Bezirksvertreterprovision
1. § 87 II HGB (Bezirksvertreterprovision) kann auf die Rechtsbeziehungen zwischen einem alleinvertretungsberechtigten Eigenhändler und Unternehmer grundsätzlich nicht angewandt werden.
2. Der alleinvertretungsberechtigte Eigenhändler kann regelmäßich auch nicht aus 687 II BGB Ansprüche gegen den Unternehmer, der unter Verletzung des Alleinvertriebsrechts Lieferungen vorgenommen hat, geltend machen.
Zum Sachverhalt: Die Kläger, eine AG nach französischem Recht, vereinbarte mit der in Deutschland ansässigen Beklagte durch Vertrag vom 8. 1. 1976 eine Zusammenarbeit. Danach sollte die Kläger die medizinisch-technischen Erzeugnisse der Beklagte im Gebiete der Bundesrepublik und einigen anderen benachbarten Staaten allein, in anderen Staaten neben der Beklagte vertreiben. Die Preise der Geräte und die Umsatzplanziele wollten die Parteien jeweils gemeinsam festlegen. Die Kläger sollte sich an dem Stammkapital der Beklagte in der Weise beteiligen, dass es um 100 000 DM auf 1,1 Mio. DM erhöht werden sollte, wobei die Kläger diesen Anteil zum Preis von 150 000 DM kaufen sollte. Die Kläger zahlte den Betrag nach einem entsprechenden Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagte. Die in der Gesellschafterversammlung nicht vertretenen Gesellschafter genehmigten später die Übernahme nicht, die auch nicht im Handelsregister eingetragen wurde. Die Parteien begannen die vorgesehene Zusammenarbeit, die im Jahre 1978 endete. Die Kläger hat Rückzahlung des für den Geschäftsanteil gezahlten Betrages in Höhe von 150 000 DM begehrt. Die Beklagte hat mit einer unstreitigen Gegenforderung von 143 906,98 DM aufgerechnet. Die Kläger hat dieser Gegenforderung eine Verrechnung aufgrund des Schreibens vom 13. 6. 1979 entgegengehalten und hat zur Begründung behauptet, die Beklagte habe unter Verletzung ihres Alleinvertriebsrechtes nach dem 1. 4. 1976 noch Waren an Kunden geliefert, so dass ihr in Höhe von 159 102,57 DM Provisionsansprüche entgangen seien (§ 87 II HGB analog). Die Beklagte hat demgegenüber eingewandt, wegen der schuldhaft verzögerlichen Aufnahme des Vertriebs und der Durchführung sei sie gezwungen gewesen, diese Lieferungen noch auszuführen.
Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagte blieb in Höhe von 6093,02 DM (150000 DM abzüglich 143 906,98 DM) erfolglos; im übrigen führte sie zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen: I. . . 2. Die Revision wendet sich zu Recht dagegen, dass das Berufungsgericht der Beklagte versagt hat, mit der unstreitigen Forderung in Höhe von insgesamt 143906,98 DM gegenüber der Klageforderung aufzurechnen, weil diese Forderung bereits durch die Verrechnung der Kläger mit Gegenforderungen in Höhe von 159102,57 DM nach ihrem Schreiben vom 13. 6. 1979 erloschen gewesen sei. Das Berufungsgericht hat die Berechtigung dieses Anspruchs, den die Kläger, aus Warenlieferungen der Beklagte unter Verletzung der Alleinvertriebsvereinbarung hergeleitet hatte, mit einer entsprechenden Anwendung des § 8711 HGB auf die Rechtsbeziehungen der Parteien begründet. Es hat hierzu ausgeführt, wegen der auf lange Zeitdauer angelegten Zusammenarbeit und der Interessenverknüpfung der Parteien sei es gerechtfertigt, die von dem Gesetzgeber für den als schutzbedürftig angesehenen Handelsvertreter geltenden Rechtsvorschriften auch auf das Vertragsverhältnis der Parteien anzuwenden, wenn die Kläger auch Eigenhändlerin gewesen sei. Diese Beurteilung zur entsprechenden Anwendung des § 87 II HGB, ist nicht frei von Rechtsirrtum.
