Bestreiken

Der hier zu beurteilende Streik verletzte nicht das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 I 2 GG. Ob und inwieweit das Bestreiken von Presseunternehmen unter diesem Gesichtspunkt unzulässig sein kann, ist allerdings umstritten. Die Frage braucht hier nicht in ihrer Allgemeinheit erörtert zu werden. Ein Lohnstreik gegen Zeitungsbetriebe ist nicht schlechthin verfassungswidrig, sondern grundsätzlich zulässig. Dem Recht der Allgemeinheit auf Information kommt zwar ein hoher Stellenwert zu; es ist aber als solches nicht schon immer dann beeinträchtigt, wenn eine bestimmte Zeitung in einem beschränkten Zeitraum nicht erscheint. Auf Zeitungsbetriebe können deshalb auch nicht ohne weiteres die im Arbeitskampfrecht entwickelten Grundsätze über den Streik in lebenswichtigen Betrieben angewandt werden, wonach dort die Versorgung der Bevölkerung zumindest durch die Verrichtung von Notarbeiten sichergestellt werden muss. Die Frage kann allenfalls dahin gestellt werden, ob im Einzelfall eine Arbeitskampfmaßnahme nach Ausmaß, Dauer, Form oder Zielrichtung so weit geht, dass dadurch die Einrichtung der freien Presse nicht nur in einer Randzone, sondern in ihrem Kern getroffen wird. Als Beispiele sind die Fälle genannt worden, in denen ein Streik darauf zielt, das Erscheinen aller Zeitungen oder auch nur derjenigen einer bestimmten Pressesparte zu verhindern, die Presse einer bestimmten politischen Richtung zu treffen oder eine bestimmte Zeitung wegen ihrer Haltung in einer konkreten Frage zu maßregeln. Dafür, dass solche oder ähnliche besonderen Umstände im hier zu entscheidenden Fall vorliegen könnten, ist aus dem Vorbringen der Parteien und den Feststellungen des Berufungsgerichts nichts ersichtlich.

Auch sonstige Gründe, aus denen der Streik vom 9. 4.1973 als rechtswidrig anzusehen wäre, lassen sich dem Prozess-Stoff nicht entnehmen. Darauf, ob die M-Druckerei Mitglied des Arbeitgeberverbandes war, mit dem der angestrebte Tarifvertrag abgeschlossen werden sollte, kommt es nicht an. Es genügt, wenn der Arbeitskampf sich gegen einen tariffähigen Sozialpartner richtet - dies ist auch der einzelne Arbeitgeber -, der die Forderung auf Abschluss eines Tarifvertrages jedenfalls erfüllen könnte. Es ist dagegen unerheblich, ob der Sozialpartner tatsächlich zum Abschluss eines solchen Tarifvertrages gezwungen werden soll, oder etwa der nicht verbandszugehörige Arbeitgeber nur bestreikt wird, um auch hierdurch wirtschaftlichen Druck auf die Branche und ihren Arbeitgeberverband auszuüben, möglicherweise in der Erwartung, dass die Außenseiter einem dann mit dem Verband abgeschlossenen Tarifvertrag folgen würden.

