Beweislast-Schaden

Wer eine vertragliche Aufklärungs- oder Beratungspflicht verletzt, den trifft die Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, weil sich der Geschädigte über jeden Rat oder Hinweis hinweggesetzt hätte.

Anmerkung: Die Kläger, eine Werbeagentur, hatte die Werbeberatung und -durchführung für einige Erzeugnisse der Beklagten übernommen, darunter für eine Selbstklebefolie. Sie veranstaltete als Werbung für dieses Fabrikat einen Bastelwettbewerb, wonach Bastelarbeiten, die aus der Selbstklebefolie hergestellt sein mussten, eingesandt und die besten davon durch Preise belohnt werden sollten. Zum Abschluss des Wettbewerbes kam es nicht, weil der Beklagten die weitere Durchführung wegen des wettbewerbswidrigen Kaufzwanges für die Selbstklebefolie untersagt wurde. In dem Rechtsstreit verlangte die Kläger Honorar und die Beklagten widerklagend Schadensersatz, weil die Kläger es schuldhaft unterlassen habe, auf die wettbewerbsrechtliche Unzulässigkeit der Koppelung des Bastelwettbewerbs mit dem Kaufzwang hinzuweisen. Die Vorinstanzen hatten die Widerklage abgewiesen. Der BGH hat das Oberlandesgericht-Urt. aufgehoben.

Nunmehr hat das Berufsgericht festgestellt, dass die Kläger schuldhaft die ihr aus dem Werbevertrag obliegende Vertragspflicht verletzt hat, die Beklagten über die rechtlichen Bedenken gegen die Zulässigkeit der geplanten Werbemaßnahme, nämlich des von der Beklagten gewünschten Kaufzwanges innerhalb des Bastelwettbewerbs, aufzuklären. Es hat die Kläger dafür für beweispflichtig angesehen, dass die Werbung in der geschehenen Weise auch dann durchgeführt worden wäre, wenn die Kläger auf die Unzulässigkeit der Kaufzwangklausel hingewiesen hätte.

Dem ist der Senat gefolgt und hat ausgesprochen, dass derjenige, der eine vertragliche Aufklärungs- oder Beratungspflicht verletzt, die Beweislast dafür hat, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre, weil sich der Geschädigte über jeden Rat oder Hinweis hinweggesetzt hätte. Damit konnte der Senat an seine frühere Rechtsprechung anknüpfen. Er hat in Fällen entsprechender Interessenlage die Beweislast auch sonst in gleicher Weise verteilt. So hat er im Rahmen von Bauverträgen entschieden, dass ein Unternehmer, der der ihn nach § 4 Nr. 3 VOB treffenden schriftlichen Anzeigepflicht über Bedenken gegen die Güte der vom Auftraggeber gelieferten Stoffe oder Bauteile nicht nachgekommen ist, beweisen muss, der Bauherr würde sich auch im Fall einer der Form des § 4 Nr. 3 VOB genügenden Warnung nicht zur Verwendung eines anderen Materials entschlossen haben. Der Senat hat ferner in einem Falle, in dem es ein Architekt versäumt hatte, auf Bedenken gegen die gewählte Dachkonstruktion hinzuweisen, den Architekten dafür beweispflichtig erachtet, dass sein Auftraggeber auch bei Belehrung an dem von ihm gewünschten Dach festgehalten hätte.

Das Berufsgericht hat gemeint, es sei in Fortführung der Rechtsprechung zum groben ärztlichen Behandlungsfehler ZPO eine Umkehr der Beweislast anzunehmen. Aus dieser Rechtsprechung BGB zum Bademeister und BGH lässt sich aber für den vorl. Fall nichts herleiten. Die Besonderheiten, die den BGH bewogen haben, in den dargelegten Grenzen von der normalen Beweislastverteilung abzugehen, liegen bei dem pflichtwidrigen Verhalten einer Werbeagentur nicht vor.

Entscheidend ist hier aber folgendes:

Der Zweck solcher Aufklärungs-, Hinweis- oder Beratungspflichten besteht auch darin, Klarheit darüber zu schaffen, ob der Vertragsgegner, wenn ihm das jeweilige Risiko in seiner ganzen Tragweite bewusst gemacht wird, trotzdem an der beabsichtigten Maßnahme festhalten, oder ob er von ihr Abstand nehmen will. Die Aufklärung soll also gerade die in diesen Fällen häufig auftretende Beweisnot beseitigen, die darin besteht, dass sich nachträglich nur schwer mit der erforderlichen Zuverlässigkeit beurteilen lässt, wie der Betroffene bei rechtzeitiger Kenntnis von etwaigen schadensdrohenden Umständen gehandelt hätte. Dem vorzubeugen, ist einer der Zwecke der Pflicht zur Aufklärung.

Dem Ersatzberechtigten wäre wenig damit gedient, wenn er seinen Vertragsgegner zwar an sich aus schuldhafter Verletzung einer solchen Hinweispflicht in Anspruch nehmen könnte, aber regelmäßig daran scheitern würde, dass er den meist schwer zu führenden Beweis nicht erbringen könnte, wie er auf den Hinweis reagiert hätte, wenn er gegeben worden wäre. Der Aufklärungspflichtige dagegen hätte nicht viel zu befürchten, wenn er bei Verletzung seiner Hinweispflicht sich darauf zurückziehen dürfte, dass kaum zu beweisen sei, was der andere Teil auf den Hinweis getan hätte. Damit würde ganz eindeutig der mit der Aufklärungspflicht verfolgte Schutzzweck verfehlt. Die besondere Interessenlage der Vertragspartner erfordert deshalb, dass in diesen Fällen derjenige, der die vertragliche Hinweispflicht verletzt, auch das Risiko der Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhanges zumindest insoweit trägt, als in Frage steht, wie der andere Teil gehandelt hätte, wenn er pflichtgemäß ins Bild gesetzt worden wäre.

Von diesen Grundsätzen ausgehend ist der Senat daher zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Interessenlage gegeben ist, die es erfordert, der Kläger die Beweislast für ihre Behauptung aufzubürden, die Beklagten hätte auch bei gehöriger Belehrung den Bastelwettbewerb in der von ihr gewünschten Form durchgeführt.