Bedenken und Anregungen

Die vorgebrachten Bedenken und Anregungen können sich ihrem im einzelnen erforderlichen substantiellen Inhalt nach grundsätzlich nur auf den Plan und dessen Erläuterungsbericht bzw. Begründung erstrecken, die allein Gegenstand des Verfahrens sind. Hieraus ergibt sich, dass nur solche Bedenken und Anregungen in Betracht kommen, die einen bodenrechtlichen Bezug haben und insoweit als öffentliche oder private Belange allein i. S. des § 1 Abs. 6 abwägungsbeachtlich sind. Keine Planausweisung kann aber einen Schutz vor Terrorakten gewährleisten. Das Interesse an einem dahingehenden Schutz hat keinen bodenrechtlichen Bezug. Solchen Gefahren entgegenzuwirken, ist Sache und Aufgabe der Polizei sowie anderer für die allgemeine Sicherheit zuständiger staatlicher Behörden. Nicht beziehen können sich Bedenken und Anregungen aber auch auf Fragen der Durchführung des Plans, wie etwa Umlegungs-, Enteignungsoder Entschädigungsfragen. Sie sind darum in der Regel auch nur insoweit zu prüfen und gegebenenfalls der höheren Verwaltungsbehörde vorzulegen, als sie sich in diesem Rahmen halten. Etwas anderes kann im Einzelfall nur gelten, sofern durch die Planung offensichtlich Durchführungsmaßnahmen oder Folgen z. B. Entschädigungsansprüche gemäß § 40 ff. ausgelöst werden, die bei Beachtung der materiellen Grundsätze des § 1 Abs. 5 und 6 Berücksichtigung verdienen. - Die Tatsache, dass Bedenken und Anregungen gegenüber dem Entwurf eines Bebauungsplans hinsichtlich der Nutzung eines Baugebietes erhoben worden sind, gibt kein Recht darauf, von der Bauaufsichtsbehörde zu verlangen, dass bis zur Entscheidung über sie nur Vorhaben in einem den Vorstellungen der Bedenken und Anregungen entsprechenden Sinne zugelassen werden.

Eine Erörterung der fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen ist im Gegensatz zu früheren landesrechtlichen Regelungen nicht mehr vorgeschrieben, kann sich aber im Einzelfall durchaus empfehlen. Der Wegfall einer zwingend vorgeschriebenen Erörterung beruht auf verschiedenen Gründen: die Bauleitpläne werden durch die zur Wahrung der Bürgerinteressen berufene Gemeindevertretung beschlossen; ferner sollte das Planungsverfahren nicht durch eine nochmalige obligatorische Erörterung verzögert werden, zumal eine solche bereits bei der vorgeschobenen Bürgerbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 stattgefunden hat. Schließlich hat der Gesetzgeber offenbar eine Erörterung nicht in jedem Fall für notwendig gehalten, wollte vielmehr den Gemeinden das Vertrauen entgegenbringen, dass sie im Rahmen der Prüfung der Bedenken und Anregungen ohne eine gesetzliche Vorschrift in den Fällen in eine Erörterung eintreten werden, in denen dies von der Sache her notwendig oder im Interesse einer vernünftigen Zusammenarbeit zwischen Gemeindeverwaltung und Bürgern angezeigt ist. - Die Erörterung ist schriftlich oder mündlich möglich.

Zu prüfen sind die fristgemäß, d. h. während der Auslegungsfrist vorgebrachten Bedenken und Anregun- gen. Eine infolge des Eingehens auf diese dadurch eintretende Verlängerung des Planverfahrens ist kein sachlicher Grund dafür, planungsrechtlich relevante Belange unberücksichtigt zu lassen. Die Vorschrift besagt aber auch ebenso wenig, dass verspätete Bedenken und Anregungen unberücksichtigt bleiben und als unzulässig zurückgewiesen werden dürfen. Die Frist, innerhalb der Bedenken und Anregungen vorgebracht werden können, ist keine Ausschlussfrist. Der Vorschrift kommt insoweit keine Präklusionswirkung zu. Sie zielt nur darauf ab, dass die Gemeinde nicht länger als erforderlich mit dem förmlichen Planverfahren befasst bleibt, nur weil noch Bedenken und Anregungen von Nachzüglern zu berücksichtigen sind. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 210 erübrigt sich nicht nur, sondern wäre auch unzulässig, da diese Vorschrift nur für das Verwaltungsverfahren, nicht für ein Rechtssetzungsverfahren gilt. Das Wort fristgemäß dient nur der Verfahrensbeschleunigung. Verspätete Bedenken und Anregungen darf die Gemeinde der höheren Verwaltungsbehörde also nicht vorenthalten. Nur braucht sie sie ihrerseits nicht mehr zu prüfen, sondern hat sie zusammen mit den bereits geprüften, aber nicht berücksichtigten Bedenken und Anregungen dem Vorlagebericht beizufügen. Die Prüfung bleibt dann der höheren Verwaltungsbehörde - notfalls nach Rückfragen bei der Gemeinde - im Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren überlassen. Die Gemeinde ihrerseits kann aber auch verspätete Bedenken und Anregungen noch ohne Verfahrensverstoß prüfen und wie rechtzeitig vorgebrachte behandeln. Das gleiche gilt, sofern nach Vorlage des Bauleitplans noch Bedenken und Anregungen bei der Gemeinde eingehen. Sie sind der höheren Verwaltungsbehörde unverzüglich nachzureichen. Denn sie unberücksichtigt zu lassen, wäre ein Verstoß gegen Art. 17 GG und damit ein Verfahrensmangel.