2. Die Kläger haben Streikbrecherarbeit i. S. des § 11 I der Satzung der Beklagten geleistet. Sie waren zwar als Angestellte von dem Tarifvertrag, dessen Abschluss mit dem Streik erzwungen werden sollte, nicht betroffen. Der Streikaufruf der Beklagten richtete sich daher nicht an sie; sie waren nicht verpflichtet, sich an dem Streik zu beteiligen oder ihn auch nur zu unterstützen. Andererseits verstießen die Kläger aber gegen die zwischen den im selben Betrieb tätigen Mitgliedern derselben Gewerkschaft zu erwartende Solidarität, wenn sie die Arbeiten ihrer streikenden Kollegen verrichteten. Das aber haben die Kläger nach den - auf Grund des unstreitigen Sachverhalts getroffen - Feststellungen des Berufungsgerichts getan. Sie haben bei der Herstellung der Notausgabe des Tagesspiegel jedenfalls teilweise Arbeiten ausgeführt, die normalerweise von den streikenden Arbeitern zu leisten gewesen wären. Denn die Herstellung des Satzes und der Druckplatten sowie das Bedienen der Rotationsmaschine war, wie die Kläger selbst vorgetragen haben, im Normalfall nicht ihre Aufgabe, sondern diejenige der von ihnen zu beaufsichtigenden Arbeiter. Zu Unrecht berufen sich die Kläger darauf, dass sie derartige Arbeiten auch sonst in Ausnahmefällen, insbesondere bei großen Manuskriptanfall, hätten ausführen müssen, wenn sonst die Zeitungen nicht pünktlich hätten fertig gestellt werden können. Es kommt nicht darauf an, ob in anders gearteten Notfällen von ihnen verlangt werden kann, über ihre beaufsichtigende Tätigkeit hinaus innerhalb oder außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs selbst mit Hand anzulegen. Ein Angestellter ist dazu jedenfalls dann nicht verpflichtet, wenn dieser Ausnahmefall durch einen Streik seiner Arbeitskollegen herbeigeführt worden ist; für diese einzuspringen, ist er, weil für ihn unzumutbar, auf Grund seines Arbeitsvertrages nicht gehalten.

3. Nicht abschließend beurteilen lässt sich dagegen aufgrund der bisherigen tatsächlichen Feststellungen, ob der Beschluss, durch den der Zeitpunkt sowie Art und Umfang der Kampfmaßnahmen festgelegt wurden, nach den Bestimmungen der Satzung der Beklagten wirksam zustande gekommen ist.

Nach § 16III der Satzung werden Kampfmaßnahmen vom Erweiterten Vorstand oder vom Geschäftsführenden Vorstand beschlossen und vom Hauptvorstand oder Geschäftsführenden Vorstand durchgeführt. Absatz 4 bestimmt, dass zur Durchführung eines Streiks eine Urabstimmung erforderlich ist, bei der 75% der daran teilnehmenden Abstimmungsberechtigten dem Streik zustimmen. Nachdem im vorliegenden Fall der Erweiterte Vorstand die Urabstimmung beschlossen und den Geschäftsführenden Vorstand mit der Bildung einer Zentralen Streikleitung beauftragt hatte, hat diese - auf der Grundlage der inzwischen mit ausreichendem Ergebnis durchgeführten Urabstimmung - zunächst am 6.4. 1973 einen zeitlich begrenzten Streik für den 10. 4. 1973 und später am 9.4. 1973 die Vorverlegung der Kampfmaßnahmen auf den Abend dieses Tages beschlossen. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, dass dieses Vorgehen nicht der Satzung entsprach; die Entscheidung über die erwähnten Einzelheiten der Streikdurchführung hätte nicht der Zentralen Streikleitung überlassen werden dürfen. Zeitpunkt und Dauer von Kampfmaßnahmen sowie ihr Umfang prägen einen Streik in seiner konkreten Erscheinungsform so wesentlich, dass nur das nach der Satzung für die Streikdurchführung zuständige Organ über diese Einzelheiten wirksam beschließen kann. Es kann ohne satzungsmäßige Grundlage seine Befugnisse insoweit nicht delegieren; denn es muss gewährleistet sein, dass eine so wichtige Entscheidung von dem Organ getroffen wird, das nach der Satzung der Gesamtheit der Mitglieder gegenüber dafür die Verantwortung trägt. Nach § 16 III der Satzung war das der Hauptvorstand oder der Geschäftsführende Vorstand, nicht aber die in der Satzung nicht vorgesehene Zentrale Streikleitung. Mit Recht hat das Berufungsgericht die insoweit bestehenden Bedenken nicht dadurch als ausgeräumt angesehen, dass die Zentrale Streikleitung in ihrem Kern von den sämtlichen Mitgliedern des Geschäftsführenden Vorstands gebildet wurde. Denn ihr gehörten darüber hinaus noch die Frauensekretärin - diese war allerdings ihrerseits Mitglied des Hauptvorstands -, der Leiter der Rechtsabteilung, ein Sekretariatsleiter und der vom Berufungsgericht als Zeuge vernommene Angestellte F an, der nach seiner Aussage Leiter der Abteilung Wirtschaft und Technik war. Es ist zwar unbedenklich, wenn das für die Durchführung des Streiks satzungsmäßig zuständige Organ bestimmte leitende Fachangestellte hinzuzieht, um sich durch sie, die dem Streikgeschehen näher stehen und die Auswirkung der in Betracht kommenden Kampfmaßnahmen deshalb möglicherweise besser beurteilen können, bei der taktischen und strategischen Ausgestaltung des Arbeitskampfes beraten zu lassen. Dass auf diese Weise dem Organ nicht angehörende Personen dessen Beschlüsse durch ihre Meinungsäußerungen beeinflussen könnte, wäre regelmäßig nicht entscheidend. Hier ist aber nach den Feststellungen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass die aufgeführten zusätzlichen Mitglieder in der Streikleitung volles Stimmrecht hatten. Damit ist es im Hinblick auf das Zahlenverhältnis - der Geschäftsführende Vorstand besteht nach § 21 II der Satzung aus fünf Mitgliedern, denen die oben genannten vier weiteren Mitglieder der Zentralen Streikleitung gegenüberstanden - möglich, dass der Beschluss vom 9.4. 1973 durch den der Streikbeginn auf den Abend dieses Tages festgesetzt wurde, ohne die Stimmabgabe der nicht dem Geschäftsführenden Vorstand angehörenden Personen so nicht zustande gekommen wäre und mithin auf ihr beruht. Das würde den Beschluss unwirksam machen. Hierauf könnten sich die Kläger unter dem Gesichtspunkt berufen, dass die Missachtung eines satzungswidrig angeordneten Streiks keine Grundlage für ihren Ausschluss sei.

