Beendigung des Pachtvertrages

1. Zur Frage, ob der Anspruch des Verpächters auf Zahlung einer Kaution mit der Beendigung des Pachtvertrages erlischt.

2. Zur Frage der Umdeutung einer außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche.

Zum Sachverhalt: Die Kläger B-KG (nachfolgend auch: Verpächterin) verpachtete dem Beklagten ab 1. 6. 1976 ihre in gemieteten Räumen betriebene Discothek im Keller und Erdgeschoß eines Hauses bis zum 30. 9. 1982. Außerdem trat der Beklagte mit allen Rechten und Pflichten in den zwischen der Verpächterin und der Hauseigentümerin G bestehenden Mietvertrag für die 1. Etage des Hauses ein.

In § 9 des Pachtvertrages verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer Kaution von 40000 DM in monatlichen Raten von 8000 DM ab 1. 7. 1976 zur Sicherstellung aller gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche des Verpächters aus dem Vertragsverhältnis. Das Pachtverhältnis ist nach Darstellung der Kläger vorzeitig beendet worden. Den Mietvertrag über die Räume der ersten Etage hat der Beklagte mit Schreiben vom 5. 12. 1976, die Kläger mit Schreiben vom 16. 5. 1978 jeweils fristlos gekündigt. Mit der Klage verlangt die Kläger die Zahlung der Kaution, rückständige Pacht und Ersatz für fehlendes Inventar.

Das Landgericht hat die Klage voll, das Oberlandesgericht die 1. Stock-Mietzinsforderung abgewiesen, hinsichtlich der Kaution der Klage voll, im Übrigen teilweise stattgeben. Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Kläger war auch ein Teil der Kautionsforderung abzuweisen, sowie wegen Teilen der Pachtzinsforderung und wegen der Mietzinsabweisung aufzuheben und zurückzuverweisen.

Aus den Gründen: I. Zur Revision. 1. a) Das Berufungsgericht führt aus, der Kläger stehe der Anspruch auf Zahlung der Kaution von 40000 DM auch dann zu, wenn das Pachtverhältnis, wie sie darlege, inzwischen-vorzeitig beendet sei. Die Verpächterin brauche die Kaution nicht abzurechnen, solange nicht auch der Beklagte den Pachtvertrag für beendet halte und eindeutig erkläre, er wolle sein Recht zum Gebrauch und Fruchtgenuß nicht mehr ausüben.

b) Mit ihren hiergegen gerichteten Angriffen hat die Revision teilweise Erfolg.

aa) Nicht zu teilen vermag der Senat die Auffassung der Revisionserwiderung, die Revision sei mit ihrer Rüge nach § 561 I ZPO ausgeschlossen, weil der Beklagte erst mit der Revision geltend mache, durch die Beendigung des Pachtverhältnisses sei der Zweck der Kaution entfallen. Die Revision stellt nämlich zur Begründung ihrer Rüge keine neue Tatsachenbehauptung auf. Sie beruft sich vielmehr auf das jedenfalls zuletzt vom Beklagten nicht mehr bestrittene Vorbringen der Kläger in den Tatsacheninstanzen, der Pachtvertrag sei durch fristlose Kündigung der Klägerbeendet worden, und weiterhin auf den bereits im zweiten Rechtszug unstreitigen Umstand, dass der Beklagte zur Rückgabe der Pachtsache verurteilt und dieses Urteil ... vollstreckt wurde. Hieraus leitet sie das Erlöschen des Kautionsanspruchs her.

Darin ist lediglich eine rechtliche Wertung zu sehen, zu der der Beklagte im Rechtsstreit jederzeit, also auch in der Revisionsinstanz, berechtigt war.

