Bauwerk

Die Errichtung einer baulichen Anlage bedeutet die erstmalige Herstellung eines Bauwerks oder die Wiederherstellung einer zerstörten Anlage mit Hilfe von Baustoffen und Baumaterialien, insbesondere Stein, Eisen, Beton, Holz, Glas oder Kunststoff. Dabei sind an die Konstruktion und die technischen Leistungen keine hohen Anforderungen zu stellen. Unerheblich ist auch, aus welchem Material die Anlage erstellt worden ist, ob sie Stück für Stück durch An- oder Aufeinanderfügen und Miteinanderverbinden von Stoffen hergestellt, aus mehreren Bauteilen zusammengesetzt oder nur aus einem einzigen, vorgefertigten Stück besteht. Der in § 29 verwendete Begriff der baulichen Anlage setzt demnach weder - was kaum überzeugend abzugrenzen wäre - die Verwendung von Bauteilen voraus, noch kommt es darauf an, in welchem Maß sich die zwischen den einzelnen Teilen geschaffene Verbindung als fest bezeichnen lässt. Eine bauliche Anlage wird nicht nur dann errichtet, wenn ein Gebäude oder ein sonstiges größeres Bauwerk gebaut wird, vielmehr reicht hierfür auch eine Befestigung der Erdoberfläche aus, um das befestigte Gelände als Lagerplatz oder Sportanlage, z. B. Tennisplatz nutzen zu können. Die Bautätigkeit muss jedoch zu einer sichtbaren Veränderung der Geländeoberfläche führen. Der VGH BaWil hat z. B. das Errichten einer baulichen Anlage verneint, wenn lediglich drei bis vier Lastwagenladungen Aufschüttmaterial verteilt werden, um ein Aufweichen des Erdbodens bei Nässe zu verhindern; ebenso hat das OVG Münster einen durch eine geringe Aushubaufschüttung befestigten Platz zum Holzlagern nicht als bauliche Anlage angesehen. Dagegen stellt eine 500 m2 große Kiesaufschüttung als Stellfläche für einen Imbissstand mit Tischen und Stühlen bereits eine bauliche Anlage dar. Die Errichtung einer baulichen Anlage verlangt, dass die Anlage künstlich hergestellt ist. Wer z. B. lediglich eine bereits vorhandene Erdhöhle oder einen Felsüberhang ausnützt, errichtet keine bauliche Anlage. Eine Änderung einer baulichen Anlage ist jede Erweiterung, Verkleinerung, Umgestaltung oder Beseitigung. Allerdings werden bei Umbaumaßnahmen nur solche Änderungen von § 29 Satz 1 erfasst, die bauplanungsrechtlich relevant sind, weil sie entweder das Äußere des Gebäudes mehr als unwesentlich verändern oder aber, soweit sie auf das Innere beschränkt bleiben, zu einer Veränderung von Grundflächen- oder Geschossflächenzahl führen Bauliche Maßnahmen, die lediglich der Erhaltung und Reparatur des Gebäudes dienen, sind keine Änderungen im Sinn des § 29 Satz 1. Der vollständige Abbruch eines Bauwerks fällt nicht unter § 29. Das OVG Münster weist zu recht darauf hin, dass die Regelungen der §§ 30 ff, insbesondere der §§ 34, 35 für einen Abbruch nicht sinnvoll anwendbar sind. Ein Abbruch kann sich weder in die nähere Umgebung einfügen noch die natürliche Eigenart der Landschaft und sonstige in § 35 Abs. 3 genannten öffentliche Belange beeinträchtigen. Auch kann der Abbruch nicht im Widerspruch zu den Festsetzungen des Bebauungsplans stehen, da der Bebauungsplan kein Verwirklichungsgebot normiert. Im Übrigen zeigt § 172 Abs. 1, dass zwischen Abbruch und Änderung einer baulichen Anlage zu differenzieren ist. Die Nutzungsänderung ist häufig mit der Änderung der baulichen 7 Anlage in dem unter Rn. 6 dargestellten Sinn verbunden; § 29 Satz 1 erfasst aber auch solche Nutzungsänderungen, bei denen das Gebäude als solches unverändert bleibt, z. B. die Umwandlung eines Großhandelsbetrieb in ein Einzelhandelsgeschäft; die Vermietung eine für Betriebspersonal gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO bestimmten Wohnung an betriebsfremde Personen; die Nutzung eines als Wochenendhaus genehmigten Gebäudes für ein ständiges Bewohnen. Bei der Nutzungsänderung handelt es sich um einen selbständigen Begriff des Bauplanungsrechts, der allerdings in der Regel mit dem bauordungsrechtlichen Begriff der Nutzungsänderung übereinstimmt. Eine Nutzungsänderung im Sinn von §.29 Satz 1 liegt vor, wenn sie bodenrechtlich relevant ist, d. h. die in § 1 Abs. 5 genannten Belange berührt werden; die Nutzungsänderung muss die Genehmigungsfrage erneut aufwerfen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn für die neue Nutzung weitergehende Vorschriften gelten als für die frühere Nutzung. Eine Nutzungsänderung ist aber auch dann anzunehmen, wenn sich die Zulässigkeit der neuen Nutzung zwar nach den gleichen Vorschriften bestimmt wie die der früheren Nutzung, aber die neue Nutzung nach dieser Vorschrift anders zu beurteilen ist als die frühere Nutzung. Weitere Beispiele für Nutzungsänderungen: Ausbau einer Tankstelle zur Reparaturwerkstatt im nicht-beplanten Innenbereich; Änderung eines Kinos in ein Tanzlokal; Umwandlung einer Gaststätte in eine Diskothek; Schweinestall statt Hühnerstall; Einbau einer Wagenhebeanlage in eine Garage, so dass eine Werkstatt entsteht; Umwandlung eines Büros in eine Wohnung; Veränderung einer Gaststätte in Spielsalon. Allen angeführten Beispielen für eine Nutzungsänderung ist gemeinsam, dass die Nutzungsänderung mit einer Funktionsänderung verbunden ist; auf die Bedeutung dieses Merkmals weist vor allem das Urteil des BVerwG vom 15.11. 1974 hin. Unter Funktionsänderung sind solche Nutzungsänderungen zu verstehen, die zu einer anderen baurechtlichen Beurteilung der Nutzung des Bauvorhabens führen. Weyreuther spricht.. insoweit von rechtlicher Nutzungsänderung. Wird z. B. ein Textilgeschäft in ein Blumengeschäft umgewandelt, dann stellt das zwar in tatsächlicher Hinsicht eine Nutzungsänderung dar, die aber rechtlich irrelevant ist, weil für die Zulässigkeit beider Geschäfte dieselben Grundsätze gelten; es liegt mithin keine Nutzungsänderung im Sinn des § 29 Satz 1 vor. Wird dagegen eine Schank- und Speisewirtschaft in eine Diskothek umgewandelt, dann stellt das nicht nur eine tatsächliche Nutzungsänderung, sondern auch eine Funktionsänderung in dem oben dargestellten Sinne dar, weil an Diskotheken andere Anforderungen gestellt werden als an Schank- und Speisewirtschaften; letztere Nutzungsänderung fällt deshalb unter § 29 Satz 1.