Berufsunfähigkeit

Die Berufsunfähigkeit kann einen so genannten gedehnten Versicherungsfall darstellen. Ein solcher löst die Eintrittspflicht des Versicherers nur dann aus, wenn auch sein Beginn in den Haftungszeitraum des Versicherungsvertrages fällt. Dagegen genügt nicht, dass der Versicherungsfall sich bis in den versicherten Zeitraum hinein fortsetzt. Die Gefahrtragung durch die Beklagten ist auf die Zeit nach Abschluss des Versicherungsvertrages und nach Eingang des Einlösungsbetrages beschränkt, obwohl der Versicherungsschein den 1. 12. 1977, somit ein Datum vor dem Herzinfarkt des Kläger, als Versicherungsbeginn ausweist. Ist im Versicherungsschein als Beginn der Versicherung ein vor dem Ausstellungsdatum liegender Tag angegeben, so kann dies entweder den Abschluss einer Rückwärtsversicherung bedeuten oder lediglich den prämienbelasteten Zeitraum festlegen. Der Haftungszeitraum ergibt sich in einem solchen Fall aus den weiteren Vereinbarungen der Vertragsschließenden. In seiner einen Fall der Einbruchsdiebstahlversicherung betreffenden Entscheidung in BGHZ 84, 268 = LM § 2 VVG Nr. 3 = NJW 1982, 2776, hat der Senat für solche Fälle ausgeführt, dass beim Fehlen einer weiteren Erläuterung in der Regel mit dem als Vertragsbeginn bezeichneten Zeitpunkt der Beginn des Versicherungsschutzes gemeint ist. Gegenüber dem in BGHZ 84, 268 = LM § 2 VVG Nr. 3 = NJW 1982, 2776 entschiedenen Fall weist der vorliegende Fall jedoch Besonderheiten auf, welche die Annahme ausschließen, dass hinsichtlich der BUZ-Versicherung eine Rückwärtsversicherung vorliege.

Sowohl im ursprünglichen Antrag des Kläger vom 4. 10. 1977 als auch in der Änderungserklärung vom 17. 1. 1978 war die BUZ-Versicherung als Zusatzversicherung an die von dem Kläger beantragte Lebensversicherung angelehnt. Sie konnte daher nur mit der Lebensversicherung abgeschlossen werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass der Versicherungsschutz aus der BUZ-Versicherung nicht ohne den aus der Lebensversicherung entstehen konnte. Bei der Lebensversicherung ist eine Rückwärtsversicherung nicht möglich. Die Rückdatierung erfolgt bei ihr, damit die niedrigere Prämie des jüngeren Lebensalters zugrunde gelegt werden kann, zuweilen auch zwecks Erreichung der Aufnahmefähigkeit. So lag es auch hier, da nach den im ursprünglichen Antrag des Kläger vorgedruckten Bedingungen der Abschluss einer Lebensversicherung nur bis zum Eintrittsalter von 55 Jahren möglich war und der am 23. 12. 1924 geborene Kläger 1978 bereits 54 Jahre alt war...

Der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles ist bisher nicht festgestellt. Versicherungsfall bei der BUZ-Versicherung ist der Eintritt der Berufsunfähigkeit. Berufsunfähigkeit in diesem Sinne liegt gemäß § 2 Nm. 1, 2 BUZ-Bedingungen vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall auf nicht absehbare Zeit nicht oder nur zu weniger als 50% imstande ist, seinen Beruf oder eine ähnliche Tätigkeit auszuüben. Die Krankheit selbst, die zu diesem Zustand führt, kommt als Versicherungsfall nicht in Betracht. Auch die mit dem körperlichen Prozess verbundene Unfähigkeit zur Berufsausübung vermag allein die Eintrittspflicht des Versicherers nicht auszulösen. Als bloße Arbeitsunfähigkeit bleibt sie solange unbeachtlich, als nicht ein Zustand erreicht ist, dessen Besserung zumindest bis zur Wiederherstellung der halben Arbeitskraft in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten ist. Die Unfähigkeit zur Berufsausübung muss demnach eine gewisse Qualität haben, um zur Berufsunfähigkeit zu werden. Der körperlichgeistige Gesamtzustand des Versicherten muss derart beschaffen sein, dass eine günstige Prognose für die Wiederherstellung der verloren gegangenen Fähigkeiten in einem überschaubaren Zeitraum nicht gestellt werden kann Ein solcher Zustand kann bereits unmittelbar mit dem Ursachenereignis entstehen, beispielsweise bei unfallbedingtem Verlust von Gliedmaßen. Der Versicherungsfall kann aber auch erst geraume Zeit nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit eintreten, beispielsweise bei fortschreitenden Erkrankungen oder degenerativen Prozessen, deren verschiedene Stadien unterschiedliche Erwartungen zur Genesung und Rehabilitation rechtfertigen.

Soll der Zeitpunkt des Versicherungsfalles festgestellt werden, so ist entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die Prognose der zum damaligen Zeitpunkt behandelnden Ärzte abzustellen. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, dass zum Zeitpunkt der Beurteilung Berufsunfähigkeit i. S. von § 2 Nm. 1, 2 BUZ-Bedingungen gegeben ist. Entscheidend ist vielmehr die rückschauende Feststellung des Zeitpunktes, zu dem erstmals ein Zustand gegeben war, der nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft keine Erwartungen mehr auf eine Besserung rechtfertigte.

Für die Feststellung des Versicherungsfalls sind Prognosen nur dann entbehrlich, wenn die Unfähigkeit zur Berufsausübung bereits 1 Jahr ununterbrochen angedauert hat. Ob damit lediglich die Stellung des Versicherten verbessert werden soll oder im Einzelfall auch der Versicherer sich zu seinen Gunsten auf die Bestimmung berufen darf, kann dahinstehen. Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers dauerte bei Versicherungsbeginn nämlich noch kein Jahr an.