bb) Die Frage, welchen Einfluss die Beendigung des Pachtvertrages auf den vom Pächter noch nicht erfüllten Anspruch des Verpächters auf Zahlung einer Kaution hat, ist vom BGH bisher noch nicht entschieden worden. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, die Forderung des Verpächters erlösche mit der rechtlichen oder jedenfalls mit der darauffolgenden tatsächlichen Beendigung des Vertrages, weil zu diesem Zeitpunkt der Verpächter feststellen könne, welche Ansprüche ihm gegen den Pächter zustehen und für den Schutzzweck der Kaution damit kein Raum mehr sei (vgl. Rödding, BB 1968, 936; Sternel, MietR, 2. Aufl., S. 722, 723; Schopp, ZMR 1969, 6). Diese Ansicht wird jedoch dem Zweck der Kaution nicht voll gerecht. Diese soll nämlich der Sicherung der Ansprüche des Verpächters insbesondere für den Fall der Insolvenz des Pächters dienen. Diese Sicherung kann aber auch noch nach Beendigung des Vertrages erforderlich sein. Der Verpächter soll sich gerade wegen der nach Beendigung des Vertrages noch bestehenden Ansprüche aus der Kaution auf einfache Weise, nämlich durch Aufrechnung gegen den Rückzahlungsanspruch des Pächters, befriedigen können. Solange und soweit ihm aus dem Vertrag noch Forderungen zustehen, kann er deshalb eine fällige Kaution auch noch nach Beendigung des Vertrages verlangen. Es besteht kein Rechtsgrund dafür, ihn nur deswegen, weil der Vertrag beendet ist, auf den in seinen tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen häufig umstrittenen Anspruch selbst zu verweisen, während der Anspruch auf Leistung der Sicherheit in Form einer Kaution nach dem Inhalt des Vertrages keiner weiteren Begründung bedarf. Der Verpächter darf durch den Verzug des Pächters mit der Kautionszahlung nicht schlechter gestellt werden, als er gestanden hätte, wenn der Pächter seine Verpflichtung erfüllt hätte. Dieser Gedanke liegt auch der Vorschrift des § 561 II BGB zugrunde, wonach der Vermieter von dem ausgezogenen Mieter die Einräumung des Besitzes an Sachen verlangen kann, die seinem Pfandrecht unterliegen und die der Mieter ohne sein Wissen oder unter seinem Widerspruch entfernt hat. Der Verpächter hat deshalb nach Beendigung des Vertrages grundsätzlich die Wahl, ob er die Kaution einklagt und zur Begründung seiner Forderung schlüssig vorträgt, es beständen noch Zahlungsansprüche gegen den Pächter, zu deren Sicherung er die Kaution benötige, oder ob er die Zahlungsansprüche selbst klagweise geltend macht. Beide Forderungen gleichzeitig einklagen kann er nicht, weil er bei Erfüllung der Zahlungsansprüche die Kaution sofort wieder zurückgeben müsste (§ 242 BGB).

Hier ist nach dem Vorbringen der Kläger anzunehmen, dass sämtliche Ansprüche der Verpächterin aus dem Pachtvertrag ... geltend gemacht worden sind. Das Berufungsgericht hat aber über einen Teil dieser Ansprüche nicht entschieden, nämlich soweit die Kläger im zweiten Rechtszug hilfsweise Schadensersatz für fehlendes Pachtinventar ... begehrt hat. Es hat die insoweit hilfsweise erklärte Klageänderung nicht zugelassen. Da die Kläger die Schadensersatzansprüche indessen schlüssig begründet hat, kann sie in entsprechender Höhe eine Sicherung in Form der Kautionszahlung nebst Verzugszinsen verlangen. (Es folgen unter 2 Ausführungen zur Pachtzinsforderung und unter 3 zu den vom Berufungsgericht zuerkannten Zinsen für die berechtigten Hauptsachebeträge.) .

II. Zur Anschlussrevision. 1. a) Die Kläger hat Mietzinsansprüche für die erste Etage des Hauses für die Zeit von Oktober 1976 bis Oktober 1978, hilfsweise auch noch für die Zeit vom 1. 3. bis 17. 5. 1979 geltend gemacht.

b) Das Berufungsgericht hält eine Forderung nur für die Zeit von Oktober 1976 bis 30. 6. 1977 für gerechtfertigt, für Dezember 1976 jedoch lediglich %o der Monatsmiete, weil die G am 5. 12. 1976 dem Beklagten den Besitz der ersten Etage dadurch entzogen habe, dass sie andere Türschlösser anbringen ließ, und der Beklagte den Besitz nach Erwirkung einer einstweiligen Verfügung gegen die G erst am 13. 12. 1976 wieder erlangt habe. Das Berufungsgericht ist der Meinung, die in dem Schreiben des Beklagten vom 5. 12. 1976 an die Verpächterin erklärte fristlose Kündigung sei zwar als solche nicht gerechtfertigt, aber in eine ordentliche Kündigung umzudeuten und als solche wirksam. Es meint, der Mietvertrag sei aufgrund dieser Kündigung zum 30. 6. 1977 beendet worden.

c) Das Schreiben des Beklagten vom 5. 12. 1976 lautet:

Hiermit kündige ich Ihnen fristlos die o. g. Räumlichkeiten. Grund: Das Verhalten des Herrn M! Es ist selbstverständlich, dass ich für den Monat Dezember 1976 auch keine anteilige Miete überweisen werde ... Den genauen Sachverhalt dieser Kündigung entnehmen Sie bitte dem Schriftverkehr, welchen meine Anwälte und ich mit Herrn M führen, Sie bekommen jeweils eine Ablichtung.

