Bedienungsmodelle

Bedienungsmodelle - mathematische Modelle von so genannten Bedienungssystemen. Bedienungssysteme lassen sich folgendermaßen charakterisieren. In gewissen (i. allg. zufälligen) Momenten treffen so genannte Forderungen ein (z. B. Schiffe in einem Hafen, Gesprächsanforderungen in einem Fernsprechsystem, defekte Maschinen in einem Fertigungsbereich), die eine Bedienung (z. B. Löschen oder Laden eines Schiffes, Durchführung eines Ferngespräches, Instandsetzung einer Maschine) verlangen. Die Abfertigung der Forderungen wird von den so genannten Bedienungsstellen vorgenommen. Die Bedienung einer Forderung durch eine Abfertigungsstelle dauert in der Regel eine zufällige Zeit. Bedienungssysteme repräsentieren damit im allgemeinen stochastische Systeme. Ihre mathematische Beschreibung durch Bedienungsmodelle macht daher den Einsatz wahrscheinlichkeitstheoretischer und statistischer Hilfsmittel erforderlich. In Abhängigkeit vom Charakter der Bedienungssysteme lassen sich die Bedienungsmodelle klassifizieren. Ein Verlustmodell liegt vor, wenn ein Verlustsystem, d. h. ein Bedienungssystem beschrieben wird, in dem eine eintreffende Forderung stets abgewiesen wird (verloren geht), sobald alle Bedienungsstellen besetzt sind (beschäftigt sind mit der Abfertigung früher angekommener Forderungen). VerlustSysteme treten vorwiegend im Nachrichten- und Verbindungswesen auf. Daher lassen sich die Verlustmodelle besonders in diesem Zweig der Volkswirtschaft anwenden. Ein Wartemodell liegt vor, wenn ein Wartesystem, d. h. ein Bedienungssystem beschrieben wird, in dem jede eintreffende Forderung auf ihre Abfertigung wartet, sobald sie bei ihrer Ankunft keine freie Bedienungsstelle vorfindet. Die Reihenfolge der Bedienung der wartenden Forderungen muss nicht nach der Regel Wer zuerst kommt, wird zuerst bedient erfolgen. Es kann eine andere Wartedisziplin bestehen. Sehr häufig treten Prioritäten bei der Bedienung der Forderungen auf, etwa in der Weise, dass von den wartenden Forderungen diejenige als nächste abgefertigt wird, für die die geringste Bedienungszeit aufgewendet werden muss. Die Wartesysteme treten in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens auf. Daher erklärt sich die große Bedeutung der Anwendung von Wartemodellen. Unter den Wartemodellen spielen die geschlossenen Wartemodelle eine besondere Rolle. Diese speziellen Bedienungsmodelle beschreiben Wartesysteme, bei denen die Anzahl der in einer Zeitspanne eintreffenden Forderungen stets unterhalb einer endlichen (in der Praxis nicht sehr großen) Schranke liegt. In einem solchen Bedienungssystem kann die Anzahl der wartenden Forderungen eine gewisse endliche Grenze nicht überschreiten. In der industriellen Sphäre (z. B. in der Textilindustrie und im Maschinenbau) repräsentieren Systeme der Mehrmaschinenbedienung derartige geschlossene Wartesysteme. Bedienungsmodelle sind mathematische Beschreibungen der objektiv existierenden Zusammenhänge zwischen den Einfluss- und Kenngrößen der betreffenden Bedienungssysteme (Modelle, mathematisch-ökonomische). Zu den Einflussgrößen eines Bedienungssystems gehören solche Parameter wie die Anzahl der Bedienungsstellen, die Ankunftsrate und die Bedienungsrate. Die Ankunftsrate stellt die mittlere Anzahl der Forderungen dar, die während einer Zeiteinheit auf die Gesamtheit der Bedienungsstellen treffen. Die Bedienungsrate gibt die mittlere Anzahl der Forderungen an, die eine Bedienungsstelle in einer Zeiteinheit abfertigen kann. Beide Raten können in der Praxis auf statistischem Wege geschätzt werden. Darüber hinaus stellen ökonomische Parameter wie die Kosten (Aufwendungen oder Verluste) für eine tätige oder freie Bedienungsstelle, für eine wartende Forderung in einer Zeiteinheit oder für eine abgewiesene Forderung relevante Einflussgrößen dar, sobald ein Bedienungssystem unter ökonomischen Aspekten zu beurteilen oder zu gestalten ist. Wesentliche Kenngrößen sind die mittlere Schlangenlänge (d. h. die mittlere Anzahl der auf Bedienung wartenden Forderungen), der Auslastungsgrad der Bedienungsstellen, die mittlere Verweilzeit (d. h. die mittlere Zeitspanne von der Ankunft bis zur Beendigung der Bedienung einer Forderung) und die mittleren Kosten, die während einer Zeiteinheit mit der Tätigkeit des Bedienungssystems verbunden sind.

Die Anwendung analytischer Bedienungsmodelle, die sich in mathematischen Formeln für die genannten Zusammenhänge äußern, ist stets an gewisse Voraussetzungen oder Modellprämissen gebunden. Häufig sind folgende Prämissen zu beachten: a) Die Bedienungsstellen sind absolut zuverlässig, parallel angeordnet und einander gleichwertig. b) Die Anzahl der Forderungen, die in einer Zeiteinheit eintreffen, genügt einer Poisson-Verteilung. c) Die Bedienungszeit kommt einer (negativen) Exponentialverteilung nach. Sind die Prämissen der Bedienungsmodelle in der Praxis nicht erfüllt, dann lassen sich auf analytischem Wege nur Näherungsergebnisse gewinnen, deren Ungenauigkeit vielfach nicht abgeschätzt werden kann. In einem solchen Falle ist es vorteilhafter, ein Simulationsmodell des betreffenden System anzuwenden, um zu zuverlässigen Aussagen zu gelangen. - Werden in Bedienungsmodelle ökonomische Einfluss- und Kenngrößen einbezogen, dann liegen spezielle mathematisch-ökonomische Modelle vor. Diese Modelle werden zur Lösung von ökonomischen Entscheidungsaufgaben eingesetzt, die sich in praktischen Bedienungssituationen ergeben. Insbesondere können folgende Aufgaben auf diese Weise bewältigt werden: a) Ermittlung einer optimalen (z. B. kostenminimalen oder erlösmaximalen) Anzahl von Bedienungsstellen für ein Abfertigungssystem. b) Bestimmung einer optimalen Belastung (Ankunftsrate) eines Bedienungssystems. c) Erarbeitung der optimalen Struktur eines Bedienungssystems (universelle und spezielle Bedienungsstellen). d) Berechnung einer optimalen Abfertigungsintensität (Bedienungsrate). Im Hinblick auf eine effektive Gestaltung der Mehrmaschinenbedienung können durch Anwendung von Bedienungsmodelle optimale Besetzungsnormen und optimale Bedienungsnormen fixiert werden. - Die Entwicklung von Bedienungsmodelle ist Gegenstand der Bedienungstheorie, eines angewandten Zweiges der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die sowjetische Wissenschaft nimmt die führende Position auf diesem Wissenschaftsgebiet ein.