Bauwerkvertrag
Zur Abgrenzung zwischen Bauwerkvertrag und werkvertraglicher Geschäftsbesorgung (Baubetreuung) (im Anschluss an BGH, Nr. 6 zu § 632 BGB).
Mit Baubetreuungsvertrag vom 4. 6. 1964 übernahm es der Kläger und der Kaufmann K, auf einem am selben Tage von ihren Ehefrauen für 13 500 DM den Beklagten verkauften Grundstück in S. für die Beklagte einen viergeschossigen Wohnhaus-Block nebst drei Garagen nach einem dem Vertrag anliegenden Bauplan zu einem Festpreis von 475000 DM (einschließlich Grunderwerbspreis und Baunebenkosten) zu erstellen. Für die Gesamtfinanzierung dieses Bauvorhabens hatten die Beklagte dem Kläger bereits am 26. 5. 1964 eine Vergütung von 17 500 DM zugesagt.
Nach Baubeginn im Herbst 1964 kam es zu Meinungsverschiedenheiten unter den Beteiligten. Nach Kündigung des Baubetreuungsvertrages durch die Beklagte im Dezember 1964 übernahm durch Vereinbarung vom 14. 12. 1964 der Kläger allein die Verpflichtung, die Baubetreuung zu den gleichen Bedingungen durchzuführen (ohne die von K § 5 des alten Vertrages übernommene Vermietungsgarantie), jedoch sollten nunmehr die Beklagten die Aufträge an die Handwerker vergeben, und zwar nach den Baubetreuungsrichtlinien des Klägers Am 5. 2. 1965 vereinbarten die Parteien, der Festpreis von 475 000 DM bleibe nach Möglichkeit einzuhalten, jedoch unter Ausschluss persönlicher Haftung des Klägers
Nach erneuten Unstimmigkeiten kündigten die Beklagte das Vertragsverhältnis fristlos mit Schreiben vom 25. 3. 1965. Unter dem 26. 3. 1965 widersprach der Klägerder Kündigung.
Mit der Klage hat der Kläger 82452,43 DM nebst Zinsen verlangt. Er hat seine Klage in erster Linie auf § 4c des Baubetreuungsvertrages gestützt, wonach die Beklagte verpflichtet waren, ihm eine Hypothekenvaluta von 115 000 DM zu überlassen. Davon hat der Kläger unstreitig erhaltene 32 547,57 DM abgesetzt Hilfsweise - für den Fall, dass die Kündigung wirksam sei - hat der KlägerErsatz der Vergütung für Baubetreuung und Finanzierung sowie seiner Aufwendungen gefordert.
Die Beklagte haben bestritten, dass der Vergütungsanspruch und die Aufwendungen des Klägers höher seien als ihre bereits geleisteten Zahlungen. Hilfsweise haben sie mit Gegenforderungen in Höhe von 9151,95 DM aufgerechnet.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat durch Teilurteil dem Kläger 57 807,73 DM nebst Zinsen zuerkannt. Die Revision der Beklagte hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht erachtet die Kündigung des Vertrages durch die Beklagte für wirksam und das Vertragsverhältnis mit dem Zugang der Kündigung am 26. 3. 1965 für beendet. Aus diesem Grunde verneint es den vom Kläger in erster Linie geltend gemachten Anspruch auf Überlassung der den Beklagten ausgezahlten Hypothekenvaluta.
Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Der Kläger ist in der Revisionsinstanz auf diesen Anspruchsgrund auch nicht mehr zurückgekommen.
II. Das Berufungsgericht meint, das Vertragsverhältnis der Parteien sei, auch unter Berücksichtigung der Änderungen des Vertrages vom 4. 6. 1964 durch die späteren Vereinbarungen vom 14. 12. 1964 und 5.2. 1965, bis zuletzt ein auf die Herstellung des Hauses gerichteter Werkvertrag gewesen. Der Kläger könne daher zumindest eine anteilige Vergütung für den von ihm bis zum 26.3. 1965 ausgeführten Teil des Bauwerks verlangen. Bis dahin sei dieses bis zum Erdgeschoßmauerwerk hochgezogen, aber noch ohne Erdgeschoßdecke gewesen.
