Betriebsgeschichte

Betriebsgeschichte - Geschichte der Produktionsverhältnisse und der Produktivkräfte, vor allem die allseitige Geschichte der Arbeiter und der anderen Werktätigen eines Betriebes in sozialistischen Ländern. Sie untersucht besonders die Arbeiterbewegung des Betriebes sowie die schöpferische Tätigkeit der Betriebsangehörigen und die von ihnen dabei entwickelten ökonomischen, technischen, sozialen, politischen und kulturellen Beziehungen, eingebettet in die Regional- und Staatsgeschichte sowie in die Geschichte des Wirtschafts- bzw. Industriezweiges. Sie analysiert die oft wechselseitigen Beziehungen eines Betriebes, seiner Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse , seiner Leitung sowie die Beziehungen der mit ihm verbundenen Menschen (Belegschaft, deren Angehörige, manchmal auch die Einwohnerschaft ganzer Orte im engeren Einzugsgebiet der Betriebe) zur allg. Geschichte der Produktivkräfte und Produktionsverhältnisse, zur nationalen Geschichte sowie zur Geschichte der Arbeiterbewegung und des Klassenkampfes. Die Untersuchungen erstrecken sich jeweils auf die gesamte Zeit des Bestehens eines Betriebes unabhängig von seiner jeweiligen Größe und seinen Eigentumsverhältnissen. Die Geschichte vieler Betriebe des Bergbaus, der eisen- und metallerzeugenden, der keramischen, der Textil- und Porzellanindustrie, aber auch die der landwirtschaftlichen Betriebe begann im Feudalismus. Ein Teil der heutigen industriellen Betriebe entstand als Handwerksbetrieb im Kapitalismus und entwickelte sich zum Klein-, Mittel- oder Großbetrieb. Zahlreiche wichtige Industriebetriebe sind erst in der Zeit des Aufbaus des Sozialismus gegr. worden (z. B. VEB Eisenhüttenkombinat Ost, VEB Braunkohlenkombinat Schwarze Pumpe, VEB Petrolchemisches Kombinat Schwedt) oder haben hier eine bedeutende Ausweitung erfahren (z. B. VEB Carl Zeiss Jena). - Die aktuellen Aufgaben der betriebsgeschichtlichen Arbeit im Sozialismus sind: a) bei der Entwicklung des gesellschaftlichen Bewusstseins, vor allem der schöpferischen Aktivitäten der Werktätigen zu helfen, da diese wesentliche Hebel zur Erhöhung der Arbeitsproduktivität sind, b) Hilfsmittel zu erschließen, um durch gutes Betriebs- klima und Festigung der Betriebsverbundenheit eine Stammbelegschaft zu bilden, c) Analysen einzelner betrieblicher Probleme auszuarbeiten, z. B. über die Wirkungen der seit Bestehen des Betriebes angewendeten Lohnsysteme oder über die Entwicklung der Leitungstätigkeit. - Allen drei Aufgaben dienen in unterschiedlicher Weise zwei Vorhaben: Einmal der Erarbeitung umfassender Gesamtgeschichten der jeweiligen Betriebe, die für die Zeit ihres Bestehens die großen Entwicklungslinien der Geschichte und das Wirken objektiver Gesetze an prägnanten betrieblichen Beispielen veranschaulichen. Daran arbeiten in erster Linie Kollektive in den Betrieben unter Anleitung und Hilfe von Wissenschaftlern der Akademien, Universitäten und Hochschulen. Zum anderen dienen sie Spezialuntersuchungen von Einzelproblemen, die in erster Linie von Wissenschaftlern vorgenommen werden. - Der Propagierung der Betriebsgeschichte dienen nicht nur Bücher und Broschüren, die die Gesamtgeschichte des Betriebes behandeln, sondern auch Traditionszimmer und -kabinette, Vorträge, Ausstellungen, Dokumentarfilme, namentlich über ausgewählte Perioden der Betriebsgeschichte, über die Geschichte einzelner Abteilungen oder Produktionsverfahren, über die Entwicklung der Betriebsökonomie sowie über die Geschichte von Lage und Kampf der Arbeiter des Betriebes unter kapitalistischen und sozialistischen Eigentumsverhältnissen.