Allein die Möglichkeit, dass er ohne die Stimmabgabe der nicht dem Geschäftsführenden Vorstand angehörenden Personen nicht zustande gekommen wäre, macht indessen den Beschluss vom 9.4. 1973 entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts noch nicht unwirksam. Es kommt vielmehr, wie der Senat in der genannten Entscheidung ausgeführt hat, darauf an, ob der Beschluss tatsachlich darauf beruht, dass die zusätzlichen Mitglieder mitbestimmt haben, oder ob er auch dann zustande gekommen wäre, wenn allein die Mitglieder des Geschäftsführenden Vorstands abgestimmt hätten. Letzteres darzulegen und zu beweisen, wäre Sache der Beklagten Bislang fehlt es hierzu an einem Parteivortrag. Damit die Parteien Gelegenheit erhalten, ihr Vorbringen unter diesem in den Vorinstanzen nicht erörterten rechtlichen Gesichtspunkt zu ergänzen, und das Berufungsgericht alsdann die entsprechenden tatsächlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils an das Berufungsgericht zu anderweiter Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Aus der Gewerkschaft kann nicht ausgeschlossen werden, wer bei der Betriebsratswahl auf einer Liste kandidiert, die zwar mit einer gewerkschaftlich unterstützten Liste konkurriert, aber über den Wettbewerb um die Stimmen hinaus nicht gewerkschaftsfeindlich ist.

Eine Satzungsänderung, nach der die Vereinsmitgliedschaft ohne weiteres mit dem Wegfall der Voraussetzungen für ihren Erwerb endet, ist zulässig und wirkt auch gegenüber früher beigetretenen Mitgliedern einschließlich solchen, die jene Voraussetzungen schon vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsänderung nicht mehr erfüllten.

Zur Frage, ob in der Satzung einer politischen Partei bestimmt werden kann, dass die Kandidatur eines Mitglieds für eine kommunale Wählervereinigung nach Ablauf einer Abmahnungsfrist als Austritt aus der Partei gilt.