Beschenkte

Dem Beschenkten steht die Einrede des § 526 BGB auch dann zu, wenn er gegen den Schenker einen Anspruch aus Rechtsmängelhaftung hat.

Zum Sachverhalt: Der Kläger verlangt als Testamentsvollstrecker über den Nachlass seiner Mutter in erster Linie Schadensersatz, weil die Beklagte ein Anwesen veräußerte, obwohl sie nach der Klagebehauptung verpflichtet war, die Mutter des Klägers (frühere Kl.; im folgenden: die Kläger) darin unentgeltlich wohnen zu lassen. Auf einem damals dem Kläger gehörenden, bebauten Grundstück wurde 1962 für die gehbehinderte Kläger ein besonders ausgestatteter Anbau errichtet, in dem sie bis Frühjahr 1975 mietfrei wohnte. Mit notariellem Vertrag vom 27. 12. 1965 schenkte die Kläger der Beklagte, die kurz vorher geheiratet hatte, das bebaute Grundstück und eine unbebaute Nachbarparzelle und übernahm die Gewähr dafür, dass die Grundstücke von allen eingetragenen und nicht eingetragenen Belastungen frei seien oder freigestellt würden, insbesondere von zwei damals der D-Bank zustehenden Grundschulden von je 50000 DM. Die Beklagte wurde als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen und erhielt den Besitz der Grundstücke. Im Frühjahr 1969 trennte sich die Beklagte und der Kläger; ihre Ehe wurde 1972 rechtskräftig geschieden. Der Kläger verwandte die erwähnten Grundschulden später zur Sicherung eines von der Stadtsparkasse B an die Firma R gewährten Darlehens, für das er sich auch selbstschuldnerisch verbürgt hatte. Anfang 1975 betrieb die Sparkasse die Zwangsversteigerung der Grundstücke; die Beklagte wandte die Vollstreckung dadurch ab, dass sie die Grundstücke am 13. 2. 1975 an eine Frau W verkaufte und aus dem Erlös von 350000 DM die Sparkasse befriedigte. Die Räumungsklage der neuen Eigentümerin gegen die Kläger war erfolgreich. Die Kläger hat vorgetragen, die Beklagte sei ihr verpflichtet gewesen, sie im Anbau lebenslang und unentgeltlich wohnen zu lassen. Die Erfüllung dieser Leistung habe sie durch Veräußerung des Anwesens schuldhaft unmöglich gemacht. Sie hat in erster Linie Schadensersatz verlangt.

LG und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers führte zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht

Aus den Gründen: I. Rechtsfehlerfrei sind die Ausführungen des Berufungsgerichts darüber, dass über die Klageansprüche nicht bereits mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden wurde. Die Revision greift dies auch nicht an.

II. Das Berufungsgericht unterstellt als wahr, dass die Beklagte mit dem Kläger anlässlich der Grundstücksschenkung vereinbarte, die Kläger dürfe in dem Anbau lebenslang und unentgeltlich wohnen. Schon nach ihrem eigenen Tatsachenvortrag habe die Kläger aber gegen die Beklagte keine durchsetzbare Forderung auf Gewährung des Wohnens erworben, weil dieser Anspruch von der aufschiebenden Bedingung abhängig gewesen sei, dass der Kläger die Grundstücke von den Grundschulden freistelle. Diese Bedingung sei ausgefallen und ihr Eintritt von der Beklagte auch nicht wider Treu und Glauben verhindert worden. Auf eine privative oder kumulative Schuldübernahme stütze die Kläger ihren Anspruch nicht, sondern gehe selbst zutreffend von einer Schenkung unter einer Auflage aus, aus der sie ein eigenes Forderungsrecht folgere. Auch dieses Forderungsrecht sei indessen schon nach § 525 I BGB aufschiebend bedingt dadurch, dass der Kläger seinerseits geleistet habe. Daran fehle es. Die Rechtsfolge der unterlassenen Freistellung lasse sich nicht aus § 526 I BGB entnehmen, weil diese Bestimmung nach ihrer systematischen Stellung und ihrem Sinn und Zweck nur auf einen Rechtsmangel zutreffe, für den der Schenker nicht hafte. Es sei aber hier gerade eine Haftung des Schenkers für die Freistellung von den Grundschulden vereinbart worden, und zwar deshalb, weil die Beklagte dazu nicht imstande gewesen sei. Die Vorstellungen der Parteien des Schenkungsvertrages seien mithin dahin gegangen, dass die Beklagte das Wohnrecht der Kläger auf Dauer nur dann gewähren könne, wenn das Grundstück von den Grundschulden entlastet werde. Ohne eine solche Freistellung sei deshalb die Verpflichtung der Beklagte zur Wohnungsgewährung nicht wirksam geworden.

III. Diese Ausführungen halten den Revisionsangriffen nicht stand.

1. Soweit nicht beurkundete Abreden der Beklagte mit dem Kläger anlässlich der Grundstücksschenkung eine Rolle spielen, sind Formmängel (§§ 313, 518 BGB) spätestens durch Eigentumserwerb der Beklagte geheilt (§§ 313 S. 2 518 II BGB).