Unmittelbar bei der höheren Verwaltungsbehörde oder nach Vorlage des Bauleitplans bei dieser oder bei der Gemeinde noch eingehende Bedenken und Anregungen sind nach Art. 17 GG zu würdigen. Danach hat jedermann das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen zu wenden, sowie Anspruch darauf, dass die angegangene Stelle die Eingabe nicht nur entgegennimmt, sondern auch sachlich prüft und ihm zumindest die Art der Erledigung schriftlich mitteilt. Nur wer auf eine zulässige Petition ordnungsgemäß beschieden ist, hat, wenn er die gleiche Petition nochmals bei der gleichen Stelle anbringt, grundsätzlich keinen Anspruch auf sachliche Prüfung und Bescheidung.

Während bisher nach § 2 a Abs. 6 Satz 4 BBauG die Gemeinde die 90 fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen zu prüfen hatte, schreibt nunmehr Abs. 2 Satz 4 BauGB lediglich vor, dass die fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen zu prüfen sind. Ebenso wie in § 2 Abs. 1 Satz 2 und § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB ist dadurch herausgestellt worden, dass dem Bundesgesetz keine Verpflichtung zur Beschlussfassung durch die Gemeinde entnommen werden soll. Welche Organe der Gemeinde im Rahmen ihrer Zuständigkeit - nach § 2 Abs. 1 sind die Bauleitpläne, von der Ausnahme des § 205 abgesehen, von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen, so dass sie sich dieses Rechts und dieser Pflicht weder begeben noch sie delegieren kann - tätig werden müssen, richtet sich somit nach dem jeweiligen Gemeindeverfassungsrecht des Landes. Ebenso wie danach für einen Satzungsbeschluss nach § 10 grundsätzlich nur der Gemeinderat zuständig ist, kann die Entscheidung über die fristgemäß vorgebrachten Bedenken und Anregungen, ungeachtet der in einzelnen Bundesländern bestehenden verschiedenartigen Regelungen, auch nur dieser nach Vorprüfung durch die Gemeindeverwaltung treffen, weil andernfalls unzulässigerweise die Normsetzung durch den Gemeinderat präjudiziert würde. Es ist darum auch vielfach in der Praxis die Regel, dass die Entscheidung über die Bedenken und Anregungen mit dem Satzungsbeschluss zusammenfällt und kein zusätzlicher Beschluss gefasst wird. Es entspräche nicht dem Sinn des Gemeindeverfassungsrechts, wenn der zusätzliche Beschluss, der - wenn überhaupt ergangen - dem Satzungsbeschluss vorausgeht, nur von einem beschließenden Ausschuss gefasst und somit das für den Erlass der Satzung zuständige Organ vor vollendete Tat Sachen gestellt wäre. Jedes Bauleitplanverfahren, stellt ein mehrstufiges Verfahren dar, in dem die Weichen für das Ob und Wie der Planung auch mit der Prüfung der Bedenken und Anregungen gestellt werden. Diese Zuordnung und Abhängigkeit der einzelnen aufeinander aufbauenden Verfahrensstadien würde verkannt, wollte man die Zuständigkeit der Gemeindevertretung auf die Satzung und den Beschluss über den Flächennutzungsplan - wo sie unstreitig gegeben ist - begrenzen, aber die diesen Beschlüssen vorausgehenden Verfahrensakte einer Prüfung vorgebrachter Bedenken und Anregungen ausnehmen. Die Qualität der planerischen Entscheidung verträgt hier im Hinblick auf die zwingend vorgeschriebene umfassende öffentliche Planerörterung keine Restriktion der Prüfung eventuell geltend gemachter Bedenken und Anregungen, sie verlangt eine Entscheidung ausschließlich im Wege demokratisch legitimierter repräsentativer Willensbildung der Gemeindevertretung. Eine Delegation auf einen Ausschuss der Gemeindevertretung oder gar die Verwaltung ist somit unzulässig. Unschädlich ist eine Beschlussfassung in nur einer Lesung auch dort, wo die Geschäftsordnung zwei Lesungen vorschreibt ; denn selbst eine unter Verstoß gegen die Geschäftsordnung beschlossene Rechtsnorm ist nicht deshalb schon unwirksam.