Beseitigung des Mangels
Auch dann, wenn der Unternehmer gemäß § 683 Abs. 2 Satz 2 BGB die Beseitigung des Mangels verweigern darf, kann der Besteller grundsätzlich seinen Schadensersatzanspruch (§ 635 BGB) nach den von ihm für die Mängelbeseitigung gemachten Aufwendungen berechnen; er ist nicht auf die Geltendmachung des merkantilen Minderwerts beschränkt.
In Fällen kommt allerdings eine entsprechende Anwendung des § 251 Abs. 2 BGB in Betracht. Dabei sind jedoch strenge Anforderungen zu stellen und alle Umstände des Falls zu berücksichtigen.
Anmerkung: Der Beklagte (Unternehmer) errichtete an dem Wohnhausneubau des Klägers einen Dachstuhl. Infolge von Maßfehlern gerieten die Firsthöhe, der Kniestock und der Fenstersturz zu tief. Diese Fehler wurden erst festgestellt, nachdem das Haus-fertig und der Werklohn, bezahlt war. Der Beklagte nahm eine unzureichende Nachbesserung vor, eine weitere Nachbesserung lehnte er wegen des zu hohen Kosten- und Arbeitsaufwands ab. Der Kläger ließ die erforderlichen Nachbesserungen nunmehr auf eigene Kosten durchführen; er verlangte hierfür (abgesehen von einigen hier nicht interessierenden Beträgen) Ersatz seiner Aufwendungen in Höhe von 13 262 DM.
Das Oberlandesgericht hatte dem Kläger nur den Ersatz eines Minderwerts von 6 000 DM zugebilligt. Es begründete seine Auff. damit, dass der Beklagte berechtigt gewesen sei, das Nachbesserungsverlangen des Klägers wegen unverhältnismäßiger Aufwendungen abzulehnen (§ 633 Abs. 2 Satz .2 BGB); der Kläger könne daher nur einen Minderungsbetrag beanspruchen.
Dem ist, der BGH nicht gefolgt. Es besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Verlangen der Nachbesserung (mit der -etwaigen Folge der Minderung) und einem Schadensersatzanspruch gemäß § 635 BGB. Letzterer setzt im Gegensatz zum Nachbesserungsanspruch ein Verschulden voraus und rechtfertigt damit auch eine schärfere Haftung. Grundsätzlich kann der Bauherr deshalb seine Aufwendungen für die selbst durchgeführte Nachbesserung als Schaden auch in voller Höhe ersetzt verlangen, ohne an den Grad der Minderung gebunden zu sein. Der Anspruch findet seine Grenze lediglich in der Bestimmung des § 251 Abs. 2 BGB, wonach der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld entschädigen kann, wenn die Naturalherstellung mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist.
Diese Bestimmung setzt allerdings voraus, dass primär Naturalersatz geschuldet wird. Sie kann also nicht unmittelbar auf den § 635 BGB, wonach lediglich Geldersatz geleistet werden muss, angewandt werden. Der BGH sieht aber keine Bedenken, sie auch auf den hier im Streit stehenden Fall analog anzuwenden. Schon das RG (RGZ 71, 212) hat, wenn der Gläubiger gemäß § 249 Satz 2 BGB statt Naturalersatz Entschädigung in Geld verlangt, dem Schädiger den Einwand gewährt, die Herstellung habe unverhältnismäßige Kosten verursacht. Nichts anderes kann aber dann auch im vorliegenden Fall gelten, in dem primär Geldersatz verlangt wird. In allen Fällen ist die Interessenlage die gleiche: Dem Schädiger kann nicht zugemutet werden, vollen Ersatz zu leisten, wenn die Beseitigung des Schadens in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Geldaufwand steht. Diese Folge müsste sich übrigens, ohne auf den § 251 Abs. 2 BGB zurückgreifen zu müssen, auch schon nach § 242 BGB nach Treu und Glauben ergeben. Zu der Frage, was unter unverhältnismäßigen Aufwendungen zu verstehen ist, kann auf die im Urteil aufgeführten Nachweisung aus Rechtsprechung - insbesondere Nr. 8, 11, 17 zu § 251 BGB - und Schrifttum verwiesen werden.
Ob und wann die Grenze des dem Schädiger Zumutbaren überschritte ist, kann freilich nur von Fall zu Fall entschieden werden.
Jedenfalls muss aber, besonders wenn wie hier ein erhebliches Verschulden des Schädigers vorliegt, ein strenger Maßstab angelegt werden. Im vorliegenden Fall würde, wenn der Kläger die Nachbesserungen nicht vorgenommen hätte, der merkantile Minderwert des Hauses nach dem Gutachten des Sachverständigen 7020 DM betragen. Demgegenüber können die vom Kläger aufgewendeten 13 262 DM noch nicht als unverhältnismäßig hoch angesehen werden, die Grenze des Zumutbaren ist, wie der BGH annimmt, hier noch nicht überschritten.