Bodenbelastung

Liegen in einem Gebiet Einwirkungen bzw. Bodenbelastungen vor, so kann allein schon aus diesem Grunde die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans erforderlich sein; dies gilt insbesondere für Flächen, deren Böden mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind. Nach §1 Abs. 3 ist die Gemeinde zur Aufstellung von Bauleitplänen verpflichtet, soweit die städtebauliche Entwicklung oder Ordnung einer Gemeinde dies erfordert. Das Planungsermessen einer Gemeinde verdichtet sich bei Tatbeständen der in § 9 Abs. 5 beschriebenen Art um so stärker zu einer Planungspflicht, je mehr man sich der Schwelle zur polizeilichen Gefahr nähert. Unterlässt die Gemeinde z.B. im Hinblick auf vorhandene Bodenbelastungen oder wegen der Schwierigkeiten bei der Ermittlung und Prüfung die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Bebauungsplans, so kann hierin im Einzelfall einVerstoß gegen §1 Abs. 3 liegen. Ist ein vorhandener Bebauungsplan z.B. wegen fehlender oder unzureichender Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials abwägungsfehlerhaft und ist dieser Fehler nach § 214 Abs. 3 beachtlich, so ist gemäß §1 Abs. 3 ein Aufhebungsverfahren erforderlich, um den durch den fehlerhaften Plan erzeugten Rechtsschein zu beseitigen. Im Zuge der Neuplanung ist die Abwägung ordnungsgemäß durchzuführen und erforderlichenfalls eine Kennzeichnung vorzunehmen.

Bindungen und Grenzen der Planung im Hinblick auf Tatbestände des § 9 Abs. 5 im allgemeinen - Ein generelles Verbot, Flächen mit umweltgefährdenden Bodenbelastungen zu überplanen, besteht nicht. Das gleiche gilt für Flächen mit sonstigen Einwirkungen. Die Anwendung von §9 Abs. 5 setzt vielmehr die Überplanbarkeit der betreffenden Flächen voraus. Bei der Überplanung sind jedoch die rechtlichen Grenzen sowie die für die Abwägung maßgebenden Ziele und Grundsätze zu beachten. Verfassungsrechtliche Grenzen die Planung bestehen dort, wo durch Einwirkungen bzw. Bodenbelastungen die nach Art. 2 Abs. 2 Satz 22 GG geschützte Gesundheit von Menschen gefährdet wird. Die hierdurch markierte Gefahrenschwelle kann auch im Wege der Abwägung nicht überwunden werden. Unterhalb der Gefahrenschwelle kann die Gemeinde den Grad Zumutbarkeit autonom bestimmen. Dies gilt auch im Hinblick auf Flächen, die Einwirkungen i. S. von § 9 Abs. 5 ausgesetzt sind. Vorgang und Ergebnis der Planung haben sich darüber hinaus an den Zielen und Grundsätzen des § 1 auszurichten. Das gilt insbesondere dann, wenn im Plangebiet Verhältnisse der in § 9 Abs. 5 beschriebenen Art angetroffen werden. Der Ordnungsauftrag der Bebauungsplanung nach § 1 zielt traditionell darauf ab, für die Nutzung des Bodens einen Rahmen zu bieten, der die rechtlichen Voraussetzungen für die Erschließung und die bauliche Entwicklung des Gemeindegebiets schafft. Zu den Aufgaben der Bauleitplanung gehört neuerdings auch die Umweltvorsorge. Nach § 1 Abs. 5 Satz 1 sollen die Bauleitpläne dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. Hieraus ergeben sich erweiterte Pflichten für die Abwägung. Dabei ist auch die sog. Bodenschutzklausel des § 1 Abs. 5 Satz 3 zu beachten.

Bei der Abwägung sind ferner die konkreten Planungsleitlinien des § 1 Abs. 5 Satz 2 zu berücksichtigen, im Hinblick auf Einwirkungen bzw. Bodenbelastungen vor allem

- die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn und Arbeitsverhältnisse und an die Sicherheit der Wohn und Arbeitsbevölkerung sowie

- die Belange des Umweltschutzes insbesondere des Naturhaushalts, des Wassers, der Luft und des Bodens.

Diese Anforderungen an eine ordnungsgemäße Abwägung betreffen nicht nur die Zuordnung von Nutzungen durch Planung in der Ebene, sondern gelten auch in vertikaler Hinsicht. Auch die vom Grund und Boden ausgehenden Beeinträchtigungen der angestrebten Nutzung müssen bei der Neu oder Umplanung beachtet werden. Der BGH leitet diese Forderung aus dem Grundsatz der räumlichen Trennung unverträglicher Nutzungen ab. Daneben sind die Anforderungen aus dem Abwägungsgebot selbst zu beachten. Nach § 1 Abs. 6 sind bei der Aufstellung von Bebauungsplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Die Anforderungen aus dem Abwägungsgebot richten sich sowohl an den Vorgang der Planung als Prozeß als auch an das Ergebnis der Planung. Die rechtlichen Konturen des Abwägungsgebots sind vom Bundesverwaltungsgericht in mehr als zwanzigjähriger Judikatur herausgearbeitet worden. Hiernach wird verlangt, dass

- eine sachgerechte Abwägung überhaupt erfolgt,

- in die Abwägung all das eingestellt wird, was unter den gegebenen Bedingungen eingestellt werden muss,

- das Gewicht der betroffenen Belange nicht verkannt wird und

- der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen nicht in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Unwichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Das Ergebnis der Planung ist schließlich auch daran zu messen, ob die vorgesehene Nutzung technisch, rechtlich und mit Bergewöhnlichem finanziellen Aufwand realisiert werden kann. Das gilt insbesondere, wenn bei der Durchführung aufwendige Vorkehrungen, Sicherungs- oder Sanierungsmaßnahmen getroffen werden müssen. In diesem Zusammenhang muss die Gemeinde prüfen, inwieweit der Eigentümer verantwortlich ist, ob andere Stellen zur Behebung oder Minderung von Belastungen beitragen können und ob städtebauliche Sanierungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden müssen.