Benutzungsverhältniss

Benutzungsverhältniss - Die Beklagten war aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Leistungs- und Benutzungsverhältnisses verpflichtet, die Kläger als ihre Vertragspartnerin vor Schäden zu bewahren, die ihr durch den Betrieb der städtischen Abwasseranlage an ihren Rechtsgütern entstehen konnten. Die Kläger hatte gemäß der Satzung 1954 nach der betriebsfertigen Herstellung der Anschlussleitung das Recht, die auf ihrem Grundstück anfallenden Abwässer durch den Anschlusskanal in die Abwasseranlage der Beklagten einzuleiten; als Gegenleistung erhob die Beklagten für den Anschluss an ihr Leitungsnetz eine einmalige Anschlussgebühr und für die laufende Benutzung wiederkehrende Gebühren. Die Beklagten traf daher auf Grund der öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung die Nebenpflicht, alles zu unterlassen, was die Funktionsfähigkeit der Anschlussleitung gefährden oder beeinträchtigen konnte. Das gilt umso mehr, als die Anschlussleitung größtenteils auf dem Gelände der Beklagten verlegt war. Diese besonderen Schutz- und Obhutspflichten oblagen der Beklagten ohne Rücksicht darauf, ob sie oder die Kläger Eigentümerin der Leitung war. Denn das Benutzungsrecht der Kläger an der von ihr auf eigene Kosten angelegten und unterhaltenen Anschlussleitung, deren Lage und Führung zudem die Beklagten bestimmte, bestand ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse an der Leitung.

Dem Berufsgericht ist auch darin beizutreten, dass die Firma S Erfüllungsgehilfin der Beklagten war. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Beklagten nur zu den Firmen, als deren Subunternehmerin die Firma S tätig wurde, in vertraglichen Beziehungen stand. Der Schuldner haftet nach § 278 BGB auch, wenn sich die von ihm zugezogene Hilfsperson ihrerseits wieder eines Erfüllungsgehilfen bedient, falls dessen Einschaltung dem Willen des Schuldners entsprach. Davon ist hier auszugehen, da weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass die Beklagten die Zuziehung der Firma S beanstandet hätte. Die Beklagten hat sich gegenüber der Kläger im Rahmen eines bereits bestehenden öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses der Firma S zur Erfüllung besonderer Verhaltenspflichten bedient. Wie oben ausgeführt, traf die Beklagten selbst die Verpflichtung, schädigende Einwirkungen auf die Leitung zu unterlassen. Mit Willen der Beklagten hat die Firma S Arbeiten ausgeführt, die zu Schäden an der Rohrleitung führen konnten. Daher oblag es der Firma S, sich ihrer Aufgabe so zu entledigen, dass die Unterlassungspflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin nicht verletzt wurden. Die Firma S war mit der Erfüllung der Unterlassungspflicht allerdings nur insoweit betraut, als es dem ihr von der Beklagten zugewiesenen Aufgabenkreis entsprach. Hier fällt jedoch die schadenstiftende Tätigkeit, nämlich das fahrlässige Anbohren der Leitungsrohre nicht aus dem Umkreis des Aufgabenbereichs heraus, den die Firma S als Erfüllungsgehilfin für die Beklagten wahrzunehmen hatte. Denn die der Erfüllungsgehilfin übertragenen Verpressarbeiten waren in unmittelbarer Nähe des Anschlusskanals vorzunehmen und bargen daher die Gefahr einer Beschädigung der Rohrleitung in sich. Daher stand das Fehlverhalten der Firma S in einem inneren sachlichen Zusammenhang mit der Vertragserfüllung.

Die Kläger ist in ihrer Eigenschaft als Anschlussnehmerin, also unter Verletzung einer aus der öffentlich-rechtlichen Sonderverbindung herzuleitenden Rechtsstellung geschädigt worden. Deshalb greift hier nicht allein das Recht der Amtshaftung ein. Eine Haftung der Beklagte aus dem Schuldverhältnis tritt vielmehr gleichzeitig neben eine etwaige Haftung aus Amtspflichtverletzung. Schon deshalb unterliegt die Haftung aus dem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis nicht den Einschränkungen des § 839 I2 BGB. Da die Beklagten nach alledem gemäß § 278 BGB für das Verschulden der Firma S einzustehen hat, kann offen bleiben, ob ihr auch eine eigene Pflichtverletzung bei der Überwachung der Arbeiten und der Abnahme der Leitung zur Last fällt.

Ohne Rechtsverstoß hat das Berufsgericht angenommen, dass zugunsten der Beklagten kein Haftungsausschluss nach der Satzung 1954 eingreift. Die Auslegung dieser Satzungsbestimmungen kann das RevGer. selbst vornehmen, weil sie einer Mustersatzung des Innenministeriums und des Ministeriums für Wirtschaft und Verkehr des Landes vom 30.3. 1951 entsprechen und gleich lautende Satzungsbestimmungen außerhalb des Bezirks des Berufsgericht bewusst und gewollt zum Zwecke der Vereinheitlichung erlassen worden sind. Der erk. Senat hat in seiner Entscheidung in BGHZ zu Satzungsbestimmungen, die mit den hier zu beurteilenden nahezu wörtlich übereinstimmen, im wesentlichen ausgeführt: Derartige Freizeichnungsklauseln seien im Zweifel eng und gegen den, der die Haftung abbedungen habe, auszulegen. Sie bezögen sich erkennbar nur auf Rückstauschäden, die Folgen eines Naturereignisses seien, und auf Beeinträchtigungen, die sich beim Betrieb einer Abwasseranlage nicht völlig ausschließen ließen und immer wieder auftreten könnten, also auf sog. typische Beeinträchtigungen der ordnungsgemäß eingerichteten und betriebenen Kanalisationsanlage. Darunter falle aber nicht ein Rückstau, der dadurch entstehe, dass die Beklagten Gemeinde oder ihr Erfüllungsgehilfe eine Anschlussleitung zu einem Anliegergrundstück schuldhaft fehlerhaft ausgeführt habe. Die gleiche Überlegung führe dazu, die Bestimmung der Satzung nur auf einen bei einem Betrieb der Kanalisationsanlage unvermeidbaren Schaden zu beziehen, aber nicht auf einen durch eine schuldhaft fehlerhafte Erstellung einer Anschlussleitung entstehenden. Diese Erwägungen sind auf die vorliegende Fallgestaltung zu übertragen. Es bedeutet keinen entscheidungserheblichen Unterschied, dass die Anschlussleitung von der Beklagten nicht fehlerhaft angelegt, sondern später in einer der Beklagten zurechenbaren Weise beschädigt worden ist. Auch im Streitfall beruht der Rückstau somit nicht auf einer - vom Haftungsausschluss erfaßten - typischen Beeinträchtigung der ordnungsgemäß betriebenen Abwasseranlage. Dem Berufsgericht ist auch darin beizutreten, dass die Haftung der Beklagten auch nicht nach der Satzung 1970 ausgeschlossen ist. Diese Satzung hat die Satzung 1954 abgelöst und enthält bezüglich der Risiken, auf die sich die Haftungsfreizeichnung erstreckt, eine im Wesentlichen übereinstimmende Regelung.

Dem Berufsgericht ist schließlich darin beizupflichten, dass die Schadensersatzansprüche der Kläger aus dem öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnis einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegen.