Berechnung des Unterhaltsschadens

Bei der Berechnung des Unterhaltsschadens der Hinterbliebenen bleibt das Kindergeld, das an den getöteten Unterhaltspflichtigen geleistet wurde und nunmehr an den überlebenden Elternteil in voller Höhe weitergezahlt wird, außer Betracht.

Zum Sachverhalt. Der bei der Kläger sozialversicherte H wurde am 2. 4. 1976 bei einem Verkehrsunfall, der von dem Fahrer eines Fahrzeugs der amerikanischen Streitkräfte allein verschuldet war, getötet. Die Kläger zahlt den Hinterbliebenen, nämlich der Witwe und den beiden Kindern Renten. Die Parteien streiten über die Höhe der nach § 1542 RVO auf die Kläger übergegangenen Ersatzansprüche (Unterhaltsschaden). Das Amt für Verteidigungslasten (AVL) hat die auf die Kläger übergegangenen Ansprüche wie folgt festgesetzt:

a) für die Witwe auf 6426,07 DM (Rückstände) und für die Zeit vom 1.3. 1977 bis 30.11. 2009 auf eine laufende Rente von monatlich 599,16 DM,

b) für die Kinder auf je 3285,55 DM (Rückstände) und für die Zeit vom 1. 3. 1977 bis jeweils zur Vollendung des 18. Lebensjahres auf eine laufende Rente von monatlich je 316,56 DM.

Mit ihrer Klage hat die Kläger von der Beklagte (in Prozeßstandschaft für den Entsendestaat) eine Erhöhung des festgesetzten Entschädigungsbetrages (Rückstände) um 1180,40 DM und ferner die Feststellung begehrt, dass die Beklagte ihr über die zuerkannten Beträge hinaus auch die weitergehenden Rentenbeträge, die sie auf Grund gesetzlicher Vorschriften an die Witwe (bis zum 30. 11. 2009) und die Kinder (bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres oder zum Abschluss der Berufsausbildung) im Rahmen des § 12 StVG zu leisten habe, im Umfange des Überganges nach § 1542 RVO zu erstatten verpflichtet sei. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen; das Berufungsgericht hat dem Zahlungsantrag in Höhe von 309,90 DM und dem Feststellungsantrag bezüglich der beiden Kinder (unter Erhöhung der laufenden Rente auf monatlich je 322,94 DM) stattgegeben. Die Revision der Kläger hat teilweise Erfolg, die der Beklagte ist erfolglos.