Das Berufungsgericht hat den Wert dieses Gebäudetorsos, dem Sachverständigen Dr. H folgend, mit 41 432,25 DM ermittelt. Außerdem hat es Baunebenkosten (Architekten-, Statikergebühren u. a.) von 58 075 DM festgestellt und ist so zu einem Gesamtwert der vom K.1. bis 26. 3. 1965 erbrachten Leistungen in Höhe von 99 507,25 DM gelangt. Hiervon hat es die gezahlten 32547,57 DM und etwaige Gegenforderungen von 9151,95 DM abgesetzt und demgemäß 57 807,73 DM zuerkannt.
Die Revision wendet sich gegen die Wertung des am 26. 3. 1965 beendeten Vertragsverhältnisses als eines bis zuletzt auf die Herstellung des Hauses gerichteten Werkvertrags. Sie sieht in dem Vertrag vielmehr einen Geschäftsbesorgungs-Dienstvertrag, so dass der Kläger nur Ersatz seiner belegbaren Aufwendungen, nicht aber eine Vergütung für das Teilbauwerk verlangen könne.
Im Ergebnis bleibt die Revision ohne Erfolg:
1. Das Berufungsgericht geht richtig davon aus, dass ursprünglich der am 4. 6. 1964 zwischen dem Kläger und K einerseits sowie den Beklagten andererseits geschlossene Baubetreuungsvertrag ein auf die Errichtung des Bauwerks gerichteter Werkvertrag war.
a) Die Betreuer verpflichteten sich darin, den Beklagten als Bauherren ein schlüsselfertiges Wohnhaus nach Plan auf deren Grundstück gegen einen Festpreis von 461 500 DM zu erstellen. Ihre vertragliche Leistung umfasste zwar auch Geschäftsbesorgungen, ging jedoch im wesentlichen auf die Herstellung des Hauses.
b) Nach dem Inhalt des ursprünglichen Vertrages handelte es sich somit nicht um eine Baubetreuung im engeren Sinne (vgl. dazu Locher, NJW 1967, 326, 327; Koeble, NJW 1974, 721; Pfeiffer, NJW 1974, 1449, 1450; Nicklisch, BB Beilage 10/1974, S. 10, 11). Die Betreuer sollten nicht namens des Bauherrn dessen Bauvorhaben betreuen, sondern selbst Auftraggeber gegenüber den bauausführenden Firmen sein. Ihre vertragliche Stellung ähnelte der eines Generalübernehmers (vgl. Locher, BaubetreuungsR 1973, S. 8; Ingenstau-Korbion, VOB, 7. Aufl., Anhang zu A Rdnr. 50; Nicklisch, BB Beilage 10/1974, S. 10, 11). Eine Vergütung stand ihnen nicht für die Betreuungstätigkeit zu, sondern für das fertige Haus. Die darin enthaltene Gewinnspanne kam ihnen zugute. Sie hatten den Beklagten weder Rechnung zu legen noch konnten sie Ersatz ihrer eigenen Unkosten verlangen. Die als Nebenpflicht übernommene Besorgung einzelner fremder Geschäfte, etwa der Vermietung, änderte daran nichts.
c) Unter diesen Umständen entspricht die Wertung des Baubetreuungsvertrages vom 4. 6. 1964 durch das Berufungsgericht als Werkvertrag mit Festpreisabrede der ständigen Rechtsprechung des BGH (WM 1969, 96; 1969, 296 = Nr. 20 zu § 459 BGB; WM 1969, 1139 -= Nr. 6 zu § 632 BGB = NJW 1969, 1847 [L]).
