Bevollmächtigter

Eine Kenntnis, die ein zum Erwerb von Bargeld Bevollmächtigter am Abend erlangt hatte, reicht nicht, wie das Berufsgericht meint, ohne weiteres für die Anfechtbarkeit der Rechtshandlungen aus, die sich erst am 26. 9. 1980 in der Gutschrift der überwiesenen Beträge und des Gegenwerts der beiden Schecks verwirklicht haben und augenscheinlich nicht von dem Kassierer, sondern anderen Angestellten der Beklagten vorgenommen worden sind. § 166I BGB ist jedoch über seinen Wortlaut hinaus anzuwenden. Die Kenntnis des Vertreters ist nicht nur maßgebend, soweit sie sich auf die Folgen der Willenserklärung auswirkt, die der Vertreter für den Vertretenen abgegeben hat. In BGHZ 41, 17 = NJW 1964, 1277 = LM § 30 KO Nr. 16/ 17, ist der durch Einigung und Eintragung eines Rechts im Grundbuch zu Lasten der übrigen Konkursgläubiger Begünstigte bei Anwendung des § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO mit dem Wissen seines Vertrauensmanns belastet worden, das dieser bei Ausführung seines Auftrags, aber unabhängig von dem Grundstücksgeschäft noch vor der Eintragung erlangt hatte. In dieser Entscheidung ist dem vor den übrigen Konkursgläubigern Begünstigten das Wissen eines anderen wie das eines Vertreters zugerechnet worden, der nicht an dem die Konkursmasse benachteiligenden Rechtsgeschäft oder an der Befriedigung gewährenden Rechtshandlung beteiligt war. Danach kann bei Anwendung des § 30 Nr. 1 KO die Kenntnis, die der Vertreter in Wahrnehmung seiner Befugnisse erlangt hat, dem Vertretenen nicht nur, soweit es sich um Folgen der Willenserklärungen und Rechtshandlungen des Bevollmächtigten handelt, sondern auch dann zugerechnet werden, wenn später der Vertretene selbst oder andere von ihm Ermächtigte Rechtsgeschäfte mit dem Gemeinschuldner abschließen oder an Rechtshandlungen i. S. des § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO teilnehmen. Das hält sich im Rahmen des allgemeinen Rechtsgedankens, dass derjenige, der sich bei der Erledigung bestimmter Angelegenheiten eines Vertreters bedient, die in diesem Rahmen vom Vertreter erlangte Kenntnis als eigene gelten lassen muss, sich also nicht auf eigene Unkenntnis berufen kann. Deshalb muss der Filialleiter oder derjenige Repräsentant der Beklagten, der den Kassierer zu seiner Tätigkeit bestellt und ermächtigt hat, sich das Wissen zurechnen lassen, das dieser Vertreter bei Wahrnehmung seiner wenn auch beschränkten Befugnisse für die Bank gewonnen hat.

Nach alledem ist eine etwaige Kenntnis des Kassierers M von der Zahlungseinstellung den Repräsentanten, die die Beklagten bestellt hatte, und letztlich ihr selbst zuzurechnen. Sie und ihr Filialleiter und Vertreter in der Filiale können sich entsprechend § 166 II BGB nicht darauf berufen, dass die Angestellten, die am 26. 9. 1980 die Scheck- und Überweisungsbeträge dem Debetkonto der Gemeinschuldnerin gutgeschrieben haben, nichts von der Zahlungseinstellung gewusst hätten.

Erfolg oder Misserfolg der auf § 30 Nr. 1 KO gestützten Anfechtung hängen demnach davon ab, ob der Kassierer M gegen 17.30 Uhr des 25. 9. 1980 tatsächlich positive Kenntnis von der Zahlungseinstellung erlangt hat.

Dazu legt das Berufsgericht dar: Mit der Überbringung des ungezählten und in Plastiktüten verpackten Kassenbestandes von 55865 DM habe die Beklagten von der Zahlungseinstellung der Gemeinschuldnerin erfahren. Schon diese ungewöhnliche Art der Übergabe habe für eine Zahlungseinstellung gesprochen. Außerdem habe einer der Überbringer dem bevollmächtigten Kassierer der Beklagten die Zahlungseinstellung mit den Worten wir haben zu, wir machen Konkurs ausdrücklich mitgeteilt. Dieser Satz sei, was die Frage der Zahlungseinstellung betreffe, eindeutig. Der Kassierer habe nicht nur allgemeine Vermutungen über einen Konkurs der Gemeinschuldnerin aus den ihm bekannten Umständen herleiten können. Maßgeblich sei, dass jeder realistisch denkende Beobachter der Vorgänge den Zusammenbruch des Zahlungsverkehrs der Gemeinschuldnerin, der auch tatsächlich eingetreten gewesen sei, nicht mehr habe bezweifeln können. Der Angestellte der Gemeinschuldnerin, der das Geld überbracht und die geschäftlichen Schwierigkeiten gekannt, ja den Zusammenbruch seit Wochen befürchtet habe, habe den richtigen Schluss aus den Anordnungen des Streithelfers V gezogen und dies dem Kassierer M auch mitgeteilt. Damit habe er diesem die positive Kenntnis von der Zahlungseinstellung vermittelt.

Die Feststellung der positiven Kenntnis des Kassierers M von der Zahlungseinstellung hält dem Angriff der Revision nicht stand. Entgegen dieser Auffassung konnte der Tatrichter allerdings das Verhalten des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin und ihrer Angestellten, insbesondere die Äußerungen gegenüber dem Kassierer bei Übergabe des Geldes, als Anzeichen für eine Kenntnis des Vertreters der Beklagten verwerten. Die Streithelfer hatten aber in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass der Kassierer noch nicht einmal eine Vermutung oder einen Verdacht hinsichtlich der Zahlungseinstellung gehabt habe, und gegenbeweislich seine Vernehmung beantragt. Dass der Tatrichter entgegen § 286 ZPO diesem Antrag nicht stattgegeben hat, rügt die Revision und macht weiter geltend, die Vernehmung des Zeugen hätte ergeben, dass dieser mit einer Zahlungseinstellung nicht einmal gerechnet habe. Diese Rüge hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils. Der Tatrichter hätte den Antrag auf Vernehmung des Zeugen zu der verkürzt schon im ersten Rechtszug von der Beklagten aufgestellten Behauptung nicht ablehnen dürfen, weil die Unkenntnis des Zeugen weder unerheblich noch bereits erwiesen noch als wahr zu unterstellen und das Beweismittel auch nicht unzulässig, unerreichbar oder völlig ungeeignet ist. Verboten ist es, einen Beweisantrag deshalb abzulehnen, weil das Gericht das Gegenteil der behaupteten Tatsache als erwiesen ansieht.