Beitragsanspruch

Die Kläger kauften durch notariellen Vertrag vom 23. 11. 1977 von der Beklagten zum Preise von 2600000 DM die aus Eigentumswohnungen und Teileigentumseinheiten bestehende Liegenschaft in F., die die Beklagten im Jahre 1976 im Wege der Zwangsversteigerung erworben hatte. Die Kläger wurden als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Sie erhielten im Jahre 1979 von der Stadt F. einen Heranziehungsbescheid über Erschließungskosten in Höhe von 12142,37 DM für Erschließungsanlagen, die bereits endgültig fertig gestellt waren, bevor die Beklagten das Grundstück ersteigerte. Die Kläger zahlten den angeforderten Betrag an die Stadt F. Im vorliegenden Rechtsstreit verlangen sie von der Beklagten die Erstattung dieses Betrages. Sie stützten ihren Anspruch auf § 4 II des Kaufvertrages, der folgende Regelung enthält: Der Besitz an dem Kaufgrundstück geht am 1. 12. 1977 auf den Käufer über. Mit diesem Zeitpunkt gehen Gefahr, Nutzungen und Lasten über, desgleichen Steuern und öffentliche Abgaben... Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Oberlandesgericht hat ausgeführt: Der Beitragsanspruch der Stadt F. sei durch den der Beklagten in der Zwangsversteigerung erteilten Zuschlag nicht gemäß §§ 52, 91 ZVG erloschen, weil der Beitragsanspruch mangels Fälligkeit kein anzumeldender rückständiger Beitrag i. S. von § 10 Nr. 3 ZVG gewesen sei. Die fortbestehende Beitragsschuld falle nach dem Kaufvertrag der Parteien den Kläger und nicht der Beklagten zur Last.

Die Revision ist unbegründet.

1. Nach der gesetzlichen Regelung der §§ 446, 436, 103 BGB hat der Käufer die nach der Übergabe des Kaufgegenstandes fällig werdenden Lasten zu tragen. Eine von dieser gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung haben die Parteien in dem Kaufvertrag nicht getroffen. Nach § 436 BGB haftet der Grundstücksverkäufer nicht für die Freiheit von öffentlichen Lasten, wozu auch die Straßenanliegerbeiträge gehören. Gem. § 446 i. V. mit § 103, BGB hat der Grundstückserwerber vom Übergabetag an die danach zu entrichtenden Lasten zu tragen. Bei zu entrichtenden Lasten handelt es sich nach einhelliger Meinung um fällige Lasten. Gegen diese Auslegung des § 103 BGB wendet sich die Revision, soweit es um einmalige Lasten, wie die Erschließungskosten geht. Die von der Revision vorgetragene Kritik an der herkömmlichen Auslegung ist jedoch nicht überzeugend.

Schon der Wortlaut des § 103 BGB bestätigt die von der Revision angegriffene Rechtsansicht. § 103 BGB spricht von einer zu entrichtenden Schuld. Zu entrichten, d. h. zu begleichen ist nach allgemeinem Sprachverständnis eine Schuld in dem Zeitpunkt, in dem sie fällig ist. Diese am Wortsinn des Gesetzes orientierte Rechtsanwendung wird auch durch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt. Entgegen der Ansicht der Revision entspricht es auch nicht am ehesten der Gerechtigkeit, im Innenverhältnis mit den anfallenden Erschließungskosten nicht den neuen Eigentümer, sondern den Verkäufer zu belasten, der zur Zeit der Fertigstellung der Erschließungsanlagen Grundstückseigentümer war, weil diesem der Erschließungsvorteil zugute kam. Dies wird vielmehr von der Gestaltung des Einzelfalles abhängen. Ist der Preis für das Grundstück danach bemessen worden, dass es sich um erschlossenes Bauland handelt, ist es gerecht, dass der Verkäufer die Erschließungsbeiträge entrichtet. Haben die Parteien bei der Preisgestaltung die Erschließung nicht einbezogen, wäre es Sache des Käufers, für diese Kosten aufzukommen. Die Parteien haben es immer in der Hand, eine von der gesetzlichen Regelung abweichende und ihren Interessen gerecht werdende Vereinbarung zu treffen, auch wenn sie bei Vertragsschluss noch nicht absehen können, ob und welche Vertragspartei noch zu Erschließungsbeiträgen herangezogen werden kann. Gerechtigkeitserwägungen für einzelne Fallgruppen oder reine Zweckmäßigkeitsüberlegungen können bei dieser den Parteien offen stehenden Lösung der vertraglichen Abänderung für den Einzelfall nicht zu einer Auslegung des Gesetzes gegen seinen Wortlaut und sinn führen.

2. Die Parteien haben hier keine andere vertragliche Regelung getroffen. Ob es sich bei der von den Parteien in § 4 II des Kaufvertrages vereinbarten Klausel, wie BerGer. und Revision meinen, um eine häufig verwendete Vertragsklausel handelt, deren Auslegung im Revisionsverfahren voll nachprüfbar wäre, kann dahinstehen. Die Auslegung des § 4 des Kaufvertrages durch das Berufungsgericht, dass er keine vom Grundsatz des § 103 BGB abweichende Lastenverteilung enthalte, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Auslegung durch den Senat führt zu keinem anderen Ergebnis. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausführt, entspricht § 4 II des Kaufvertrages mit der Vereinbarung, dass die öffentlichen Abgaben mit dem 1. 12. 1977 übergingen, dem in den §§ 446, 103 BGB normierten Tatbestand. Die Klausel enthält darüber hinaus nichts, was auf eine hiervon abweichende Bedeutung der Vereinbarung schließen ließe. Insbesondere ist weder den Feststellungen des Berufungsgerichts zu entnehmen noch dargetan, dass der Kaufpreis als Festpreis für ein erschlossenes und beitragsfreies Grundstück vereinbart war. Die Feststellung des Berufungsgerichts, dass auch keine außerhalb der Vertragsurkunde gelegenen Umstände ersichtlich sind, die einen von der Regelung des § 103 BGB abweichenden Parteiwillen ergeben, ist für das RevGer. bindend. Die hier vertretene Auffassung widerspricht nicht der Senatsentscheidung vom 7. 11. 1975. Dieser lag eine Klausel zugrunde, die Anhaltspunkte für einen von der gesetzlichen Regelung abweichenden, übereinstimmenden Parteiwillen bot, und zwar dahin, dass die Erschließungskostenbeitragslast die Käufer nur dann treffen sollte, wenn die Erschließungskosten nicht bereits vor einem bestimmten Stichtag als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhten. Auch die von der Revision angeführten Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle und des Oberlandesgerichts Hamburg geben zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung, da es sich auch dort jeweils um andere, mit dem hier zu beurteilenden Sachverhalt nicht vergleichbare, Fallgestaltungen handelte.