Aus den Gründen: I. 1. Das Berufungsgericht ist bei der Berechnung des Unterhaltsschadens der Witwe und der Kinder von dem übereinstimmenden Parteivortrag ausgegangen, dass H, wenn es nicht zu dem Unfall gekommen wäre, ab 2. 4. 1976 ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von 1327,27 DM erzielt hätte. Diesem Betrag hat das Berufungsgericht das von H für seine beiden Kinder nach § 1 BKGG bezogene Kindergeld von monatlich 120 DM hinzugerechnet. Diese Anrechnung des Kindergeldes wird von der Revision der Kläger mit Recht angegriffen. Das Kindergeld muss bei der Berechnung des Unterhaltsschadens außer Betracht bleiben. § 844 II BGB knüpft für die Ersatzpflicht des Schädigers an die gesetzliche Unterhaltspflicht des Getöteten an. Die Schadensersatzrente, die für den Verlust des Rechts auf Unterhalt zu entrichten ist, bemisst sich nach dem Betrag, den der Getötete im Falle seines Fortlebens den Unterhaltsberechtigten nach dem Gesetz (§ 1601 ff. BGB) geschuldet hätte. Die im BKGG getroffene öffentlich-rechtliche Regelung über die Gewährung des Kindergeldes lässt die zivilrechtliche Unterhaltspflicht unberührt. Durch die Zahlung von Kindergeld wird der Unterhaltsanspruch der Kinder nicht erhöht, da das Kindergeld den Zweck hat, die Unterhaltslast des oder der Unterhaltsverpflichteten zu erleichtern. Das hat der BGH in seiner - nach dem Erlass des Berufungsurteils ergangenen - Entscheidung BGHZ 70, 151 (153) (m. Anm. Jöhannsen, in: LM BKGG Nr. 2 = NJW 1978, 753) ausgesprochen. Auch die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Düsseldorfer Tabelle, NJW 1979, 25) gehen in Ziffer IV davon aus, dass das Kindergeld bei der Ermittlung des anrechnungsfähigen Einkommens des Unterhaltspflichtigen außer Ansatz bleibt. Demnach durfte das Berufungsgericht das Kindergeld nicht dem Nettoeinkommen des H hinzuzählen. Das Kindergeld gehört zwar nicht zu dem Einkommen des Kindes, sondern zu dem des anspruchsberechtigten Elternteils (Schieckel, KindergeldG, Vorbem. S. 8; Kalthoener-Haase-Becher-Büttner, Die Rechtsprechung der Landgericht zur Höhe des Unterhalts, 1975, Rdnr. 143). Es ist aber dazu bestimmt, im Wege des allgemeinen Familienlastenausgleichs in Form einer Beihilfe schon vorhandene Unterhaltslasten im Ganzen zu mildern und soll nicht die bestehenden Unterhaltsansprüche erweitern. Der hier vertretenen Auffassung steht das Urteil des BGH, LM vorstehend Nr. 24 = NJW 1961, 1573 m. Anm. Nirk = VersR 1961, 709 nicht entgegen. Die in jener Entscheidung gebilligte Anrechnung des Kindergeldes beruhte auf der Fassung des BKGG vom 13. 11. 1954 (BGBl. I, S. 333). Danach war die Bezugsberechtigung für Kindergeld an der Erwerbstätigkeit des Anspruchsberechtigten orientiert, so dass es eine Art zusätzlichen Lohnes bildete. Heute ist indes das Kindergeld - entsprechend dem sozialpolitischen Zweck eines Familienlastenausgleichs - nicht mehr mit der Erwerbstätigkeit verknüpft (vgl. dazu jetzt BGH, LM BundeskindergeldG Nr. 3 = NJW 1978, 2200).

2. Das Berufungsgericht hat von dem Nettoeinkommen des H fixe Kosten von 158,66 DM je Monat abgesetzt. Ohne Erfolg rügt die Revision der Kläger, dass das Berufungsgericht diesen Betrag nicht um weitere Posten von monatlich 100 DM (Hauskosten) und 20 DM (Kfz-Versicherung für einen PKW) erhöht habe. Das Berufungsgericht hat rechtsbedenkenfrei ausgeführt, dass die Kläger die sog. Hauskosten trotz eines gerichtlichen Hinweises nicht näher spezifiziert hat und daher ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen ist. Auch die Einzelfall bezogene tatrichterliche Würdigung, dass der verstorbene Ehemann zu Lebzeiten den PKW aus beruflichen Gründen benötigt hätte und daher nicht in nennenswertem Umfange seiner Ehefrau hätte überlassen können, begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

3. Das (fiktive) Familieneinkommen hat das Berufungsgericht in der Weise auf den Getöteten und die Unterhaltsberechtigten aufgeteilt, dass auf den verstorbenen Ehemann und die Witwe je 35% und auf die Kinder je 15% entfallen. Diese weitgehend in den Bereich des § 287 ZPO fallende tatrichterliche Schätzung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und ist auch in der Revisionsinstanz von der Beklagte nicht angegriffen worden.

4. Auf den für jeden Unterhaltsberechtigten errechneten Betrag hat das Berufungsgericht das an die Witwe in gleicher Höhe (120 DM) weitergezahlte Kindergeld anteilig angerechnet. Dagegen wendet sich die Revision der Kläger mit Recht. Es widerspräche der oben dargelegten sozialpolitischen Konzeption eines Familienlastenausgleichs, wenn man das fortgezahlte Kindergeld schadensmindernd berücksichtigen und damit den Schädiger entlasten würde. Dieses wird an die nunmehr anspruchsberechtigte Witwe gezahlt und hat weiter die Funktion, die Unterhaltslast der (Rest-)Familie mit Kindern zu erleichtern dass das Kindergeld in voller Höhe weiter entrichtet wird, obwohl ein Familienmitglied verstorben ist, stellt eine sozialpolitische Entscheidung des Gesetzgebers dar, die auf die schadensrechtliche Beurteilung des Falles keinen Einfluss hat.