Bausparkasse

Zu der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Bausparkasse einen Bausparer über eine zu erwartende, nicht mehr unerhebliche Verlängerung der bisher üblichen Dauer der Frist bis zur Zuteilung eines Bausparvertrages unterrichten muss.

Zum Sachverhalt: Der Kläger schloss am 23.12. 1967 mit der Beklagten Bausparkasse einen Bausparvertrag über 700000 DM ab: Auf diesen Vertrag zahlte er am 29. 12. 1967 aus Mitteln eines Zwischenkredites 350000 DM ein. Er beabsichtigte, den Zwischenkredit nach der Zuteilung der Bauspardarlehen abzudecken, so dass ihm das zinsgünstige Bauspardarlehen in Höhe von 350000 DM verblieb. Der Bausparvertrag des Klägers konnte bis Anfang 1971 nicht zugeteilt werden. Nach Verhandlungen erhielt der Kläger seine Ansparsumme zurück. Er behauptet, die Beklagten Bausparkasse habe sich bereits Ende 1967 in finanziellen Schwierigkeiten befunden und hätte ihn bei Vertragsschluss darauf hinweisen müssen, dass sich die übliche Zuteilungsfrist erheblich verlängern werde. Er begehrt Ersatz des Schadens, der ihm infolge der unterbliebenen Zuteilung innerhalb der üblichen Zuteilungsfrist entstanden ist. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen; die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen.

Aus den Granden: Die Beklagten hat in den vorgedruckten Erklärungen für den Abschluss und, die Übernahme von Bausparverträgen ebenso wie in § 11 der Bausparbedingungen unstreitig deutlich zum Ausdruck gebracht, dass ein fester Termin für die Zuteilung von Bauspardarlehen nicht genannt werden könne. Sie hat danach in dem Kläger nicht ein Vertrauen darauf erweckt, dass er mit einer bestimmten Zuteilungsfrist rechnen könne. Wenn aber bei Vertragsverhandlungen ein Vertrauenstatbestand nicht geschaffen worden ist, so fehlt die Grundlage für eine Haftung aus einem Verschulden bei Vertragsschluss: das getäuschte Vertrauen.

Diese Hinweise schließen eine Haftung der Beklagten aus Verschulden bei Vertragsschluss jedoch noch nicht unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten aus. Der Kläger erfuhr durch sie zwar genügend deutlich, dass sich die Beklagten. außerstande sah, eine bestimmte Zuteilungsfrist im Voraus zuzusagen. Das war wegen der Eigenart des Bausparens berechtigt. Es fragt sich aber, ob die Beklagten trotz dieser Hinweise verpflichtet war, den Kläger darüber zu unterrichten, dass er bei ihr voraussichtlich mit einer längeren Wartefrist bis zur Zuteilung der Bauspardarlehen als bei anderen Bausparkassen rechnen müsse.

Im allgemeinen braucht ein Unternehmen im Rahmen von Vertragsverhandlungen Auskünfte über seine wirtschaftliche Lage und deren künftige Entwicklung nur zu erteilen, wie das Berufsgericht zutreffend angenommen hat, wenn eine besonders enge und dauernde geschäftliche Verbindung mit dem künftigen Vertragspartner angestrebt wird, wie es zum Beispiel bei dem Beitritt zu einer Gesellschaft der Fall ist. Die Beziehungen zwischen einer Bausparkasse und ihren Kunden sind zwar nicht so eng, wie es vielfach unter Gesellschaftern üblich ist. Andererseits begründet ein Bausparvertrag aber doch ein sich regelmäßig über mehr als ein Jahrzehnt erstreckendes Schuldverhältnis, das überwiegend - wie auch hier - erhebliche Geldsummen betrifft. Die erfolgreiche Abwicklung solcher Verträge setzt daher ein wechselseitiges Vertrauen voraus. Dazu gehört es, dass die Bausparkasse ihre Sparer rechtzeitig und zutreffend über die für die Durchführung ihrer Verträge wesentlichen Umstände unterrichtet.

