befreienden Schuldübernahme

Bei der Prüfung der Frage, ob der Gläubiger sich stillschweigend mit einer befreienden Schuldübernahme einverstanden erklärt hat, sind strenge Anforderungen zu stellen.

Zum Sachverhalt: Die Kläger fordert Rückzahlung des Gegenwerts von fünf Schecks, die der Beklagte 1978 von ihr erhalten und eingezogen hat. Der Beklagte meint, er habe die Schecks nicht für sich, sondern in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer seit 1977 bestehenden KG erhalten. Die an ihn abgetretenen Vergütungsansprüche der KG gegen die Kläger aus den Jahren 1977 und 1978 seien so hoch, dass nach Abzug der Klageforderung noch ein in der Berufungsinstanz dann mit der Widerklage geltend gemachter Mehrbetrag verbleibe. Die Kläger stand mit einer vom Beklagten und Herrn S betriebenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der W-Werbeagentur S und N (im Folgenden: W) in Geschäftsbeziehungen, die durch den Agenturvertrag vom 24. 9. 1976 geregelt waren. W gab bei Zeitschriftenverlagen in eigenem Namen Inserate auf, erhielt von diesen Rechnungen unter Abzug einer Provision von im allgemeinen 15%, stellte dann der Kläger den vollen Betrag in Rechnung, den diese - nicht selten mit Scheck - bezahlte. 1977 wurde W unter der bisherigen Bezeichnung in eine GmbH & Co KG und diese im Juli 1978 in die W-Werbeagentur N-GmbH & Co KG umgeändert. Streitig ist, ob die Kommanditgesellschaften das Vertragsverhältnis mit der Kläger übernommen haben, und ob der Beklagte aus seinen Verpflichtungen gegenüber der Kläger entlassen worden ist. Streitig ist weiter, ob diejenige Zeitschrift, deren Inseratkosten die Kläger 1978 mit den fraglichen Schecks über insgesamt 58995 DM begleichen wollte, aus dem Aufgabenbereich der W ausgenommen war. Die Kläger hatte die betreffenden Inserate selbst in Auftrag gegeben, der Verlag die Rechnungen aber an Werteilt. Als der Verlag Zahlungen nach Abzug der Provision von W nicht annehmen wollte, behielt W die Scheckzahlungen, während die Kläger auf erneute Rechnungen des Verlages die Sache mit diesem direkt regelte.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen und die Widerklage abgewiesen. Die Revision hatte weder zur Klage noch zur Widerklage Erfolg.

Aus den Gründen: I. 1. Das Berufungsgericht hat die Rückzahlungspflicht des Beklagten für die an die Stelle der Schecks getretene Einlösungssumme alternativ aus § 812 BGB oder aber aus einem nunmehr beendeten, ursprünglich auf die Weitergabe der Scheckbeträge gerichteten Geschäftsbesorgungsverhältnis entnommen. Schuldner dieses Anspruchs sei der Beklagte selbst als Vertragspartei des Agenturvertrages, aus dessen Verpflichtungen die Kläger ihn nicht entlassen habe. Sie habe auch nicht stillschweigend sich mit einer Auswechslung der Vertragspartei einverstanden erklärt, so dass die KG nicht an die Stelle der BGB-Gesellschaft getreten sei. Der Beklagte habe sich zur Unterrichtung der Klägervon der Gründung der GmbH und der KG und zu dem Verhalten der Kläger auf eine solche Unterrichtung nicht substantiiert geäußert.

2. Die Zahlungspflicht der Beklagte kann sich allerdings nicht aus § 812 BGB ergeben. Nach den Feststellungen, die das Berufungsgericht dazu getroffen hat, wie und zu welchem Zweck die Schecks dem Beklagten übergeben worden sind, war diese Scheckübergabe nicht rechtsgrundlos. Sie geschah vielmehr - wenn auch ohne besondere Weisungen - im Rahmen und aufgrund des Agenturvertrages vom 24. 9. 1976, nachdem - wie im Vertrag vorgesehen und ständig gehandhabt - entsprechende Rechnungen seitens W der Kläger erteilt worden waren, so dass W die betreffenden Inseratsrechnungen der Zeitschrift unter Abzug der Provision bezahlen konnte. Dass die Kläger die Inserate im Falle der genannten Zeitschrift unstreitig selbst in Auftrag ge- geben hatte, steht dem deshalb nicht entgegen, weil tatsächlich W die Rechnungen vom Verlag und die Kläger entsprechende Rechnungen von W im Rahmen des dies vorsehenden Agenturvertrages zur Bezahlung erhalten hatte.