Es ist unstreitig, dass M der Geschäftsführer der G war.

d) Die Anschlussrevision wendet sich dagegen, dass das Berufungsgericht den Mietzinsanspruch für die erste Etage nicht bis zu der von der Verpächterin mit Schreiben vom 16. 5. 1978 erklärten fristlosen Kündigung des Mietvertrages zuerkannt hat. Sie hält die Umdeutung der fristlosen Kündigung des Beklagten in eine ordentliche für rechtsfehlerhaft und macht geltend, der Beklagte habe die Räume der ersten Etage, nachdem er sie am 13. 12. 1976 wieder in Besitz genommen habe, nicht vor Erklärung der fristlosen Kündigung vom 16. 5. 1978 zurückgegeben.

e) Mit ihrer Rüge hat die Anschlussrevision Erfolg.

aa) Das Berufungsgericht geht ohne nähere Begründung davon aus, eine unwirksame fristlose Kündigung könne grundsätzlich in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden. Das ist nicht richtig. Allerdings ist die Umdeutung einer nicht wirksamen außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung im Einzelfall nicht ausgeschlossen (vgl. Gelhaar, in: RGRK, 12. Aufl., § 564 Rdnr. 11; Palandt-Putzo, BGB, 39. Aufl., § 564 Anm. 3 g, je m. w. Nachw.; a. A. für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses Landgericht Gießen, ZMR 1975, 114). Sie ist ebenso möglich wie - ausnahmsweise - die Umdeutung einer unwirksamen fristlosen Kündigung in ein Angebot auf Aufhebung des Vertrages (vgl. Senat, NJW 1981, 43 = WM 1980, 1397). Um eine solche Umdeutung vornehmen zu können, muss aber der Wille, den Vertrag auf jeden Fall zu beenden, für den Vertragsteil, für den die Kündigung bestimmt ist, bei Abgabe der Kündigungserklärung zweifelsfrei erkennbar sein. Grundsätzlich muss sich deshalb aus der Erklärung selbst ergeben, dass die Kündigung hilfsweise als ordentliche gelten soll. Das ist zur Sicherheit des Rechtsverkehrs geboten. Nur wenn sich dem Vertragsteil, für den die Kündigung bestimmt ist, aus Umständen, die aus der Kündigungserklärung nicht ersichtlich sind, eindeutig ergibt, dass der Kündigende das Vertragsverhältnis auf alle Fälle zur Beendigung bringen will, kann auch in einem solchen Falle eine fristlose Kündigung in eine ordentliche umgedeutet werden (vgl. Landgericht Mannheim, NJW 1970, 328 = MDR 1970, 240; Landgericht Essen, ZMR 1969, 309; Schmidt. Futterer-Blank, WohnraumschutzG, 3. Aufl., Rdnr. B 40; Mayer=Maly, in: MünchKomm., § 140 Rdnr. 34; Staudinger-Sonnenschein, BGB, 12. Aufl., § 564 Rdnm. 39, 40, der allerdings annimmt, es komme entscheidend darauf an, ob der Kündigende zumindest hypothetisch den Willen zur ordentlichen Kündigung gehabt hätte, wenn er die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung gekannt hätte, und der in Rdnr. 16 zu § 140 für den Wohnungsmietvertrag meint, die Umdeutung einer fristlosen Kündigung in eine fristgemäße sei grundsätzlich nicht möglich; Soergel-Hefermehl, BGB 11. Aufl., § 140 Rdnr. 14; für den Dienstvertrag BGH, WM 1973, 782 [785]; BAG, BB 1972, 267; für den Mietvertrag a. A. Hans, Das neue MietR, zu § 564 BGB, der annimmt, mit einer außerordentlichen Kündigung werde in der Regel zugleich auch eine ordentliche Kündigung erklärt).

bb) Hier ergibt der Wortlaut der Kündigungserklärung den Willen zur ordentlichen Kündigung nicht. Eine vorsorgliche ordentliche Kündigung ist in ihr nicht angesprochen. Darüber, ob der Beklagte der Verpächterin bei Abgabe der Kündigungserklärung auf andere Weise als durch die Erklärung selbst zu erkennen gegeben hat, dass er an dem Mietvertrag über die erste Etage auf keinen Fall festhalten wolle, enthält das Berufungsurteil keine Feststellungen, weil das Berufungsgericht von der irrigen Annahme ausgeht, jede fristlose Kündigung enthalte grundsätzlich zugleich eine ordentliche Kündigung und deshalb den Sachverhalt nur unter dem Gesichtspunkt prüft, ob das Verhalten des Beklagten die Annahme rechtfertigt, hier sei ein Abweichen von dem von ihm angenommenen Grundsatz gerechtfertigt.