Die wirtschaftliche Lage einer Bausparkasse ist für den Bausparer bei dem Abschluss des Bausparvertrages und in der Ansparzeit besonders wichtig. Denn mit einer kurzen oder jedenfalls verhältnismäßig kurzen Frist bis zur Zuteilung eines Bauspardarlehens kann nur gerechnet werden, wenn der Bausparkasse ständig in ausreichendem Umfang neue Mittel aus den vorhandenen und neuen Bausparverträgen zufließen. Das ist aber nur zu erwarten, wenn die wirtschaftliche Lage der Bausparkasse allgemein mindestens nicht als ungünstig angesehen wird. Wann und in welchem Umfang eine Bausparkasse hiernach bei Vertragsverhandlungen von sich aus, wie es der Kläger nach seinem Vortrag erwartet hat, auf eine wegen ihrer wirtschaftlichen Lage künftig zu befürchtende Verlängerung der Zuteilungsfristen hinweisen muss, bestimmt sich danach, worauf der Interessent nach ihrem Verhalten vertrauen darf.

Eine Bausparkasse weckt regelmäßig durch ihren Geschäftsbetrieb und ihre Angebote mit den dazu gehörenden Bausparbedingungen in den künftigen Bausparern den Eindruck, sie gingen bei der Geschäftsverbindung mit ihr nur das mit dem Abschluss eines Bausparvertrages allgemein verbundene Risiko ein. Darüber hat die Beklagte ihre Kunden aus den schon genannten Gründen hinsichtlich der hier interessierenden Zuteilungsfristen hinreichend unterrichtet. Es kann sich daher nur fragen, ob die Beklagten den Kläger trotzdem auf eine wegen des bisherigen Geschäftsganges zu befürchtende Verlängerung der Wartefrist bis zur Zuteilung hätte aufmerksam machen müssen. Das wäre in Betracht gekommen, wenn die Beklagten bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger schon hätte übersehen können, dass sich die Zuteilungsfristen nicht nur unerheblich verlängern würden. Die Dauer dieser Fristen lässt sich zwar regelmäßig nicht fest voraussagen. Dennoch bestehen im Allgemeinen Erfahrungssätze über die übliche Wartezeit bei den einzelnen Vertragstypen. Die danach zu erwartenden Zuteilungsperioden werden den Kunden - wenn auch unverbindlich - mitgeteilt. Ein Bausparbewerber wird daher damit rechnen, falls ihm nichts anderes gesagt wird, dass sein Bausparvertrag, soweit dies von der Geschäftsentwicklung bei der Bausparkasse abhängt, etwa innerhalb derselben Zeitspanne zugeteilt werden wird, wie dies bisher bei derartigen Verträgen üblich gewesen ist, und seine Dispositionen danach einrichten. Erkennt eine Bausparkasse das oder muss sie damit ernstlich rechnen, so darf sie eine zu befürchtende, nicht unerhebliche Verlängerung der Zuteilungsfristen jedenfalls nicht etwa verschweigen, wie das Berufsgericht in einer Hilfserwägung gemeint hat, aus Rücksicht auf ihre wegen der geschilderten Eigenart des Bauspargeschäfts stets an dem Abschluss neuer Verträge interessierten alten Bausparer. Die Pflicht zur Vertragstreue gegenüber den bisherigen Vertragspartnern kann nicht die Täuschung des Vertrauens Dritter rechtfertigen.

Wann eine Bausparkasse einen Kunden hiernach trotz der Warnung in den Bausparbedingungen zusätzlich auf die Ungewissheit über die Dauer der Zuteilungsfrist hinweisen muss, braucht nicht abschließend ,erörtert zu werden, weil sich aus dem unstreitigen Sachverhalt ergibt, dass dafür jedenfalls im Dezember 1967 bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger noch kein Anlass bestand werden, die den Vertragszweck gefährden.