2. Zu Recht beanstandet die Revision, dass das Berufungsgericht nur eine Schenkung unter Auflage (§§ 525, 330 S. 2 BGB) in Betracht zieht. Es mag offenbleiben, ob die Revision auch geltend machen will, der Vortrag der Kläger enthalte substantiierte Tatsachenbehauptungen für eine befreiende Schuldübernahme oder Schuldmitübernahme unmittelbar zwischen ihr und der Beklagte (§§ 414, 305 BGB). Sowohl eine privative als auch eine kumulative Schuldübernahme kann auch durch Vertrag zwischen dem Schuldner und dem Übernehmer vereinbart werden (§ 415, § 305 i. V. mit § 328 BGB). Das Berufungsgericht vermisst dazu entsprechendes Vorbringen der Kläger Diese hat aber unter Beweisantritt vorgetragen, dass sie bereits kraft Vereinbarung mit ihrem Sohn (dem Kläger) ein lebenslanges und unentgeltliches schuldrechtliches Wohnrecht in dem auf ihre Kosten errichteten Anbau gehabt habe. Sie hat behauptet, auch zwischen ihr, ihrem Sohn und der Beklagte habe in diesem Punkt völlige Einigkeit bestanden. Anlässlich der Schenkung zwischen dem Kläger und der Beklagte sei die Übernahme des Wohnrechts erneut verabredet, aber nicht beurkundet worden. Die Beklagte habe sich auch in der Folgezeit daran gehalten und wiederholt gegenüber der Kläger und gegenüber Dritten bestätigt, dass die Kläger im Anbau ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnrecht habe . . . Sie ist auf diese Behauptungen im Schriftsatz ... zurückgekommen und hat ausdrücklich insoweit auf eine Schuldübernahme abgehoben ... wobei sie auch auf das Berufungsurteil vom 26. 5. 1975... verwiesen hat, das von einer stillschweigenden Schuldübernahme ausgeht ...Wenn die Kläger selbst die Grundstücksüberlassung rechtlich (auch) als Schenkung unter Auflage wertete ... so durfte das Berufungsgericht bei seiner Prüfung eine Schuld(mit)übernahme nicht außer Betracht lassen. War schon (der Kläger) B der Klägergegenüber im behaupteten Sinne verpflichtet, dann hätte es der Interessenlage entsprochen, dass die Beklagte seine Verpflichtung übernahm oder jedenfalls mit übernahm, da er nach Übereignung des Grundstücks nicht mehr in der Lage war, der KlägerWohnung zu gewähren.

Schließlich verweist die Revision zutreffend darauf, dass der unter Beweis gestellte Tatsachenvortrag der Kläger auch Anlass bot zu prüfen, ob sich die Beklagte nicht (auch) selbst unmittelbar gegenüber der Klägerverpflichtet hatte, dieser im Anbau lebenslang und unentgeltlich Wohnung zu gewähren. Diese Möglichkeit hat das Berufungsgericht gar nicht in Betracht gezogen. übernommene oder aber unmittelbar zwischen der Kläger und der Beklagte begründete Verpflichtungen sind grundsätzlich unabhängig von der zwischen der Beklagte und dem Kläger vereinbarten Lastenfreistellungsverpflichtung (zur Schuldübernahme vgl. § 41711 BGB).

3. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist die Sache schon aus den in Nr. 2 aufgeführten Gründen nicht zur Endentscheidung reif (§ 565 III Nr. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich, von seinem Standpunkt aus folgenrichtig, nicht mit der Frage befasst, ob die Beklagte ihr Unvermögen zu vertreten hat. Insoweit sei bemerkt: War ein freihändiger Verkauf möglich, und bot sich so die Gelegenheit, das Wohnrecht der Kläger zu erhalten, dann musste die Beklagte im Rahmen ihrer vertraglichen Pflicht alles ihr Zumutbare tun, um diese Chance zu nutzen. Die Kläger hatte vorgetragen, dass die Käuferin W bereit gewesen wäre, einen Mietvertrag abzuschließen, damit die IU im Anbau wohnen bleiben könne. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die dazu erforderlichen Mittel für die Lebenszeit der hochbetagten Kläger aus dem Verkaufserlös nicht hätte aufbringen können.

