Berechnung eines Schadens

Zur Frage der Berechnung eines Schadens wegen entgangenen Wertzuwachses eines Baugrundstücks beim Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Zum Sachverhalt: Der Beklagten kaufte durch notariellen Vertrag vom 31. 12. 1959 von G ein Grundstück. In diesem Vertrag verpflichtete er sich, im Falle der Aufteilung des Geländes in Baugrundstücke der Kläger von ihr auszuwählende Grundstücke in einer Größe von etwa 3000 qm zu dem mit G vereinbarten Kaufpreis zu verkaufen. Er veräußerte den gesamten von G gekauften Grundbesitz an 0, der auch die Verpflichtung zugunsten der Kläger übernahm. Diesen Vertrag hoben später der Beklagten und 0, der inzwischen als Eigentümer im Grundbuch eingetragen worden war, insoweit wieder auf, als darin auch für die Kläger bestimmte, damals noch zu vermessende Teilflächen mitverkauft worden waren. Am 7. 8. 1963 verkaufte der Beklagten die von 0 zurückgekaufte Teilfläche an die Kläger Diesen Vertrag hat der Beklagten nicht erfüllt, weil 0 den gesamten erworbenen Grundbesitz - einschließlich der für die Kläger bestimmten Teilfläche - am 11. 4. 1965 für 45DM/qm weiterveräußert. Die Kläger verlangt vom Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 7. 8. 1963. Das Landgericht hat die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; das Grundurteil ist rechtskräftig geworden. Im Verfahren über die Höhe des Anspruchs hat die Kläger geltend gemacht, der Quadratmeterpreis des ihr entgangenen Grundstücks sei inzwischen auf 150 DM gestiegen, und hat diesen Teil der Klageforderung auf 450450 DM erhöht. Als weiteren Schaden hat sie u. a. den Mehrbetrag an Grunderwerbsteuer eingeklagt, den sie beim Kauf eines Ersatzgrundstücks zahlen müsse.

Das Landgericht hat der Kläger 224081,20 DM nebst Zinsen zugesprochen, und zwar 210560 DM entgangenen Grundstückswert sowie 12521,20 DM für zusätzliche Grunderwerbsteuer im Falle des Erwerbs eines gleichwertigen Ersatzgrundstücks. Im Berufungsverfahren hat die Kläger ihr Klagebegehren in Höhe von insgesamt 315840 DM nebst Zinsen weiterverfolgt. Das Oberlandesgericht hat ihr insgesamt 135135 DM nebst Zinsen zugesprochen. Die Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückweisung.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht ist davon ausgegangen, dass die Kläger - wie vom Landgericht dem Grunde nach schon rechtskräftig festgestellt - Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Grundstückskaufvertrages vom 7. 8. 1963 verlangen könne, weil sich der Beklagten zu einer anfänglich subjektiv unmöglich gewordenen Leistung verpflichtet habe. Der Höhe nach hat es den Anspruch nur im Betrage von 135135 DM für begründet erachtet.

Es hat die Ansicht vertreten, dass sich der Schaden hier nur im Wege der so genannten abstrakten Schadensberechnung ermitteln lasse. Als maßgeblichen Berechnungszeitpunkt hat es den 22. 4. 1965 angesehen, weil von diesem Tage an festgestanden habe, dass der Beklagten der Kläger die verkaufte Grundstücksfläche nicht mehr würde beschaffen können; spätere Wertsteigerungen des Kaufgegenstandes dürften der Kläger nicht mehr zugute kommen. Für den 22. 4. 1965 hat das Berufsgericht einen Grundstückswert von 45 DM je qm zugrunde gelegt. Die zusätzliche Grunderwerbsteuer, welche die Kläger tragen müsste, wenn sie ein gleichwertiges Ersatzgrundstück kaufte, hat das Berufsgericht nicht als erstattungsfähigen Schaden angesehen, da die Kläger bisher einen solchen Deckungskauf nicht vorgenommen habe.

Rechtsirrtumsfrei ist das Berufsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger im Rahmen ihres Anspruchs auf Ersatz des positiven Interesses verlangen könne, so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn der Beklagten den Kaufvertrag ordnungsgemäß erfüllt, d. h. ihr die verkaufte Grundstücksfläche übereignet hätte. Zutreffend ist auch die weitere Erwägung, dass der Schaden der Kläger, da sie den Kaufpreis bereits entrichtet habe, zumindest auch in dem Verkehrswert des ihr entgangenen Grundstücks bestehe. Die Revision rügt jedoch mit Recht, dass das Berufsgericht den Standpunkt vertreten hat, eine konkrete Schadensberechnung wegen entgangenen Wertzuwachses sei auf der Grundlage des Klagevortrags nicht möglich. Das Berufsgericht führt insoweit aus, es sei nicht durch beweisbaren Vortrag der Kläger belegt und auch nicht belegbar, dass die Grundstücke im Falle ordnungsgemäßer Vertragserfüllung heute noch in ihrer Hand und darüber hinaus in dem Zustand wären, in dem sie heute tatsächlich sind. Richtig ist hieran lediglich, dass es bei der konkreten Schadensberechnung - im Gegensatz zur abstrakten, die aber in der Regel nur für Kaufleute in Betracht kommt - aus Gründen des materiellen Rechts nicht der Festlegung eines bestimmten Stichtages bedarf; vielmehr sind grundsätzlich alle adäquaten Folgen des haftungsbegründenden Umstands bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, dem aus prozessualen Gründen letztmöglichen Beurteilungszeitpunkt, in die Schadensberechnung einzubeziehen; nur wenn der Schuldner bereits vorher seine Ersatzpflicht erfüllt, schließt er die Zurechnung späterer Schadensfolgen aus. Nach § 287 ZPO hätte das Berufsgericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheiden müssen, wie hoch sich hiernach das zu ersetzende Interesse beläuft. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist keine so bestimmte Substantiierung des Vorbringens wie sonst zu verlangen; ausreichend sind greifbare Anhaltspunkte für die Ausübung des Ermessens.

Die Kläger hat bei ihrer Anhörung vor dem Landgericht am 9. 5. 1973 erklärt, sie habe zunächst die Absicht gehabt, das gekaufte Grundstück mit einem Einfamilienhaus zu bebauen und dieses selbst zu bewohnen; als sie in den Jahren 1965 oder 1967 bemerkt habe, welche Entwicklung die Grundstücke in der Umgebung genommen hätten, habe sie geplant, das Grundstück möglichst intensiv auszunutzen und es so hoch wie möglich zu bebauen; ob sie Eigentums- oder Mietwohnungen bauen wollte, sei noch offen geblieben. Auf der Grundlage dieser Erklärungen hätte sich ein Mindestschaden ermitteln lassen. Für den Fall, dass die Kläger das Grundstück bebaut und behalten hätte, wäre - unter Abzug der erforderlichen Aufwendungen - von dem Wert auszugehen, den es im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gehabt hätte. Für den Fall, dass sie es mit Eigentumswohnungen bebaut und verkauft hätte, wäre, da sie insoweit weiteren Schaden nicht dargelegt hat, auf den Wert abzustellen - und zwar wiederum unter Abzug der Aufwendungen -, den das Grundstück im Zeitpunkt des Verkaufs gehabt hätte; dieser Bewertungszeitpunkt hätte jedenfalls erheblich später gelegen als am 22. 4. 1965, dem vom Berufsgericht angenommenen Bewertungsstichtag. Der geringste hiernach ermittelte Betrag wäre als Mindestschaden zu ersetzen.