a) Der BGH hat zwar unter bestimmten Voraussetzungen dem Eigenhändler den einem Handelsvertreter zustehenden Ausgleichsanspruch bei Beendigung seiner Tätigkeit in entsprechender Anwendung des § 89b HGB zugebilligt (BGHZ 68, 340 [343] = LM § 89b HGB Nr. 52 = NJW 1977, 896; zuletzt NJW 1983, 1789 [1790] = LM § 89b HGB Nr. 64). Der Sinn des Ausgleichsanspruchs nach §89b HGB ist es nämlich, dem Handelsvertreter für einen auf seine Leistung zurückzuführenden, ihm aber infolge der Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht mehr vergüteten Vorteil des Unternehmers, wie er in der Schaffung und Überlassung eines Kundenstamms liegt, eine Gegenleistung zu gewähren. Für eine solche Gegenleistung kann auch bei einem Eigenhändler Veranlassung bestehen, wenn dieser ähnlich einem Handelsvertreter weisungsgebunden, in die Absatzorganisation des Unternehmens eingeordnet und gegenüber dem Hersteller vertraglich verpflichtet ist, diesem bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm zu überlassen, so dass sich der Hersteller den Kundenstamm des Eigenhändlers sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann. Anders geht es bei der Bezirksvertreterprovision nach § 87 11 HGB um eine Vergütung für die Gesamttätigkeit des Handelsvertreters in der umfassenden Bearbeitung des ihm übertragenen Bezirks während der Dauer seiner Tätigkeit. Dem Bezirksvertreter soll über die durch seine Bemühungen im Einzelfall verdiente Provision hinaus eine weitere Vergütung für die Wahrnehmung der Belange des Unternehmens in dem Bezirk allgemein gewährt werden. Die Bezirksprovision ist eine Gegenleistung für die umfassende Absatzförderung und damit die Gesamttätigkeit des Handelsvertreters (BGHZ 41, 292 [294] = LM § 87 HGB Nr. 8 = NJW 1964, 1622). Demgegenüber findet der alleinvertriebsberechtigte Eigenhändler den Ausgleich für sein Bemühen um den Absatz der Ware in seinem Bezirk darin, dass ihm jede Absatzsteigerung von vornherein unmittelbar zugute kommt und er durch die Zubilligung des Alleinvertriebs vor Direktgeschäften des Unternehmers geschützt ist für eine entsprechende Heranziehung des § 87 11 HGB zugunsten des alleinvertriebsberechtigten Eigenhändlers ist angesichts der unterschiedlichen Aufgabe sowie der unterschiedlichen Interessenlage von Eigenhändler und Handelsvertreter andererseits grundsätzlich kein Raum. Dementsprechend hat der BGH auch bisher einen Anspruch des Eigenhändlers auf Zahlung einer Bezirksprovision im Falle der Verletzung einer Alleinvertriebsvereinbarung verneint (BGH, NJW 1957, 1026 = LM vorstehend Nr. 2; NJW 1964, 153 = LM vorstehend Nr. 8; NJW 1966, 1117 = LM vorstehend Nr. 10).
b) Der von der Kläger zum Zwecke der Verrechnung hergeleitete Anspruch lässt sich auch nicht, wie die Revisionserwiderung meint, auf § 687 11 BGB stützen. Nach dieser Vorschrift ist derjenige, der ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt, obwohl er weiß, dass er dazu nicht berechtigt ist, zur Herausgabe des aus der Geschäftsführung Erlangten verpflichtet. Im Schrifttum wird teilweise die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien auch erfüllt, wenn ein Alleinvertriebsrecht verletzt werde (so Gass, NJW 1960, 2339; Erman-Haug, BGB, 4. Aufl., § 687 Rdnr. 5). Das RG (RGZ 92, 201) und der BGH (die zuletzt o. g. Entscheidungen) haben dagegen aufgrund der vertraglichen Beziehungen zwischen dem Unternehmer und dem alleinvertriebsberechtigten Eigenhändler eine - ihrem Wesen nach insoweit subsidiäre - Heranziehung des § 687 II BGB abgelehnt. Hieran ist festzuhalten. Zwischen den Parteien besteht ein umfangreiches Vertragswerk über ihre Zusammenarbeit, in die das Vertriebsrecht der Kläger eingebettet ist. Sein Umfang und seine Grenzen richten sich nach den zwischen den Parteien ausgehandelten Rechtsbeziehungen, die sich nicht in dem Alleinvertriebsrecht der Kläger erschöpfen, sondern neben der beabsichtigten gesellschaftsrechtlichen Verbindung auch eine gemeinsame Entwicklung der Produkte und der Forschung vorsahen. Auf diesem Hintergrund sind auch die Lieferungen der Beklagte nach dem Vertragsschluss mit der Kläger zu sehen. Wenn die Beklagte jedoch unter Verstoß gegen die vertraglichen Vereinbarungen geliefert haben sollte, kann sich ihr Vorgehen als positive Forderungsverletzung darstellen (vgl. dazu Stumpf, Der Vertragshändlervertrag, 2. Aufl. [19791, S. 81 Rdnr. 70), so dass der Kläger ein Schadensersatzanspruch zustehen kann. Über einen solchen Anspruch aber kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts noch nicht entscheiden. Es ist noch nicht festgestellt, in welchem Umfang die Beklagte Lieferungen noch aufgrund bei Vertragsbeginn schon bestehender Verträge mit ihren Kunden auszuführen hatte. Auch steht noch nicht fest, ob die Kläger durch ihr Verhalten bei der Vertragsabwicklung und beim Aufbau der Verkaufsorganisation Veranlassung gegeben hat, dass die Beklagte ihrerseits noch Lieferungen auszuführen hatte, um nicht schadensersatzpflichtig zu werden.
Erst wenn das Berufungsgericht die zu diesen zwischen den Parteien streitigen Behauptungen erforderlichen Feststellungen getroffen hat, ist eine Entscheidung darüber möglich, ob sich der von der Kläger mit 159102,57 DM errechnete Betrag aus dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung rechtfertigen lässt, und ob die Kläger ihn rechtswirksam mit den Gegenforderungen der Beklagte verrechnen konnte.