3. Nicht zu folgen ist der Ansicht der Revision, nach der Gründung der GmbH & Co KG sei gemäß § 242 BGB das Einverständnis der Kläger mit der Entlassung ihrer Vertragspartei aus ihren Verpflichtungen des- halb zu unterstellen, weil die Rechtsform ihres Vertragspartners für die Kläger nach den Umständen bedeutungslos gewesen sei. Die Revision erkennt selbst an, dass eine solche Auswechslung nur im Wege der - befreienden - Schuldübernahme gemäß §§ 414 oder 415 BGB vorgenommen werden konnte. Die befreiende Schuldübernahme ist ein ungewöhnliches und bedeutsames Rechtsgeschäft. Sie enthält in untrennbarer Verknüpfung die Verpflichtung des übemehmers und die Verfügung über die Forderung des Gläubigers. In aller Regel hat sie eine solche Bedeutung, dass kein Gläubiger ohne weiteres auf seinen bisherigen Schuldner verzichten wird. Dieser Erfahrung trägt das Gesetz Rechnung, indem es anders als z. B. § 362 HGB beim Schweigen eines Kaufmanns das Schweigen des zur Genehmigung ausdrücklich aufge- forderten Gläubigers als Verweigerung der Genehmigung ansieht, § 415 II 2 Halbs. 2 BGB. Demgemäß kann ein auf eine befreiende Schuldübernahme, also die Entlassung des bisherigen Schuldners aus dem Schuldverhältnis gerichteter Wille des Gläubigers nur dann angenommen werden, wenn er deutlich zum Ausdruck gebracht worden ist, oder wenn die Umstände den in jeder Hinsicht zuverlässigen Schluss auf die Zustimmung zulassen (BGH, WM 1978, 351 [3521). Eine milde Beurteilung (vgl. RGZ 136, 91 [95], zu Urteilen im Zusammenhang mit Aufwertungsfragen) ist wegen der klaren Wertung des Gesetzgebers nicht angezeigt, vielmehr sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, VersR 1960, 797 [798]).

Hier lassen die Umstände die genannte Deutung nicht zu. Nach § 9 des Agenturvertrages war eine Kündigung nur mit eingeschriebenem Brief möglich, § 10 sah für Änderungen die Einhaltung der Schriftform vor. Das Vertragsverhältnis zwischen der Kläger und W bestand schon mindestens zwei Jahre vor dem Agenturvertrag vom 24. 9. 1976. Die Geschäftsbeziehungen waren umfangreich. Der Beklagte selbst hat auf den beträchtlichen Werbeetat der Kläger - für 1977 über 1,1 Mio. DM - hingewiesen. Wegen der Art der zu erledigenden Aufgaben konnte es der Kläger als Auftraggeberin durchaus auf die Person des Vertragsgegners, auf dessen Fähigkeiten, Verbindungen und Einsatzwillen ankommen. Es mag sein, dass W der Kläger vornehmlich Dienste schuldete. Unabhängig von der Möglichkeit etwaiger Schadensersatzforderungen zeigt jedoch gerade der vorliegende Fall, dass im Verlauf von Geschäftsbeziehungen auch ein eigentlich nur zu Leistungen anderer Art Verpflichteter in nicht ungewöhnlicher Weise doch zum Geldschuldner werden kann. Wenn der Beklagte selbst nach der Änderung der W nicht mehr über einen Geschäftsbetrieb zur Erfüllung seiner Agenturaufgaben aus dem Vertrag verfügte, musste er von sich aus Dritten, z. B. der von ihm gegründeten KG, die notwendigen Aufträge erteilen, falls die Kläger mit seiner Entlassung aus der Verpflichtung nicht einverstanden war. Für die wenigen vom Beklagten vorgelegten Schreiben, die tatsächlich vor Sommer 1978 auf die Gesellschaftsform deutende Zusätze enthielten, steht nicht einmal fest, dass sie den für die Kläger verantwortlich Handelnden zur Kenntnis gekommen sind.

4. Danach war es Aufgabe des Beklagten, die besonderen Voraussetzungen einer zu seinen Gunsten wirksamen Schuldübernahme durch Vertrag der Kläger mit der KG oder aber durch Genehmigung des Eintritts der KG an die Stelle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im einzelnen darzulegen und notfalls zu beweisen. Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Beklagte habe sich nicht substantiert dazu geäußert, wann und in welcher bestimmten Weise die Kläger von der Gründung der GmbH und der KG unterrichtet worden sein solle, und wie sie sich daraufhin verhalten habe, ist jedenfalls hinsichtlich des Verhaltens der Kläger im Ergebnis nicht zu beanstanden. Insoweit rügt die Revision die Nichtbeachtung der Beweisantritte zum Vortrag des Beklagten, die Kläger sei über die Änderung der Gesellschaftsform jeweils unverzüglich unterrichtet worden, sie habe die Änderungen ohne jegliche Einwendungen zur Kenntnis genommen. Die Beweise brauchten jedoch nicht erhoben zu werden, weil der Vortrag zur Reaktion der Kläger auf die behauptete Unterrichtung nicht erheblich war. Das vorgetragene Verhalten - die bloße Kenntnisnahme - erfüllt nicht die bereits unter 3 dargelegten Anforderungen an die Kundgabe des auf Genehmigung einer befreienden Schuldübernahme gerichteten Willens. Wie ausgeführt ist der Gläubiger, wenn er eine befreiende Schuldübernahme nicht will, grundsätzlich nicht zu Einwendungen, zum Widerspruch verpflichtet. Vielmehr liegt es bei Kenntnisnahme ohne Einwendungen nahe, dass er sich schweigend die Mithaftung des weiteren Schuldners gefallen lässt, so dass im Zweifel nur von einem den Gläubiger begünstigenden Schuld- beitritt ausgegangen werden kann (BGH, NJW 1966, 1703 = LM § 535 BGB Nr. 33 [BI. 3] = WM 1966, 1043 [1045]; WM 1978, 351 [3521). Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht den beiden Schreiben der Kläger vom 25. 11. 1977 und vom 3. 11. 1978, in denen W in der Anschrift als GmbH bzw. als GmbH & Co KG bezeichnet worden ist, kein rechtsgeschäftliches Einverständnis der Kläger mit einer Entlassung des Beklagten aus seiner Verbindlichkeit entnommen.