Bauverträge

In Bauverträgen kann durch Allg. Geschäftsbedingungen vereinbart werden, dass der Besteller sich eine Vertragsstrafe nicht schon bei der Annahme vorbehalten muss, dass er sie vielmehr noch bis zur Schlusszahlung geltend machen darf.

Anmerkung: Die Fragen, ob eine Vertragsstrafe wirksam vereinbart worden ist und was zu ihrer Durchsetzung beobachtet werden muss, erlangen vor allem in der baurechtlichen Praxis eine ständig wachsende Bedeutung. Immer wieder zeigt sich insbesondere, dass der zunächst Berechtigte seinen Anspruch verloren hat, weil er sich das Recht auf Vertragsstrafe nicht gemäß § 341 III BGB bei der Annahme der Leistung bzw. bei der Abnahme des Werks vorbehalten hatte.

Dass die Vertragsstrafe auch jetzt noch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart werden kann, ist grundsätzlich nicht zweifelhaft; § 11 Nr. 6 AGBG wendet sich zwar gegen bestimmte Abreden, nicht aber gegen die beim Bauvertrag häufig anzutreffende Vereinbarung für den Fall, dass der Unternehmer mit der Herstellung des Werks in Verzug gerät. Schon vor, aber auch nach Inkrafttreten des AGBG war und ist in diesem Falle - jetzt im Hinblick auf § 9 AGBG - fraglich, welche Vereinbarungen im einzelnen zur Ausgestaltung des Vertragsstrafeversprechens getroffen werden können.

Mit der Frage, ob durch AGB vereinbart werden könne, dass der Besteller sich die Vertragsstrafe nicht schon bei der Abnahme vorbehalten müsse, dass er sie vielmehr noch bis zur Schlusszahlung gelten machen dürfe, hatte sich der BGH in dem hier erörterten Urteil zu befassen. Das Berufungsgericht hatte diese Frage in seinem auch von der Kommentarliteratur zitierten Urteil (Betr. 1975, 1601 = BauR 1976, 63) verneint; der BGH hat sie bejaht.

1. Jede Allgemeine Geschäftsbedingung ist zunächst darauf zu untersuchen, ob sie überhaupt Vertragsbestandteil geworden ist. Das wäre zu verneinen, wenn sie - mag sie auch sachlich nicht unangemessen sein - überraschend ist, wenn also der Vertragspartner des Verwenden bei Billigung der von diesem aufgestellten Bedingungen redlicherweise mit ihr nicht zu rechnen braucht (BGH, LM § 537 BGB Nr. 21 = NJW 1977, 195 [196] m. Nachw.; vgl. ferner das im Urteil angeführte Schrifttum). Auf die Rechtsprechung des BGH geht denn auch § 3 AGBG zurück, wonach Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden.

Davon konnte hier keine Rede sein. Diese Klausel ist bei Bauverträgen verhältnismäßig häufig anzutreffen; bei Individualverträgen hatte der BGH mit ihr schon wiederholt zu tun (vgl. die Nachweise im Urteil). Auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss mit ihr gerechnet werden. Neue Pflichten werden durch diese Klausel dem Unternehmer nicht auferlegt; sie verlangt von ihm auch kein zusätzliches Tätigwerden zur Vermeidung von Nachteilen. Insoweit hatte ersichtlich auch das Berufungsgericht keine Zweifel.

2. War die Klausel Vertragsbestandteil geworden, so kam es freilich auch darauf an, ob sie der Inhaltskontrolle standhielt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hat der BGH das angenommen und inzwischen auch dort Zustimmung gefunden, wo zuvor die Meinung des Berufungsgerichts gebilligt worden war (Palandt-Heinrichs, 39. Aufl., AGBG § 11 Anm. 6b). Einseitig aufgestellten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist allerdings die Anerkennung zu versagen, wenn sie den im dispositiven Recht enthaltenen, ausgewogenen Ausgleich widerstreitender Interessen verdrängen, ohne den Vertragspartner des Verwenders angemessen zu sichern (BGHZ 60, 377 [380] = LM § 652 BGB Nr. 44 mit Anm. Hauß ). Verdanken nämlich Vorschriften des dispositiven Rechts ihre Entstehung nicht nur Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern einem aus der Natur der Sache sich ergebenden Gerechtigkeitsgebot, so bedarf es zur Wirksamkeit einer von ihnen abweichenden Regelung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen gewichtiger Gründe, wenn die betreffende Klausel das Gerechtigkeitsgebot, wie es aus der Leitbildfunktion des dispositiven Rechts ersichtlich ist, in Frage stellt und gleichwohl mit Recht und Billigkeit vereinbar sein soll. Je stärker der Gerechtigkeitsgehalt der Dispositivnorm ist, umso strenger ist zu prüfen, ob die Abweichung noch mit Treu und Glauben zu vereinbaren ist (vgl. die Nachweise im Urteil).

Hier hatte das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass § 341 III BGB vor allem das Ergebnis einer Zweckmäßigkeitserwägung des Gesetzgebers ist, wie der BGH unter Darstellung der RG-Rechtsprechung noch vor Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches ausgeführt hat. Daneben war freilich für die Regelung des § 341 1 BGB auch bestimmend, dass mit ihr unbillige Härten gegen den Schuldner verhindert werden sollten (Motive II S. 277). Hier ging es aber nicht etwa um die Möglichkeit, die Vertragsstrafe noch bis zu deren Verjährung geltend zu machen. Die Notwendigkeit, den Vorbehalt zu erklären, war nicht vollständig entfallen. Der Schuldner soll zwar auch dann, wenn die Vertragsstrafe bereits mit der Nichterfüllung bei Fälligkeit in voller Höhe verwirkt ist, die Aussicht behalten, dass der Gläubiger unter dem Eindruck einer - wenn auch verspäteten, so doch nachgeholten - Erfüllung von seinem Recht, die Vertragsstrafe zu verlangen, keinen Gebrauch machen werde. Das steht aber einer Verschiebung des Zeitpunkts, bis zu dem der Vorbehalt geltend gemacht werden kann, nicht entgegen. Gerade im Bauwesen wird sich häufig erst nach Abschluss der Arbeiten zeigen, ob und in welchem Umfange die Verzögerung zu einem Schaden geführt hat. Das darf der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen berücksichtigen und das kann auch zu Gunsten des Vertragspartners ausschlagen, wie der BGH dargelegt hat.