang nur für Frankfurt am Main geltende Lex Adickes auch für ihr Gebiet anwendbar zu machen, schuf es unter anderem die Rechtsgrundlage dafür, in den Bauordnungen die bauliche Ausnutzbarkeit abzustufen und vorzuschreiben, dass dort, wo Fluchtlinien nicht festgestellt worden waren, nur zweigeschossige Gebäude in offener Bauweise zulässig waren, ferner geschützte Gebiete auszuscheiden, in denen emissionsträchtige Anlagen und Betriebe nicht zugelassen waren, Wohngebiete und Gewerbegebiete auszuweisen sowie Vorschriften zu erlassen, die der einheitlichen Gestaltung des Straßenbildes unter Berücksichtigung des Denkmal- und Heimatschutzes dienen sollten. Dem folgte eine Vereinheitlichung des Bauordnungsrechts in Preußen: der Staatskommissar für das Wohnungswesen erließ unter dem 25. April 1919 die Einheitsbauordnung für die Städte, die als Musterentwurf den nach wie vor als Polizeiverordnungen zu erlassenden Bauordnungen zugrunde gelegt werden sollte und der später die Einheitsbauordnung für das platte Land vom 22. März 1931 zur Seite trat. Ein preußisches Städtebaugesetz war geplant; die 1926 und 1929 in das Gesetzgebungsverfahren gebrachten Entwürfe wurden vom Landtag jedoch nicht verabschiedet, zumal das Reich nun die Absicht hatte, die Materie reichsgesetzlich zu regeln.