2. Das Berufungsgericht hat aber die Änderungen des Vertragsinhalts durch die Vereinbarungen der Parteien vom 14. 12. 1964 und vom 5. 2. 1965 nicht hinreichend gewürdigt.
a) Die Vereinbarung vom 14. 12. 1964 erschöpft sich nicht darin, dass der Kläger die Baubetreuung zu den gleichen Bedingungen des Vertrages vom 4. 6. 1964 allein übernahm und infolge des Ausscheidens Ks dessen Vermietungsgarantie wegfiel. Es waren jetzt vielmehr die Bauaufträge von den Beklagten als Bauherren zu vergeben, wenn auch nach den Richtlinien des Klägers
Dadurch verlor der Kläger die Stellung des Unternehmers, wie er sie nach dem ursprünglichen Vertrag gehabt hatte. Er wurde statt dessen zu einem Baubetreuer im engeren Sinne, dem im Namen und im Interesse der Beklagte die technische und geschäftliche Durchführung des Bauvorhabens oblag.
b) Am 5. 2. 1965 bestätigten die Parteien nicht nur diese Vereinbarung, sondern waren sich weiter darin einig, dass der im Baubetreuungsvertrag zugesagte Festpreis nur noch nach Möglichkeit einzuhalten sei und jedenfalls der Klägerdafür nicht mehr haften solle.
Damit wurde aus dem ursprünglichen Festpreis ein bloßer Richtpreis, um dessen Einhaltung die Parteien sich gemeinschaftlich bemühen wollten.
c) Im Zusammenhang mit der vom Berufungsgericht in seinem Teilurteil noch nicht entschiedenen Frage, ob die Beklagte zur fristlosen Kündigung am 25. 3. 1965 berechtigt waren, misst es selbst der veränderten Vertragslage die Bedeutung zu, dass der Kläger nun nicht mehr nach eigenem Ermessen Aufträge, Material und Rechnungsposten zwischen dem für die Beklagte bestimmten Wohnblock B und seinen anderen Baustellen habe verschieben dürfen, da die Beklagte davon unmittelbar betroffen worden wären. Das Berufungsgericht geht also zu Recht davon aus, dass es zur Zeit der Vertragsbeendigung nicht mehr - wie nach dem ursprünglichen Baubetreuungsvertrag vom 4. 6. 1964 - allein Sache des Klägers war, mit welchen Mitteln und Kosten er das bestellte Bauwerk errichtete, sondern dass er nach der geänderten Vertragsgestaltung die Interessen der Bauherren an möglichst preisgünstiger Bauausführung ohne Verquickung mit eigenen Geschäften wahrnehmen musste. Das Berufungsgericht bezieht sich hierbei auf das Schreiben des Klägers an die Beklagte vom 7. 2. 1965, in dem es heißt.
In Ihren gesamten,l3ausachen . tragen Sie das gesamte Haftungsrisiko selbst und setzen sich mit den verschiedenen Handwerkern selbst auseinander. Sie vergeben ja auch die Aufträge selbst und sind daher Bauherr und Auftraggeber in einer Person. Meine Hilfe gilt lediglich zur Durchführungsmöglichkeit selbst an Ihrer Stelle. Ich werde bemüht sein, allenfalls Ihre Interessen zu vertreten
Das Berufungsgericht entnimmt diesem Schreiben das Bewusstsein des Klägers, zur Wahrnehmung der Interessen der Beklagte verpflichtet zu sein. Daraus ergibt sich aber auch, dass der Kläger nach den Vereinbarungen vom 14. 12. 1964 und 5. 2. 1965 nicht mehr Unternehmer, sondern Baubetreuer im engeren Sinne war, der die Geschäfte der Beklagte in deren Interesse wahrzunehmen hatte.