4. Für die erneute Verhandlung und Entscheidung wird vorsorglich darauf hingewiesen, dass das Berufungsurteil auch auf seiner eigenen rechtlichen Grundlage nicht haltbar ist. Richtig ist der Ansatzpunkt des Berufungsgerichts, dass der Beschenkte auch gegenüber dem Anspruch eines durch Auflage Begünstigten einwenden kann, der Schenker habe seinerseits noch nicht geleistet (§ 525 BGB). Zur Leistung rechnet das Berufungsgericht im vorliegenden Fall auch die Lastenfreistellung und folgert dies insbesondere aus § 526 BGB, weil diese Bestimmung nur den Fall betreffe, in dem ein Schenker für einen Rechtsmangel nicht hafte. Diese Auffassung teilt der Senat nicht. Die schenkungsweise versprochene Leistung ist im vorliegenden Fall die Eigentumsübertragung an den Grundstücken. Sie ist erfolgt. Soweit die Kläger die Gewähr für die Lastenfreiheit der Grundstücke übernommen hat, mag die Wegfertigung der Grundschulden zwar in einem allgemeinen Sinn als eine von ihm geschuldete Leistung verstanden werden. Ohne zusätzliche Anhaltspunkte in den Vereinbarungen zwischen den Parteien (für die bislang tatsächliche Feststellungen des Berufungsgerichts fehlen) konnte die Beklagte aber nicht geltend machen, es fehle noch an der Leistung i. S. des § 525 I BGB. Diese Vorschrift soll verhindern, dass der Beschenkte die Auflage erfüllen muss, bevor er in den Genuss des geschenkten Gegenstandes gekommen ist. Eine Auflagenschenkung liegt grundsätzlich auch erst dann vor, wenn die Leistung des Beschenkten nicht für die Zuwendung, sondern auf der Grundlage und aus dem Wert der Zuwendung erfolgen soll (vgl. RGRK, 12. Aufl., § 525 Rdnr. 6; Kollhosser, in: MünchKomm, § 525 Rdnrn. 1, 2; Soergel-Mühl, BGB, 11. Aufl., § 525 Rdnr. 3). Hat der Beschenkte die Auflage mit dem Geschenk zu erbringen und kann er - wie hier - nach Erhalt des geschenkten Gegenstandes seinerseits ohne weiteres leisten, dann ist regelmäßig kein Grund ersichtlich, warum der Anspruch auf Vollziehung der Auflage erst mit Erfüllung einer Nebenabrede des Schenkungsvertrages (hier Lastenfreistellung) entstehen sollte. Mit der Lastenfreistellungsverpflichtung des Klägers wurde im Ergebnis nur die eingeschränkte Gewährleistung des § 523I BGB auf eine volle Haftung für den Rechtsmangel aus der Grundschuldbelastung erweitert. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts folgt aus § 526 BGB, dass im Falle eines Rechtsmangels gegen den Beschenkten immer ein Anspruch auf Erfüllung der Auflage besteht, dieser aber einrede behaftet ist. Weder Wortlaut noch Sinn dieser Vorschrift rechtfertigen eine Beschränkung auf die Fälle, in denen der Schenker für einen Rechtsmangel nicht haftet. Ihr liegt der Gedanke zugrunde, dass die Erfüllung der Auflage den Beschenkten nicht ärmer machen dürfe, als er ohne die Schenkung wäre. Das muss der Beschenkte immer geltend machen können, und zwar unabhängig davon, ob ihm der Schenker nach Gewährleistungsrecht haftet oder nicht. Es ist insbesondere nicht einzusehen, warum der loyale Schenker der Einrede des § 526 BGB ausgesetzt sein soll, der arglistig handelnde (vgl. §§ 523 I, 524I BGB) dagegen nicht, zumal die gesetzliche Haftung für Rechts- und Sachmängel bei Schenkungen aus dem eigenen Vermögen des Schenkers ihrem Umfang nach auf den Einsatz des Vertrauensschadens beschränkt ist. Die Auffassung des Berufungsgerichts wird, soweit ersichtlich, auch in der Literatur nicht vertreten. Mezger (in: RGRK, § 526 Rdnr. 1) bezieht § 526 BGB im Gegenteil gerade auch auf die Fälle, in denen der Schenker nach §§ 523, 524 BGB haftet. Das besagt allerdings nichts darüber, ob und inwieweit (insb. wann) die Beklagte ihren Anspruch auf Lastenfreistellung einredeweise (§§ 273, 274 BGB) dem Verlangen nach Auflagenvollziehung hätte entgegenhalten können (vgl. auch § 334 BGB). Das ist eine Frage der (gegebenenfalls ergänzenden) Vertragsauslegung, die das Berufungsgericht, von seinem Standpunkt aus folgerichtig, bislang nicht vorgenommen hat. Von Bedeutung erscheinen insoweit für den Zeitpunkt der Schenkung insbesondere der Hintergrund für die Auflage (Wohnrecht der Schwiegermutter in einem angeblich von der Kläger selbst finanzierten und schon jahrelang genutzten Anbau) und die Interessenlage (es handelte sich um Sicherungsgrundschulden, die in der Regel erst Bedeutung gewinnen, wenn der Sicherungsgeber seine Verpflichtungen aus dem zugrunde liegenden Geschäft nicht erfüllt). Allerdings kann auch eine Rolle spielen, dass gerade die fehlende Lastenfreistellung zum Versteigerungsverfahren und damit zum Grundstücksverkauf führte, was die Parteien bei der Schenkung nicht bedacht haben dürften. Soweit das Berufungsgericht in anderem Zusammenhang feststellt, der Kläger habe die Lastenfreistellung nur versprochen, weil die Beklagte hierzu außerstande gewesen sei, rechtfertigt dies nicht (worauf die Revision zutreffend hinweist) die daraus ohne nähere Begründung gezogene Schlussfolgerung, die Parteien seien mithin davon ausgegangen, dass die Beklagte auf Dauer nur bei Beseitigung der Grundschulden imstande sein würde, die Kläger im Anbau wohnen zu lassen.