d) Das Berufungsgericht hat schließlich nicht gewürdigt, dass der Kläger bereits vor dem Landgericht in zweiter Linie Ersatz seiner Aufwendungen (dort mit 125260,16 DM abzüglich 17500 DM Finanzierungsvergütung angegeben) verlangt hat. In der Berufungsinstanz hat er seine Aufwendungen mit 119809,08 DM beziffert und eine weitere Vergütung von 8000 DM für die Baubetreuung geltend gemacht Seinem Berufungsvortrag kann zwar entnommen werden, dass er diese Angaben auch als Bemessungsgrundlagen eines anteiligen Werklohns für das Teilbauwerk gewertet wissen wollte, doch, ging ersichtlich damals der Kläger - mindestens hilfsweise - davon aus, dass die Vertragsbeziehungen der Parteien zuletzt eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hatten (§§ 675, 670, 632 BGB) und er daher nur Aufwendungsersatz beanspruchen könne. In solchem Fall ist der Anspruch nämlich kein Anspruch auf Vergütung (Werklohn) nach § 632 BGB, sondern ein Anspruch auf Ersatz der Auslagen nach § 670 BGB (Urteil des Senats, Nr. 6 zu § 632 BGB = WM 1969, 1139 = NJW 1969, 1847 [L]).
III. Aus dem unstreitigen Sachverhalt und den Feststellungen des Berufungsgerichts ergibt sich nach alledem, dass die Parteien nach der ersten Kündigung des Baubetreuungsvertrages durch die Beklagte im Dezember 1964 ihr Vertragsverhältnis durch die Vereinbarungen vom 14. 12. 1964 und 5. 2. 1965 auf eine neue Rechtsgrundlage gestellt haben. An die Stelle des auf die Erstellung des Bauwerks gerichteten Werkvertrages mit zwei Unternehmern ist, und zwar mit einvernehmlicher Rückwirkung auf die, bereits geleisteten Bauarbeiten, ein Werkvertrag mit dem Kläger allein getreten, der eine Geschäftsbesorgung, nämlich die Baubetreuung, zum Gegenstand hatte (§ 675 BGB). Die Geschäftsbesorgung erschöpfte sich nicht in bloßen Dienstleistungen, wie der Kläger meint. Dieser hatte, ähnlich einem Architekten, die Aufgaben eines Sachwalters der Bauherren sowohl in technischer als auch in finanzieller Beziehung und haftet für plangerechte Erstellung und Finanzierung des mangelfreien Bauwerks.
Der Kläger kann gemäß § 670 BGB Ersatz seiner für das Haus der Beklagte gemachten Aufwendungen fordern. Das Berufungsgericht hat diese Aufwendungen hinreichend festgestellt, so dass die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 565 III Nr. 1 ZPO).
Nachdem es dem Kläger in erster Instanz deshalb nicht gelungen war, seine Aufwendungen voll nachzuweisen, weil die von ihm eingereichten Handwerkerrechnungen zumeist keine Unterscheidung zwischen dem Haus der Beklagte und den anderen Baustellen des Klägers machten, hat das Berufungsgericht den Wert des bis zum 26. 3. 1965 ausgeführten Teils des Hauses der Beklagte sowie über die sogenannten Nebenkosten durch Einholung zweier Gutachten des Sachverständigen Dr. H Beweis erhoben. Der Sachverständige hat den Wert derart ermittelt, dass er die für die Teilleistung erforderlichen Aufwendungen zu den Einheitspreisen der Bauaufträge festgestellt hat. Das Berufungsgericht hat sich diese Feststellungen zu eigen gemacht und ist dem Sachverständigen in vollem Umfang gefolgt. Nach seiner Feststellung haben die Beklagte die Ergebnisse der Gutachten nicht substantiiert angegriffen. Auch die Revision erhebt insoweit keine Einwendungen.
Somit haben die Aufwendungen des Klägers für das Haus der Beklagte 99507,25 DM betragen, nämlich 41432,25 DM für Zahlungen an die Bauhandwerker und 58075 DM für Baunebenkosten. Eine Vergütung für die Baubetreuung ist in diesen Beträgen nicht enthalten; hierüber wird das Berufungsgericht im Schlussurteil zu entscheiden haben.